Rafael Kowollik führt nicht nur die Geschäfte des FC Homburg. Als Sprecher der Vereine der Regionalliga Südwest steht der 42-Jährige derzeit im Mittelpunkt des Interesses. Im FORUM-Gespräch gibt er einen Einblick in die aktuelle Situation.
Herr Kowollik, die Regionalliga Südwest ist bis zum 20. April ausgesetzt. Bleibt es dabei? Oder wird der Termin noch einmal verschoben?
Tja, da wäre eine Glaskugel ganz hilfreich. Niemand, auch keine Experten, können aktuell einen Termin nennen, aber ich persönlich befürchte, dass der Termin nicht zu halten ist.
Bis zu welchem Zeitpunkt halten Sie eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs für realistisch?
Auch das ist pure Spekulation. Ich bin im täglichen Austausch mit Verbänden, der Liga, Vereinen und Behörden, lese alles Mögliche zum Thema – wenn es eins gibt, was sicher ist, dann ist es die Ungewissheit! Ich hoffe einfach nur, dass die Runde irgendwie bis zum 30. Juni zu Ende gespielt werden kann. Vielleicht ist es aber auch nur Wunschdenken.
Falls es nicht möglich sein sollte, die Saison regulär zu Ende zu spielen: Welche Modelle stehen zur Verfügung? Abbruch und Annullierung der Runde? Einfrieren und Aufstieg des Tabellenführers? Wertung der Hinrunde?
Hier gibt es einige Szenarien, welche die Liga beziehungsweise die Ligen aktuell erarbeiten, um dann im Fall der Fälle diese in der Hinterhand zu haben. Sicher ist, dass es keine Lösung geben wird, mit der alle einverstanden und glücklich sind. Zum Schluss muss ein Kompromiss gefunden werden, bei dem es die wenigsten Verlierer gibt. Eine Möglichkeit könnte hier ein bereits öffentlich diskutierter Vorschlag sein, bei einem Abbruch Aufstiege zuzulassen und keine Absteiger – einhergehend mit der vorübergehenden Aufstockung der Ligen. Aber dann gibt es noch immer keine Lösung für die Pokalwettbewerbe. Daher sollte versucht werden, die Runde zu Ende zu spielen, so lange es irgendwie möglich ist und ohne, dass daraus eine größere Gesundheitsgefährdung resultiert. Sollte das nicht möglich sein, können beziehungsweise müssen die ausgearbeiteten Alternativen auf den Tisch. Ein grundlegendes Problem der Regionalligen ist, dass wir zwischen den Stühlen stehen. Ab der Dritten Liga herrscht reines Profitum, ab der Oberliga abwärts fast ausschließlich Amateurbetrieb. Eine Lösung übergeordneter Spielklassen wird nicht zwangsläufig auf uns anwendbar sein. Spiele im Zwei- oder Drei-Tages-Rhythmus werden mit den Amateurteams in unserer Liga nur schwer machbar sein.
Was passiert, sollte ein regulärer Spielbetrieb auch nach dem 1. Juli noch nicht möglich sein? Sind halbjährliche Geisterspiele eine Option? Oder wäre es theoretisch möglich, ein ganzes Jahr zu pausieren?
Insofern man schnellstmöglich wieder den Spielbetrieb aufnehmen möchte, egal zu welchem Zeitpunkt, muss man auch so realistisch sein, dass das im ersten Schritt nur mit Geisterspielen oder Zuschauerbeschränkungen möglich sein wird. Das öffentliche Leben in sämtlichen Bereichen wird ja auch nicht von heute auf morgen hochgefahren und dann ist wieder alles wie vorher. Eine längere Pause, zum Beispiel von einem Jahr, übersteigt selbst meine Vorstellungskraft. Das wäre das sichere Aus für viele Clubs.
Das bisher letzte Regio-Spiel zwischen der SV Elversberg und Offenbach
Als Sprecher der Vereine der Regionalliga Südwest: Wie ist das Stimmungsbild innerhalb der Liga? Gibt es Vereine, die mit der Situation besser klarkommen als andere?
