Die aus dem Raum Merzig stammende Künstlerin Henriette spielte in Musical-Produktionen mit. Derzeit liegt ihr Hauptaugenmerk aber auf ihrer Singer-Songwriter-Karriere, die mit einem Ausflug nach Nashville Fahrt aufnahm.
Henriette, Ihre anfängliche Liebe zur Musik wurde durch Ihren Vater geweckt. Wie genau war das?
Mein Vater war Musiker und Musiktherapeut. Wir hatten generell einen sehr musikalischen Haushalt. Bei uns zu Hause lief immer Musik. Ich wollte daher schon früh Klavier spielen. Mit meinem Vater stand ich auch das erste Mal auf der Bühne; da war ich sechs Jahre alt. Er spielte Akkordeon und ich sang. Das war an Karneval in der Merziger Stadthalle. Von da an war die Bühne so etwas wie mein zweites Spielzimmer.
Mit 19 Jahren haben Sie das Saarland verlassen und sind nach Leipzig gezogen, um die Hochschule für Musik und Theater zu besuchen. Warum gerade Leipzig?
Ich war schon etwas spät dran mit dem Studium und hatte die Wahl zwischen Hamburg und Leipzig. Da Hamburg aber eine Privatschule war und mich viel Geld gekostet hätte, fiel die Wahl auf Leipzig. Ein staatliches Diplom ist ja auch nicht schlecht. 2013 habe ich dieses erhalten.
Und danach begann ihre Bühnenkarriere?
Ja, ich stand in den folgenden fünf Jahren für verschiedene Musicalproduktionen auf der Bühne. Ich verkörperte unter anderem die Rolle der Wednesday Addams aus der „Addams Family" und wirkte bei Dieter Falks Pop-Oratorium „Luther" mit. Ich mag das sehr, weil man die Möglichkeit hat, in verschiedene Rollen zu schlüpfen. Aber die andere Seite der Medaille, mit seiner eigenen Musik sein eigenes Gesicht und Herz zu zeigen, reizt mich ebenfalls sehr. Das war auch schon immer da. Als ich klein war, schrieb ich bereits eigene Songs. Irgendwann dachte ich dann: Eigentlich hast du noch etwas anderes zu sagen und möchtest deine eigenen Ideen in die Welt bringen. So hatte ich mich parallel zum Theater immer wieder auch mit meiner Musik beschäftigt. 2018 legte ich mein Bühnenleben erst einmal auf Eis und flog nach Nashville, um mich voll auf die Musikkarriere zu konzentrieren.
Wie nervös waren Sie vor Ihrem Abflug nach Nashville?
Beim ersten Mal eigentlich gar nicht. Ich hatte nämlich gar nichts erwartet und war nur auf der Suche nach Inspirationen, um auf Basis dieser in Berlin mit dem Songwriter Jo Gehlmann meine Aufnahmen fertigzustellen. Das war der Ursprungsplan. Ich bin also ganz unverblümt an die Sache rangegangen. Dass ich dann in Nashville auf zwei Produzenten traf, die meine Songideen gut fanden, mein Talent erkannten und mich fragten, ob ich nicht zurück nach Nashville kommen wollte, um dort mit Leuten aufzunehmen, die das schon ihr ganzes Leben lang machen, das war unglaubliches Glück. Mein Traum hatte sich plötzlich verselbstständigt – das war verrückt. Ich bin zurück nach Berlin, habe alles vorbereitet und bin im letzten Jahr erneut für drei Monate rübergeflogen. Ich hatte großen Respekt davor, weil ich als Deutsche mit Profis arbeiten sollte. Ich hoffte, dass sie mich nicht blöd finden und mich akzeptieren würden. Und siehe da: Sie fanden es total faszinierend, dass eine deutsche Künstlerin so sehr ihre Musik liebt und alleine nach Nashville fliegt, um sich weiterzubilden und inspirieren zu lassen.
Sind Sie in Nashville auch aufgetreten?
Ja, es gab ein paar Auftritte in kleineren Clubs. Es war eine wahnsinnig tolle Erfahrung, zwischen all den anderen Künstlern zu spielen, die nach Nashville gekommen oder auf der Durchreise waren. Dabei lernte ich unglaublich viel. Ich wurde sehr gut aufgenommen und erlebte auch keinerlei negative Äußerungen. Im Gegenteil: Die Leute waren eher positiv überrascht, dass ich aus Deutschland stamme. Ich war eine Art Attraktion, und nach den Auftritten lernte ich Leute kennen, deren Verwandte schon mal in Deutschland oder gar in Rammstein stationiert waren.
Haben Sie eine Kontrollinstanz an Ihrer Seite oder reichen Sie sich selbst? Anders gefragt: Wen fragen Sie um Rat, ob ein Song – so wie er ist – gut ist?
Ehrlich gesagt frage ich so direkt niemanden. Bei Albumaufnahmen oder vor Konzerten würde ich vielleicht mal meinen Ehemann fragen. Ansonsten probiere ich gerne auf der Bühne aus, wie ein neuer Song beim Publikum ankommt. Einen Mentor im klassischen Sinne habe ich nicht.
Ist ihr Mann ebenfalls Musiker?
Er ist auch Künstler, aber in einer anderen Sparte. Er ist Zirkusartist beziehungsweise Jongleur. Von daher hat er auch Verständnis dafür, wenn ich für drei Monate nach Nashville abhaue, um Songs zu schreiben und aufzunehmen.
War es Absicht, dass Ihre EP am Valentinstag erscheint?
Das war Zufall. Mein Promotion-Team schlug den 14. Februar vor und ich sagte spontan zu. Erst im Nachhinein fiel mir auf, dass die EP an Valentinstag erscheinen wird.
„Henriette" enthält fünf Songs. Welcher davon ist Ihnen am nächsten?
Eins vorweg: Wichtig sind mir alle. Es war schwer genug, aus etwa 15 Songs erst sieben und daraus wiederum diese fünf Songs auszuwählen.
Das Herz der EP ist sicherlich „Fearless". Der Song spiegelt die Situation wider, in der ich war, bevor ich nach Nashville flog. Man hat vor solch einem Schritt großen Respekt und macht sich viele Gedanken. Eigentlich weißt du aber in dir drin, dass es der richtige Weg ist. Und diese innere Stimme hat keine Angst und sagt: „Ja, flieg, mach mal, ich bin dein Kompass." Darum geht es in dem Song: sich weniger zu fürchten und darauf zu vertrauen, auf dem richtigen Weg zu sein. Ich habe in dem Text ein paar Naturmetaphern benutzt: etwa den Löwenzahn, der auf der Wiese erst gelb blüht, ehe er sich verwandelt und wegfliegt. Wenn der jetzt Angst vor dem Wandel hätte, wäre das schlecht für ihn.
Man sollte sich eine Scheibe davon abschneiden und darauf vertrauen, auf dem richtigen Weg zu sein und dass man dorthin gelenkt wird, wo man auch hingehört.