Allein schon die bunte und lebendige Inselhauptstadt San Juan ist eine Reise wert. Wer Puerto Rico darüber hinaus erkundet, entdeckt tropische Regenwälder, traumhafte Badebuchten und einzigartige Tauchmöglichkeiten.
Puerto Rico – das heißt „reicher Hafen". Ihren Namen erhielt die Insel einst von den spanischen Kolonialherren. Strategisch günstig im Nordosten der Karibik gelegen, entwickelte sich Puerto Rico zu einer Art Basislager für die Eroberung der Neuen Welt.
Im frühen 16. Jahrhundert landeten die Spanier erstmals an der Nordküste der Insel. Von wütenden Ureinwohnern und fieberbringenden Moskitos bedroht, verschanzten sie sich hoch oben auf den Klippen. 1521 gründeten sie hier eine Siedlung namens Puerto Rico, deren Ortsname ein Kartograf ein paar Jahre später versehentlich der ganzen Insel zuschlug.
Schon in diesem Jahr läutet San Juan, wie die Inselhauptstadt seither heißt, die Feiern zum 500-jährigen Bestehen ein. Zahlreiche Events und Festivals erinnern an ihre reiche und wechselvolle Geschichte. Grund genug für Reisende, neben der herrlichen Natur und den Stränden auch das lebendige Kulturleben und die historischen Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen. Atemberaubend ist schon der Anflug auf San Juan: eine Landzunge mit modernen Hochhäusern, die sich zwischen eine Lagune und den weißen Strand schmiegt. Daneben erscheint die Halbinsel mit der Altstadt, an deren Spitze sich die monumentale Festung El Morro ins Meer schiebt.
Bei der Einreise kann es schon mal dauern; schließlich befinden wir uns in einem Außengebiet der Vereinigten Staaten. Die strengen Visa-Bestimmungen entsprechen denen der USA. Zwar ist Puerto Rico kein eigener Bundesstaat; abgesehen vom Wahlrecht haben die Puerto Rikaner jedoch sämtliche staatsbürgerlichen Rechte eines US-Amerikaners. Bei mehreren Volksentscheiden siegten die Gegner eines Beitritts zur USA. Seit der Hurrikan Maria 2017 die Insel heftig traf, hat sich das Verhältnis zu den Vereinigten Staaten weiter getrübt, da die Katastrophenhilfe unter Donald Trump nur sehr schleppend anlief.
Für Touristen bietet die Nähe zu den USA durchaus Vorteile: Viele Einwohner sprechen Englisch, man zahlt in US-Dollar und das Leitungswasser ist trinkbar. Auch beim Verhalten im Straßenverkehr macht sich ein besänftigender nordamerikanischer Einfluss bemerkbar.
Viele Einwohner sprechen Englisch
San Juan, die zweitälteste Siedlung des gesamten amerikanischen Kontinents, ist heute ein Ballungsraum mit knapp zwei Millionen Einwohnern, das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum von Puerto Rico. Die Altstadt, Old San Juan, wurde 1983 zum Weltkulturerbe erklärt. Grund dafür sind die imposanten Verteidigungsanlagen der spanischen Kolonialherren. Insgesamt vier Festungen sicherten die Stadt gegen Angriffe von Land und Seeseite; darunter die riesige Burg El Morro, die auf 40 Meter hohen und bis zu viereinhalb Meter dicken Mauern thront. Sie schützte einst die Goldschätze der Spanischen Krone vor Piraten. Drei Jahrhunderte lang galt San Juan als uneinnehmbar; es war der wichtigste Handels- und Militärstützpunkt der Spanier in Zentralamerika. Erst 1898, im amerikanisch-spanischen Krieg, fiel die Insel an die Vereinigten Staaten. Ein Bummel durch die schmalen, steilen Kopfsteinpflaster-Gassen der Altstadt bietet eine Zeitreise in die koloniale Epoche. Die historischen Stadthäuser wurden restauriert und leuchten farbenfroh in Rosa, Orange oder Himmelblau. Von der einstigen wirtschaftlichen Bedeutung der Stadt zeugt das historische Bankenviertel mit prachtvollen Art-déco-Bauten. Immer wieder laden hübsche, baumbestandene Plätze zum Verweilen ein. In kleinen Coffee-Shops kann man sich von der exzellenten Qualität der einheimischen Kaffeebohnen überzeugen. Abends öffnen in Old San Juan die Lokale, wo man Salsa tanzen kann. Leidenschaftliche Melodien und jazzige Grooves, karibische und nordamerikanische Einflüsse, mitreißende Trommeln und näselnde Trompeten verschmelzen zu dieser musikalischen „Sauce". Talentierte Tänzer zeigen dazu ausgefeilte Schrittkombinationen, sexy Hüftschwünge und komplizierte Drehungen. Der Salsa-Tanzstil von Puerto Rico gilt als besonders elegant und lässt der Dame viel Freiraum für choreografische Einlagen und Showeffekte.
