Eine Legalisierung der Hanfpflanze ist allenfalls eine Frage der Zeit. Das ist weitestgehend Konsens, sowohl in der Politik, als auch in der Gesellschaft. Diese Legalisierung soll über Modellversuche umgesetzt werden, sagt Dirk Heidenblut, Drogenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
Herr Heidenblut, die SPD ist für eine Legalisierung von Cannabis, aber wie das gehen soll, ist mir noch nicht so ganz klar?
Wir als SPD sind für eine schrittweise Legalisierung von Cannabis. Wir haben jetzt den ersten Schritt getan. In der praktischen Umsetzung heißt das, wir müssen die Legalisierung anhand von Modellprojekten ausprobieren. Also wirklich testen, wie kann man sowas umsetzen.
Das klingt abenteuerlich!
Nein keinesfalls, denn diese Projekte laufen ja schon in verschiedenen europäischen Ländern. Ich nehme da nur mal den Vertriebsweg, also wie wollen wir Cannabis legal verkaufen. Wollen wir das machen wie in den Niederlanden in den Coffeeshops oder machen wir das zum Beispiel wie in Uruguay über die Apotheken? Das müssen wir tatsächlich ausprobieren, und dann am Ende nehmen wir das System, mit dem es am besten geklappt hat. Aber das kann niemand bei uns jetzt hier in Deutschland im Vorfeld sagen.
Was halten Sie von dem Berliner Modell Görlitzer Park? Wir lassen die einfach mal unter Aufsicht machen?
Na ja, das kann man so nicht vergleichen, das ist ja keine kontrollierte Cannabis-Abgabe. Kann ja auch gar nicht sein, weil es keine rechtliche Grundlage für das Verkaufsgeschehen dort gibt. So wird das nicht funktionieren, sondern ich brauche dafür tatsächlich ein legales Modellprojekt, das auch nicht dem Strafrecht unterliegt. Und so ein Modell ist dann auch absolut nicht mit dem Görlitzer Park zu vergleichen.
Also den ersten Schritt muss praktisch der Bundestag machen und die Gesetze ändern?
Ganz genau. Es gibt nicht nur in Berlin, sondern auch in vielen anderen Städten Überlegungen, wie man mit der Drogenproblematik besser umgeht. Aber damit dann diese Modellprojekte tatsächlich auch juristisch nicht mehr angreifbar sind, müssen wir hier im Bundestag zum Beispiel das Betäubungsmittelgesetz ändern. Denn derzeit können die Kommunen, die das ja übrigens für sich entscheiden müssen, gar nicht hergehen und beispielsweise sagen, wir treffen jetzt eine Vereinbarung mit den Apotheken, die sollen das Cannabis verkaufen.
Wie sichert man sich denn als Gesetzgeber, also Sie als Bundestag ab, dass so ein Modellprojekt tatsächlich juristisch und menschlich sinnstiftend ist?
Da muss man mehrere Kriterien festlegen. Zum Beispiel, dass der vorgeschlagene Weg tatsächlich den Schwarzmarkt bekämpft. Und ganz sicher, dass und wie tatsächlich der Kinder und Jugendschutz gewährleistet wird. Dann müssen wir natürlich auch an die Konsumenten denken. Also dass die sicher sein können, in diesem Modellprojekt auch tatsächlich reines, sauberes Cannabis zu kaufen. Auch das muss übrigens regelmäßig überprüft werden. Das sind einige der Rahmenbedingungen, die wir klar vorgeben und sicherstellen müssen, dass die Verkäufer diese auch einhalten.
Sie sprechen immer von Modellen, gemeint sind aber schon Coffeeshops wie in Holland?
Nein, auf keinen Fall. Auch das wäre so ein Kriterium für die Zulassung dieser Modell-Verkaufsstellen, damit nicht alle das eine Modell verfolgen. Ich würde das gern auch zum Beispiel mit den Apotheken ausprobieren wollen. Es macht ja keinen Sinn, etwas als Modellversuch zu deklarieren, wenn dann nachher alle denselben Weg gehen. Somit der Auftrag an den Bundestag: Wir ändern das Betäubungsmittelgesetz und stellen klare Rahmenbedingungen. Wer dann nachher wie den Verkauf organisiert, können wir nicht vorgeben, denn das ist Sache der Kommunen.
Also auch wenn der Bundestag den Weg für Cannabis freimacht, heißt das nicht, überall gibt es dann auch den Joint legal zu kaufen?
Nein, natürlich nicht, wir können doch als Bundestag nicht der Stadt X sagen, du musst jetzt Modellprojekte für den Vertrieb von Cannabis einrichten. Das ist dann die Aufgabe der Kommunen und Länder.
Eines erscheint mir noch ganz wichtig: Wie wollen Sie denn garantieren, dass es da dann tatsächlich sauberes Cannabis zu kaufen gibt, dafür braucht es eine Infrastruktur?
Na ja, die gibt es ja längst! Sehen sie, wir verkaufen doch schon längst medizinisches Cannabis. Das ist auch der Grund, warum ich da immer so ein bisschen auf die Apotheken reflektiere. Die machen das und sind geschult. Da gibt es eine geprüfte Herstellung mit zertifizierten Produkten.
Ihre Kritiker sagen, wenn Cannabis freigegeben ist, dann kommt als nächstes Koks. Wo ist Ihre Grenze?
Bei Cannabis ist momentan meine Grenze. Ich will da auch gar nicht in die Diskussion einsteigen. Jetzt geht es um die Legalisierung von Cannabis. Denn das betrifft auch sehr, sehr viele, die wir so aus der Illegalität und auch Kriminalität rausholen würden. Das müssen wir erstmal auf den Weg bringen, auch um überhaupt Erfahrungen zu sammeln.
Bei Cannabis ist momentan Ihre Grenze. Heißt dass, wenn es eingeführt ist, kommt Koks dran?
Nein! Es gibt keinen Automatismus.
Aber was ist mit den Sportlern? Die panschen momentan mit ihren anabolen Steroiden ja auch in der Illegalität rum?
Das ist eine ganz andere Frage. Die betrifft nicht nur das Betäubungsmittelgesetz, das betrifft auch das Arzneimittelgesetz und die Rezeptpflicht. Es geht auch um Fairness im Sport. Da geht es dann auch um Wettkampfregeln und Sportsgeist. Das würden sie ja alles aushebeln. Nein, also für mich geht es wirklich nur um die Frage, kann Cannabis als Genussmittel legalisiert werden, und da sage ich: Ja.
Wann werden Sie das als Bundestag machen?
(lacht) Wenn die SPD-Fraktion allein das Sagen hätte, dann käme das sofort. Aber wie sie wissen sind wir weiterhin in der Großen Koalition, und das wird in dieser Legislatur wahrscheinlich nichts mehr. Aber ich bin ein hoffnungsfroher Mensch und hoffe, dass wir zumindest bei den Modellprojekten in dieser Regierung noch einen Schritt weiterkommen und wenigstens erste Versuche auf den Weg bringen.