Den „Erbeldinger Hof" gibt es seit vielen Jahrzehnten. Seit Mai vorigen Jahres wird er von einem jungen Ehepaar betrieben, das dem alten Gasthof zu neuem Glanz verhilft.
Das Naherholungsgebiet im Almet in Saarbrücken ist schon seit Jahrzehnten überaus beliebt. Nicht nur am Wochenende sind hier viele Menschen unterwegs – manche mit dem Fahrrad, andere haben hier im Saarbrücker Stadtteil St. Arnual ihr Wochenendhäuschen. Wieder andere wandern durchs Almet zu unseren französischen Nachbarn auf den Spicherer Berg, und auch der Tennisclub St. Arnual hat hier seine Spielstätte. Seit zehn Jahren werden auf einer Farm im Almet auch Alpakas und Lamas gezüchtet. Christiane Groß und Rainer Frenkel veranstalten geführte Spaziergänge für Interessierte mit den Tieren, und im kleinen Hofladen der Farm finden sich hochwertige Naturprodukte.
Direkt neben der Farm liegt der „Erbeldinger Hof". Neben und hinter dem Hof liegen die Weideflächen der Alpakas. Zum ersten Mal war ich in den 1970er-Jahren zu Gast auf dem Hof. Einige Lehrer unserer Schule verabredeten sich hier häufig am Nachmittag zu Kaffee und Kuchen. Irgendwann nahm mich ein Lehrer mal mit und ich lernte so den Hof kennen und schätzen.
Erbaut wurde der „Erbeldinger Hof" 1949, und schon damals gab es dort eine Gastwirtschaft. Im Laufe der Jahrzehnte wurde der Hof immer wieder verkauft oder untervermietet. Entsprechend schwankte die Qualität der Speisen. Mal war sie besser, mal schlechter. Derzeit spricht vieles dafür, dass wieder bessere Zeiten anstehen. Seit Mai 2019 sind hier zwei vielversprechende, junge Menschen am Werke, denen ich viel zutraue. Gloria Pollmer und Yannick Rahner sind beide Mitte 20 und haben den „Erbeldinger Hof" mit der Zielsetzung gekauft, hier ein Ausflugslokal zu etablieren. „Wir haben klare Vorstellungen, wie das hier laufen soll und wir auch selber alles umsetzten können", erklärt Yannick Rahner. „Mit frischer Küche und einem unaufgeregten, kompetenten Service."
Rahner ist gelernter Koch und Patissier
Beide haben trotz ihres jungen Alters auch schon die unschönen Seite der Gastronomie kennengelernt: mit jeder Menge Arbeit, an deren Ende sie vergeblich auf ihren Lohn warteten. Rahner kam während seines Schulpraktikums zum Kochen. Es machte ihm Spaß, und fortan verdiente er sich immer ein paar Euro in der Gastronomie dazu. Zuerst im Service, dann bald in der Küche. Also beschloss er, eine Ausbildung zum Koch zu machen. Diese absolvierte er von 2013 bis 2016 im kleinen, pittoresken Weindörfchen Ockfen im „Weinhotel Klostermühle". „Das war bei Edgar Krämer. Er stammte aus Wiltingen an der Saar. Mein Ausbilder war zuvor schon überall auf der Welt als Küchenchef unterwegs. Er hat mir alles beigebracht, das war mein Glück!" Während seiner Ausbildung nahm er auch an einem Austauschprogramm in Paris teil, genauer gesagt im „Au Pied de Cochon" im Hallenviertel. Ein Haus, das sieben Tage die Woche rund um die Uhr geöffnet hat und trotzdem – oder gerade deswegen – meistens voll ist. Er erinnert sich. „Das war schon etwas anderes. Wir hatten sechs verschiedene Küchen, Tausende von Kunden täglich. Da schliefen die Köche, die später wieder ran mussten, schon mal in der Umkleidekabine. Das war eine besondere Erfahrung." Im „Weinhotel Klostermühle" lernte er seine Frau Gloria kennen. Sie war damals schon gelernte Hotelfachfrau und hatte ihre Ausbildung in Trier im „Hotel Paulin" gemacht.
Nach seiner Ausbildung in Ockfen ging Rahner nach Koblenz und machte eine weitere Ausbildung – als Patissier. Das erklärt, warum der junge Mann wirklich hervorragende Kuchen backt. In Koblenz bildete er sich zudem in Sachen veganer und vegetarischer Küche weiter. Aufgrund sehr guter Noten erhielt er ein Stipendium für weitere Fortbildungen. Entsprechend zogen seine Frau und er weiter, um neue Erfahrungen zu sammeln. Zuerst ging es nach in Mainz, später in die Schweiz. Bis heute bildet sich Yannick Rahner weiter, absolviert gerade ein Fernstudium zum Fachwirt im Gastgewerbe bei der Deutschen Hotelakademie in Köln.