Außerhalb von Old San Juan zeigt die Metropole ihr modernes Antlitz. So lockt der Bezirk Santurce mit zahlreichen Galerien, Restaurants und Bars. Auch Freunde von Street Art kommen hier auf ihre Kosten. Das schicke, teure Condado wiederum, das an Miami Beach erinnert, bietet Luxus-Shopping, Fine-Dining und Casinos. Isla Verde wiederum beweist, dass San Juans Strände zu den schönsten der gesamten Insel gehören. Sehenswert ist aber auch die nähere Umgebung der Stadt. So tut sich im Westen eine märchenhafte Landschaft mit steilen, dicht begrünten Kalksteinkegeln auf. Für einen gelungenen Urlaub müsste man San Juan also gar nicht verlassen. Aber natürlich gibt es auch außerhalb jede Menge zu sehen auf dieser Insel, die eigentlich ein eigenes Archipel ist; mit kleinen Inselchen, die sich an den Rand schmiegen.
Spektakuläres Riff vor der Südküste
Hauptattraktion sind natürlich die unzähligen Strände, die sich wie Perlen an der 400-Kilometer-Küste aneinanderreihen. Ein besonderes Naturwunder sind drei Buchten mit Meeresleuchten. Plankton verursacht dieses seltene Phänomen der Biolumineszenz, das fahrenden Booten einen kometenhaften Schweif verleiht. Baden ist in den leuchtenden Buchten jedoch verboten, da die Reste von Sonnenschutz oder Deosprays die empfindlichen Einzeller beeinträchtigen.
Aber zum Schwimmen, Surfen, Schnorcheln oder Tauchen bleiben jede Menge anderer Strände. Das spektakulärste Tauchrevier ist das Riff La Parguera, sechs Meilen vor der Südküste: eine mehr als 30 Kilometer lange, mit Korallen bedeckte Unterwasserwand, die bis zu 500 Meter in die Tiefe abfällt.
„Puerto Rico hat unglaublich viel zu bieten", sagt Brad Dean, der die Tourismus-Marketing-Organisation „Discover Puerto Rico" leitet. „Von tropischen Regenwäldern über unsere leuchtenden Buchten bis zu Bacardi, der größten Rum-Brennerei der Welt." „Discover Puerto Rico" wurde gegründet, um nach dem verheerenden Hurrikan Maria im Herbst 2017 den Tourismus wieder anzukurbeln. Heute hält Brad Dean die Folgen von Maria in Sachen Tourismus für überwunden. „Puerto Rico hat den Wiederaufbau genutzt, um den touristischen Sektor auf der Insel zu stärken, aber auch widerstandsfähiger und innovativer zu machen", erzählt er. „Die Anzahl der Flugverbindungen und Touristen ist inzwischen sogar höher als vor dem Hurrikan." Gute Aussichten also für die Jubiläumsfeiern in San Juan, das den 500. Geburtstag mit zahlreichen Events und Festivals begeht. Höhepunkt ist das Wochenende um den 12. September, wurde doch San Juan in jenen Tagen des Jahres 1521 offiziell zur Inselhauptstadt deklariert. Geplant sind ausgiebige Feiern mit Musik und Tanz, Märkten und Messen sowie einer Flottenparade mit Segelschiffen.
