Die Beleuchtung gehört zu den wichtigsten Ausstattungen im Auto. Der Weg von der Kerze zur Leuchtdiode verlief aber meist im Schatten anderer Entwicklungen. Wir bringen Licht ins Dunkel.
Begrüßungslicht, Aufwacheffekt, Heimkehrmodus – wer sich ein neues Auto kauft, ist vielleicht überrascht über die vielen Zusatzfunktionen seiner Beleuchtung. Tatsächlich hat kaum eine Technikkomponente so viele Entwicklungsstufen erlebt wie der Scheinwerfer. Doch als das Auto erfunden wird, gilt Licht als Nebensache. Erst eine preußische Polizeiverordnung von 1901 fordert die „Verwendung einer Beleuchtung an Automobilen bei Dunkelheit oder schlechter Sicht". In welcher Weise das zu geschehen hat, überlassen die Preußen noch den Herstellern. So reicht es, ein Automobil mit trüben Kerzenlaternen zu bestücken, die kaum Sichtweite bieten. Im Opel „Patentmotorwagen System Lutzmann" etwa – einer Art Urahn des Astra – flackern ganz normale Haushaltskerzen, über die ein Glaszylinder gestülpt ist.
Es folgen Karbid- und Petroleumlampen, die gegenüber einer Kerze echten Sichtgewinn bedeuten. Allerdings verleiden ihre übel riechenden Ausdünstungen so manche romantische Nachtfahrt in den meist noch offenen Karossen. Abhilfe kommt 1910 mit den ersten elektrischen Lampen – energiegespeist über Batterien. Gegenüber den ollen Karbidfunzeln haben sie neben der Geruchslosigkeit den Vorteil, nicht mehr umständlich angezündet oder gelöscht werden zu müssen. Zum Abblenden wird einfach ein mechanisch verschiebbarer Ring über den Leuchtkörper geschoben. Drei Jahre später setzt Bosch mit dem ersten „komplett elektrischen Beleuchtungssystem" noch einen drauf. Komplett heißt: Scheinwerfer, Lichtmaschine und Lichtmaschinenregler kommen als Baueinheit aus schwäbischer Hand. Die mühselige Zubehörsuche hat ein Ende.
Mitte der 20er-Jahre gelingt Osram mit seiner Zwei-Faden-Glühlampe eine Weltsensation. Bis sie ins Auto kommt, dauert es noch eine Weile. Als einer der ersten Vorkriegswagenhersteller präsentiert Mercedes 1934 im 500K dieses Biluxlicht genannte System. Das Besondere: Es vereint Abblend- und Fernlicht in einem Reflektor. Eine Zwei-Faden-Glühlampe erzeugt dazu zwei verschieden starke und unterschiedlich geneigte Strahlenbündel. Ein integriertes „Schirmchen" sorgt zudem dafür, dass bei eingeschaltetem Abblendlicht entgegenkommende Fahrer nicht geblendet werden. Gesehen also wird man nun von Weitem. Mit dem Selbersehen aber hapert es noch. Die Leuchtweiten erreichen etwa zehn Meter. Eine Nachtfahrt mit mehr als Tempo 50 ist glatter Selbstmord.
Nachtfahrt bei 50 km/h war glatter Selbstmord
Nach dem Krieg lässt das Wirtschaftswunder Raum (und Kleingeld) für interessante Lichtinnovationen. Mercedes vereint 1957 beim Roadster SL erstmals Abblend-, Stand-, Fern-, und Parklicht sowie Nebellampen und Blinker in einer einzigen Baueinheit. Im gleichen Jahr führt Ford im 17 M das asymmetrische Abblendlicht ein. Basierend auf der Idee, die eigene Straßenseite mehr zu beleuchten als die Gegenfahrbahn. Und 1966 erscheint bei Opel mit dem Rekord die 12-Volt-Technik in Serie. Ohne sie wäre die Geschichte des Autolichts hier zu Ende. Jetzt aber geht sie erst richtig los.
Wild sind die 70er-Jahre und ihre lichttechnische Errungenschaft: die Zwei-Faden-Halogenlampe. Das perfekte Testfeld bietet der Motorsport, vor allem die „Nacht der langen Messer" bei der Rallye Monte Carlo. Stockdunkel sind bis dato die winterkalten Seealpennächte auf Col de Turini, gefährliche Unfälle eher die Regel als die Ausnahme. Doch die „H4" genannten Birnen verdoppeln die bisherigen Sichtweiten der Biluxlampen. Was für ein Sicherheitsgewinn für Fahrer und Fans. Der Mercedes SL und der legendäre Opel GT mit seinen Klappscheinwerfern tragen anschließend als erste Serienfahrzeuge Halogenscheinwerfer. Wer sich solche automobilen Noblessen nicht leisten kann, weicht auf den Zubehörhandel aus. Kaum ein Auto kommt bis in die 80er-Jahre hinein ohne Zusatzscheinwerfer aus. Marchal, Hella, Cibié – es wird angeschraubt, was das Zeug hält. Lange Zeit gelten laut StVZO nur zwei Gebote: Die Leistungsaufnahme ist auf maximal 35 Watt begrenzt, und die Flutlichter dürfen nicht höher als die fest eingebauten Scheinwerfer angebracht werden.