Nach den Wanderjahren entschlossen beide, sich selbstständig zu machen. Die Wahl fiel auf Saarbrücken, weil hier Yannicks Mutter lebt. Diese erzählte ihm, dass der „Erbeldinger Hof" zum Verkauf stehe, und da er den Hof bereits seit Kindertagen kannte, machten die beiden Nägel mit Köpfen. 2019 wurde der Kaufvertrag geschlossen und im Mai vorigen Jahres war Eröffnung. Und der Start war durchaus gelungen: Im vergangenen Sommer herrschte von mittags bis abends immer Hochbetrieb. Nach dem Mittagessen kamen stets viele Leute zum Kaffee und genossen Yannicks bereits erwähnte selbst gebackene Kuchen. Und nach dem Kaffeegeschäft ging es abends dann mit warmen Speisen weiter.
Der Anspruch der beiden ist eine gut bürgerliche Küche mit frischen Produkten. Rahners Philosophie dabei ist, alles zu verarbeiten, was er einkauft. Zu oft habe er gesehen, wie in anderen Küchen viel zu viel weggeschmissen werde, erzählt er. Sein Ziel im „Erbeldinger Hof" ist es, gutes Essen zu präsentieren, ohne die teuersten Produkte verwenden zu müssen. Eine alltägliche Küche eben – frisch gekocht und ansprechend präsentiert. Das Konzept der beiden kommt bislang sehr gut an. Gloria Pollmer erzählt: „Mit der Erfahrung des ersten Jahres werden wir zur Sommerzeit noch mehr Veranstaltungen anbieten. Etwa mit Band oder Themenabende, etwa Weinabende. Da werden wir uns einiges einfallen lassen."
Gut bürgerliche Küche mit frischen Produkten
Die Speisekarte ist konzipiert wie die eines Landgasthauses. Sehr gut wird die durchgehende Küche am Wochenende angenommen. Neben der festen Karte gibt es auch ein Wochengericht. Bei meinem Besuch konnte ich feststellen, dass sich mehrere Gäste für das Wochengericht entschieden. Auch viele französische Gäste schauen hier gern vorbei.
Die Speisekarte bietet Vielfalt. Als Vorspeise gibt es etwa Weinbergschnecken, Serviettenknödel mit Waldpilzragout oder einen Antipastiteller. Ich bestelle mit meinen Begleitern den Antipastiteller, den wir uns teilen. Hausgemachtes, eingelegtes Gemüse, Wurstwaren der Metzgerei Schwamm, selbst gefüllte Champignons mit Kräuterquark und selbst eingelegte Oliven. Alles sehr ansprechend angerichtet und lecker. Danach bestellen wir Kartoffel- und Rindfleischsuppe. Natürlich hausgemacht, das schmeckt man sofort.
Auf die angebotenen Salate verzichten wir heute, bestellen stattdessen kross gebratenes Rumpsteak von sehr guter Qualität. Außerdem das Wochengericht Medaillons vom Wildschweinrücken mit Preiselbeeren-Balsamico-Jus, dazu Spätzle und Speck-Rosenkohl. Das Fleisch bezieht der Chef aus den nahen Wäldern, sogar direkt vom Stiftswald vor der Haustür – besorgt vom Förster oder vom Jäger. Ein toller Geschmack, eine tolle Sauce. Die Spätzle sind handgemacht mit einem sogenannten „Spätzlescheißer" und anschließend in Butter geschwenkt. Ein Gedicht. Allein dieses Gericht lohnt den Weg!
Schweinegerichte, ebenso Hähnchen und Fisch stehen heute nicht auf unserem Zettel, werden hier aber angeboten. Wir entscheiden uns für „Saarländische Versuchung" – drei unterschiedliche Knödel: ein Hoorischer, ein Gefillder und ein Leberknödel. Der Gefillde war selbst gefüllt, dazu Sauerkraut und eine wundervoll sämige Speckrahmsauce. Großes Kino, ein wunderbarer Geschmack. Und eine Portion für einen Bergarbeiter – riesig.
Die Ausbildung zum Patissier, die der Chef absolviert hatte, schmeckt man bei den Desserts heraus. Hier steht der Geschmack im Vordergrund, auf der Basis qualitativer guter Produkte. Etwa beim „Duett von heller und dunkler Mousse au Chocolat mit Waldbeerragout" oder „beschwipstem Nusskrokantbecher mit Hasel- und Walnusseis, Walnüsse, Krokant, Sahne und ein Schuss Eierlikör." Da bleiben keine Fragen offen.
Die Weinkarte des Hauses ist klein, aber fein. Ich will es an einem Beispiel aufzeigen. In unserer Gegend schwören viele Weintrinker auf Elbling. Ich kann dies nicht immer nachvollziehen, oft bekam ich einen nichtssagenden sauren Tropfen dieser Rebe. Es gibt allerdings einen Winzer, das Weingut Apel aus Nittel an der Mosel, das für seinen Elbling berühmt ist. Alt-Bundeskanzler Schröder ließ sich jahrelang diesen Wein kistenweise schicken. Ich mag diesen Wein von Apel auch sehr. Hier kann man ihn trinken, ich habe ihn noch nie auf einer anderen Karte in Saarbrücken gefunden.