Ganz klar ist, dass all die Festivitäten nicht ohne üppige kulinarische Begleitung ablaufen. Zahlreiche Straßenstände werden ihre kalorienreichen Leckereien anbieten: gebratenen Käse, frittierte Teigtaschen oder Stockfisch-Puffer. Aber auch Süßes wie Flan und Reispudding. Die Küche von Puerto Rico gilt als eine der besten und vielfältigsten der Karibik. „Comida criolla" heißen die traditionellen Speisen, in denen sich Einflüsse aus Spanien und Afrika, von den Nachbarinseln sowie aus den USA vereinen.
Fantastische Fahrt auf der Panorama-Strecke
Fisch und Meeresfrüchte sind vor allem in einer Art Brathering-Variante beliebt – gebraten und sauer eingelegt. Die Puerto Rikaner mögen aber auch Fleisch in allen Varianten, wobei das aromatisch marinierte Spanferkel namens Lechón Asado an der Spitze der Vorlieben steht. Um das Spanferkel schart sich sonntags die zu Mittag essende Großfamilie; die Scheiben werden aber auch an Imbissständen serviert. Dazu passt das Nationalgericht Mofongo, ein deftig gewürzter Kochbananenbrei mit Knoblauch und Fleischstückchen. Eintöpfe auf der Basis von Yucca, Kochbananen oder Süßkartoffeln runden das Menü ab. Als man 1992 den 500. Jahrestag der Entdeckung Amerikas durch Columbus feierte, gönnte sich San Juan eine U-Bahn, die einzige der gesamten Karibik, die allerdings verspätet erst 2004 an den Start ging.
Auch das anstehende Jubiläum geht mit einem gigantischen Bauprojekt einher. Ein ganzer Stadtteil wird aus dem Boden gestampft. „El Distrito San Juan" heißt das neue Entertainment-Quartier, das Gastronomie und Shopping, Konzerthalle und Kino-Komplex, Konferenzsäle und Hotel vereint. Brad Dean, der Leiter von „Discover Puerto Rico", stellt sich „eine Art Times Square mit karibischem Flair" vor und spricht von „einem der bedeutendsten Projekte in der Geschichte des puerto-rikanischen Tourismus".
Die Folgen des Hurrikans Maria sind in der Hauptstadt längst nicht mehr sichtbar. Anders im Rest der Insel. Wir besuchen zum Beispiel den Badeort Boquerón im Südwesten, der vom Hurrikan heftig getroffen wurde. Noch immer ragen zerstörte Stege ins Wasser; an einer Brücke wird gebaut. An der Mole hängt ein Schild mit den Namen der rund zwei Dutzend umgekommenen Fischer. Die Ufermeile wurde jedoch bereits neu gestaltet – mit Sonnendecks und Bänken aus massivem Beton, die auch der stärkste Sturm nicht aus den Angeln hebt.
Im Inland begegnen wir den Folgen des Hurrikans vor allem in Gestalt von Schlaglöchern und fehlenden Straßenschildern. Das sollte aber nicht von einer Fahrt auf der „ruta panorámica" abhalten. Die Panorama-Strecke macht ihrem Namen alle Ehre. Sie windet sich durch die zentralen Berglandschaften, deren Gipfel bis 1.300 Meter in die Höhe ragen. Wir fahren durch nebligen Urwald mit Wasserfällen und baumhohen Farnen, durch verschlafene Dörfer und Plantagen mit Kaffee, Bananen oder Zitrusfrüchten. Immer wieder gibt es kilometerweite Ausblicke bis hin zum Meer, manchmal sogar auf Nord- und Südküste zugleich. Während ausländische Touristen die Strände vorziehen, lieben die Einheimischen das Inselinnere aufgrund des vergleichsweise „kühlen" subtropischen Gebirgsklimas. Nachts braucht man hier jedenfalls keine Klimaanlage. Umso lauter schallt das ohrenbetäubende Quaken der kleinen, braunen Cocquí-Frösche. Sie gelten als die lautesten Amphibien der Welt und sind das Maskottchen von Puerto Rico.