Das Bessere aber ist des Guten Feind. 1991 bringen BMW im 7er und 1995 Mercedes in der E-Klasse sogenannte „Xenon-Gasentladungslampen" an den Start. Die mit einem Edelgas befüllten Leuchten erhöhen die Lichtausbeute der bisherigen Halogenlampen um das Dreifache, halten länger und erzeugen eine tageslichtähnlichere Lichtfarbe. Xenon ist jetzt das Maß aller Dinge. „Bi-Xenon" verkauft sich marketingseitig noch besser. Gemeint ist damit, dass auch das Fernlicht über das Prinzip der Gasentladung funktioniert: Einführung bei Mercedes in der CL-Klasse 1999.
Dioden lassen sich heute sogar einzeln ansteuern
Die eigentliche Moderne des Lichts beginnt nach dem Millennium. Light Emitting Diodes, kurz LED oder Leuchtdioden, kommen. Hella präsentiert 2003 den ersten LED-Hauptscheinwerfer für Autos. Wieder ist der Motorsport Wegbereiter zur Serienreife – in Le Mans beispielsweise, wo Langstreckenprototypen die Nacht zum Tag machen. Die LED-Technik hält scheibchenweise Einstieg in die Verkaufsprospekte. Der Lexus LS 600 h beginnt 2007 mit LED-Abblendlicht. Zwei Jahre später spendiert Audi seinen Premiumbaureihen die ersten Voll-LED vorne, die alle Funktionen, also auch das Fernlicht, stemmen. Und 2013 verzichtet Mercedes in der S-Klasse als weltweit erster Serienautohersteller ganz auf Glühlampen und setzt ausschließlich auf Leuchtdioden. Denn die Technik bietet auch neue Möglichkeiten für die Rückleuchten. So werden in jener S-Klasse an der Ampel automatisch das Bremslicht und der Blinker gedimmt, um den Hintermann nicht zu blenden.
Heute sind LED-Steuerungen an Kameras gekoppelt, die Verkehr und Umgebung beobachten. In sogenannten Matrixscheinwerfern lassen sich sogar einzelne Dioden gezielt ansteuern. Solche Anlagen wissen, wann voll aufgedreht werden darf: Dank Navi-Anbindung erkennt die Lichtsteuerung, ob sich das Auto außerhalb geschlossener Ortschaften befindet. Fernlichtweiten von gut 400 Metern sind dann drin. Sobald die Frontkamera aber ein Gegenlicht erkennt, schaltet die Steuerung einzelne LED aus. Ist der Entgegenkommende vorbei, knipst das System wieder alle Dioden für volles Fernlicht an. Klingt klasse.
Doch wie so oft erhärtet sich der Verdacht, dass es der Mensch mal wieder übertreibt. LED sind in die Kritik geraten. Wie stark blenden LED-Scheinwerfer? Das wollte der ADAC vor Kurzem wissen und blies zum Halali. Untersucht hat der Club dabei verschiedene Systeme. Ergebnis: LED können blenden, aber nicht alle. Verantwortlich für eine Blendung sind sogenannte Linsenprojektionssysteme, die mit einer besonders kleinen Lichtquelle sehr helles Licht ausstrahlen. Dank ihnen können Scheinwerfer immer kleiner und flacher werden, weil sie weniger Bauraum benötigen. Das mag chic aussehen, das Auge aber kommt bei der Konfrontation mit diesen sehr kleinen Lichtpunkten an seine Grenzen – es wird geblendet.
Für unser Sehorgan eher zu verarbeiten ist die Reflektorentechnik. Bei ihr wird das LED-Licht erst auf einen Reflektor gelenkt, der daraus einen Lichtkegel formt. Dieser lässt das Licht flächiger aus dem Scheinwerfer austreten. Ein direkter Blick in die gleißenden LED wird somit verhindert. Klarer Auftrag des ADAC also an die Hersteller, die Leuchtdichten auf ein vernünftiges Maß zu regeln – kurz: es nicht zu übertreiben. Denn Hauptsache hell, so zeigt die Entwicklung, ist sicher nicht die Erleuchtung.