Alle Jahre wieder, so scheint es jedenfalls, sprießen Punkte überall. Bereits im Juli 2019 war es so weit, da ließen sich erste Pünktchen auf der Pariser Couture-Woche erhaschen, danach machte ein Low-Budget-Punkte-Kleid via Social Media Furore, und jetzt sind sie schon wieder da und schmücken die aktuellen Frühjahrskollektionen auf der New York Fashion Week.
Der modische Fachbegriff für den Punkte-Trend heißt „Polka Dots", und tatsächlich scheinen die Punkte („dots") fast auf den Kleidern zu tanzen. Bei Adam Lippes gibt es Punkte in jeder Größe zu sehen, allerdings beschränkt sich der Designer auf Schwarz-Weiß-Kombinationen und gibt dem Ganzen damit einen eleganten Touch. An dieser Idee scheinen auch Dolce & Gabbana sowie Shrimps Gefallen gefunden zu haben. Mal klein, mal groß, mal zu High Heels und dann wieder zu schlichten Sneakers, man bleibt dem Schwarz-Weiß-Schema treu. Etwas üppiger geht es bei Sacai in diesem Sommer zu. Die Designer haben ihre Punkte-Liebe gleich in mehreren außergewöhnlichen Abendkleiderentwürfen zum Ausdruck gebracht. Da tummeln sich eifrig große und kleine, schwarze und weiße Punkte auf unzähligen Tülllagen, die locker von den Schultern der schlanken Models fallen. Das eine oder andere Kilo zu viel auf den Hüften bei der „normalen" Endkonsumentin fällt bei so viel Stoff kaum auf. Wie gut, dass wenigstens der schwarze BH durchschimmert, sonst wüsste man gar nicht mehr, wo oben und unten ist.
Eine Frage, die zahlreiche Influencer erst im letzten Sommer beschäftigte. Die versuchten sich nämlich mal kopfüber, und dann sitzend oder stehend in allen möglichen Positionen in ihrem persönlichen Punkte-Traum aus dem Hause Zara in Szene zu setzen. Ein Kleid für unter 40 Euro ging so im wahrsten Sinne des Wortes um die Welt, zumindest um die virtuelle. Laut Ebay wurde der Suchbegriff „Polka dots" dabei knapp 50-mal pro Stunde aufgerufen. Sogar die „New York Times" berichtete von dem ungewöhnlichen Hype rund um das Kleid in dem Punkte-Stil. Kein Wunder, dass auch das Jahr 2020 gleich zu Beginn im Punkte-Fieber gefangen bleibt.
Aus dem gewohnten Punktebild ausbrechen
Mehr Mut zur Vielseitigkeit beweisen Zero Maria, die kurzerhand aus dem „gewohnten Punktebild" ausbrechen. Hier überlagern sich die Punkte fast schachbrettartig über Blusen, Hosen und Röcken. Dass es dabei noch eine Spur wilder und verspielter zugehen kann, beweist Wes Gordon. Der hat sich für Carolina Herrera an einem schulterfreien Abendkleid im Babydoll-Stil entschieden. Hier fallen Lagen von angesagtem Tüll mit üppigen schwarzen Dots bis hinunter zum Oberschenkel. Als wäre die Extravaganz des gelben Tülls nicht Hingucker genug! Ein bisschen mehr Farbe durfte es auch für die Designer aus dem Hause Gucci sein. Die zeigten auf der Mailänder Fashion Week einen hochgeschlossenen grünen Hosenanzug, den über und über weiße Punkte bedeckten. Der leichte Seidenstoff lässt sich im Frühling wunderbar tragen, dazu eine schwarze XXL-Sonnenbrille an der Kette, schwarze Handschuhe und eine klassische Gucci-Bag, schon ist der Look perfekt und sieht ausgesprochen elegant aus.
Doch warum müssen es in diesem Frühling unbedingt Punkte sein? Herrscht doch gewöhnlich um diese Jahreszeit eher Flower-Power vor? Vielleicht gerade deshalb, weil es den Designern nach anderen Prints in den Fingern juckte, weil Punkte ausgesprochen vielseitig sein können. Und vielleicht auch, weil sie trotzdem an kleine Knospen erinnern, die erst noch sprießen wollen und so zur vollen Blüte gelangen? Gründe für die Punkte-Liebe gibt es viele. Fakt bleibt: An Polka Dots kommt in diesem Frühjahr kaum ein Designer vorbei, und auch im Street Style sind sie längst angekommen. Jeder trägt sie jetzt, am besten hübsch verteilt im gesamten Outfit. Wie schick das sein kann präsentieren jüngst auch Stars wie Zoë Kravitz auf dem roten Teppich. Die Schauspielerin („Big Little Lies") trug zur Golden-Globes-Verleihung einen Punkte-Dress aus dem Hause Saint Laurent. Dabei zeigte sie, wie verspielt Schwarz und Weiß sich begegnen können. Während der untere Teil des bodenlangen Kleides übergroße Dots zeigte, war der obere Offshoulder-Bereich mit kleinen Punkten übersät. Die Grenze zwischen beiden Punkte-Welten bildete ein schwarzes Satin-Band. Das lockert die Kombination auf und zaubert eine wunderbar weibliche Silhouette. Kein Wunder, dass der Leinwand-Star prompt zu einer der am schönsten angezogenen Frauen des Abends avancierte.
Verspielt oder elegant? Beides ist möglich
Und kaum ist ein Trend so beliebt wie dieser, melden sich natürlich auch Kritiker-Stimmen zu Wort. Punkte seien schlichtweg etwas für Kinder oder sehr junge Frauen, und es sei schwer, diese wirklich feminin und erwachsen zu tragen. Eine gute Lösung, um dem kindlichen Touch entgegenzuwirken ist es sicherlich, die Punkte richtig zu kombinieren. So passt zur Punkte-Bluse wunderbar eine Jeans oder ein schlichter Rock, der das Farbschema wieder aufgreift. Die Accessoires sollten sich hier ebenfalls zurückhalten, denn so kleine oder große Punkte ziehen schon allein viel Aufmerksamkeit auf sich. Wenn es Schmuck sein soll, dann bitte dezent und hochwertig. Ketten und Ohrringe aus Silber, Weißgold oder Roségold passen zu fast allen Farben und Designs. Dazu noch eine unifarbene Tasche und schon ist das Outfit komplett. Grundsätzlich gilt: Je größer die Punkte ausfallen, desto mehr tragen diese auf. Frauen mit einer weiblichen Figur sollten daher auf kleine Punktemuster setzen und diese nach eigenem Geschmack mit schlichten Basics kombinieren. Hochgewachsene schlanke Frauen hingegen dürfen sich ruhig große Punkte gönnen, sei es in Form von bodenlangen Tüllkleidern oder schicken Seidenblusen zu schmalen unifarbenen Midiröcken. Die Auswahl ist in allen Preislagen groß – da heißt es zugreifen. Sie sind nämlich einfach zu schön, diese Punkte.