Die Bedürfnisse und Nöte sind hier teils genauso unterschiedlich wie die Abhängigkeit von den Zuschauerzahlen. Natürlich hat die Zweitmannschaftsvertretung eines Bundesligisten andere Probleme als der frische Aufsteiger in unsere Liga. Aber wenn Geisterspiele auch hier kontrovers diskutiert werden, ist festzustellen: Bei allen Verantwortlichen steht die Gesundheit der Sportler, Mitarbeiter und Fans immer im Vordergrund. Man kann konstatieren, dass die Stimmung überall nicht gut ist und aufgrund der Ungewissheit allgemeine Besorgnis und Verunsicherung herrscht. Auch haben die Vereine mit teils unterschiedlichen Verordnungen zu kämpfen, da sich die Regionalliga Südwest auf fünf verschiedene Bundesländer verteilt.
Jetzt noch zum FC 08 Homburg. Wie gestalten sich die Personalplanungen bei Ihrem Verein? Welche Möglichkeiten gibt es überhaupt hinsichtlich der Kaderplanung?
Es gibt grundsätzliche Gespräche im Hintergrund, aber aktuell werden keine Verträge geschlossen.
In der Regionalliga sind die Gehälter nicht so hoch wie innerhalb der DFL. Der FCH spielte bislang eine ordentliche Runde, viele Spieler konnten auch mit Prämien rechnen, die nun ausfallen. Welche Regelung treffen Sie da?
Wir wissen aktuell überhaupt nicht, ob, wann und wie es sportlich weitergehen wird. Vor dem Hintergrund, dass wir als Verein mit nicht unerheblichen Einbußen rechnen müssen, dessen Ausmaß jetzt noch nicht genau beziffert werden kann, können wir auch noch keine Aussage dazu treffen, ob und inwieweit Spieler und Angestellte davon betroffen sind. Selbstverständlich haben wir uns bereits mit der Materie Kurzarbeitergeld intensiv auseinandergesetzt und müssen schauen, ob das für uns zu gegebener Zeit ein Thema wird.
Der FCH ist nicht nur Sportverein, sondern auch Arbeitgeber. Wie läuft der Betrieb auf der Geschäftsstelle, wie gehen Sie mit Mini-Jobbern oder Jugendtrainern um, die sich teilweise ein Studium mit dieser Tätigkeit finanzieren?
Die Mitarbeiter der Geschäftsstelle sind aktuell im Homeoffice. Nun ist es so, dass hier nicht unbedingt Langeweile aufkommt, es ist noch genügend zu erledigen. So ist zum Beispiel der Online-Fanshop noch offen, die Social-Media-Kanäle müssen bedient werden und auch der Verwaltungsapparat kennt keinen Stillstand. Zudem kann nun an kleineren und größeren Projekten gearbeitet werden, für die im regulären Spielbetrieb sonst keine Zeit ist. Nicht zuletzt haben wir noch unsere Hilfsaktion „FC 08 Homburg hilft" mit der wir bedürftigen Personen helfen möchten. Da werden unter anderem die Anrufe der Hotline zu den Mitarbeitern nach Hause umgeleitet und dort bearbeitet. Einkaufsdienste werden dann wiederum von einer Person auf der Geschäftsstelle weiter auf Fahrer koordiniert. Diese Aktion hat mittlerweile eine Größenordnung angenommen, dass wir diese mit eigenen Mitarbeitern gar nicht bewerkstelligen könnten. Ohne die Unterstützung unseres Hauptsponsors wäre das gar nicht zu realisieren.
Gibt es überhaupt einen Ansatz, dass man aus dieser Krise auch etwas Positives ziehen kann?
Ich versuche im Grunde die Dinge immer positiv zu sehen – aus dieser Situation einen positiven Ansatz zu ziehen, ist aber schon eine Herausforderung. Auch nach Ende dieser Krise werden uns die Auswirkungen noch sehr lange begleiten. Aber was mich wirklich positiv stimmt, ist die große Hilfsbereitschaft, die momentan überall aufkommt. Die Menschen rücken in schweren Zeiten sprichwörtlich zusammen und zeigen Solidarität. Ich hoffe, dass uns das nach der Krise erhalten bleibt.