„Mir ist so langweilig!" Eltern, deren Kinder im Moment dank Schulschließungen rund um die Uhr daheim sind, hören diesen Spruch wahrscheinlich gerade des Öfteren. Damit Familien nicht die Decke auf den Kopf fällt, haben wir ein paar Tipps.
Die Spielzeugtiere respektive Playmobilfiguren oder Legohäuser wurden schon zigmal auf- und abgebaut, sämtliche Brettspiele sind durch und die Witze der Geschwister zünden auch nicht mehr? Dann wird es höchste Zeit, etwas Neues auszuprobieren. Schließlich ist insbesondere bei Kindern Neugierde immer noch das beste Mittel gegen andauernde Langweile. Wichtigster Parameter in Zeiten wie diesen: Projekte dürfen, nein, sie sollen sogar möglichst lange dauern. Wie wäre es also mit einem richtig umfangreichen Puzzle? Das lässt sich durchaus auch selbst herstellen. Alles, was man dazu braucht, ist ein großer Pappkarton, auf den dann ein Bild – etwa ein groß ausgedrucktes Foto der Familie – geklebt wird oder der Nachwuchs etwas darauf malt. Dann gilt es, das Kunstwerk in (dem Alter entsprechend) viele und unterschiedlich große Teile zu zerschneiden. Generelle Puzzlerichtlinie: Für Vier- bis Fünfjährige sind 20 bis 60 Teile angemessen, für Sechs- bis Achtjährige 80 bis 500 und Zehnjährigen kann man durchaus bis zu 1.000 Teile zumuten. In dieser Größenordnung greift man dann aber doch lieber auf konventionelle Puzzles zurück, deren Einzelteile sich leichter ineinander stecken lassen.
Andere Spiele werden ebenfalls (wieder) dadurch interessant, indem sie entweder durch eigene Ideen erweitert (Beispiel: Bei „Stadt Land Fluss" sorgen Kategorien à la „Dinge, die sich in meinem Kinderzimmer befinden" oder „Alles, was unser Osterfest ausmacht" für neuen Schwung) oder selbst gebastelt werden. Monopoly macht gleich viel mehr Spaß, wenn statt Schlossallee und Goethestraße die Straßen der eigenen Nachbarschaft auf dem eigens verzierten Spielfeld zu finden sind. Auch bei den Gemeinschafts- und Ereigniskarten bringen aktuelle und/oder persönliche Botschaften Pepp, etwa „Das Taschengeld wird fällig: Streiche 100 Euro ein" oder „Die Schule muss unerwartet drei Wochen schließen. Setze eine Runde aus."
Beim Thema Basteln sind die Möglichkeiten ohnehin quasi unbegrenzt. Auch wenn man das insbesondere von Klopapier allgemein nicht behaupten kann, bieten sich Basteleien mit Klopapierrollen insbesondere für die Jüngeren an. Wie wäre es mit einer Murmelbahn zum Zeitvertreib? Oder fliegenden Fischen als Dekoration für den Balkon? Oder doch lieber einem praktischen Stiftehalter für den Schreibtisch? Auch eine tolle Sache: Aus einer Obstkiste lässt sich leicht ein Tischkicker basteln – inklusive Schaschlikstäben mit Pappfiguren dran. Das tröstet zudem über die Verschiebung der Europameisterschaft hinweg …
Bekannte Autoren von Kinderbüchern lesen live vor
Jetzt ist die Zeit für richtig ausgiebiges Lesen und wenn die eigenen Bücher schon alle durch sind, tauscht man eben mit Nachbarn oder Freunden (indem man sich die „heiße Ware" vor der Haustür deponiert). Weniger lesefreudigen Kindern hilft übrigens Antolin (https://antolin.westermann.de), ein kostenloses Webangebot, bei dem die Kinder Fragen zu den Büchern beantworten und Punkte sammeln können – das motiviert! Motivierend ist auch die tägliche Live-Lesestunde, die NDR und SWR jeweils um 16 Uhr bieten. Hier lesen bekannte Kinderbuchautorinnen wie Kirsten Boie, Isabel Abedi und Antje von Stemm Kindern von fünf bis zehn Jahren aus ihren Wohnzimmern vor. Übertragen werden die Lesungen auf www.kindernetz.de. Und noch ein Tipp: Auf www.einfachvorlesen.de werden jede Woche kostenlose Geschichten veröffentlicht – für Kinder ab drei, fünf und sieben Jahren.
Geschichten lesen und hören: schön. Noch schöner: eigene zu erfinden! Für schnellen Spaß zu zweit sorgt „Wörter-Pingpong". Das funktioniert so, dass man sich immer abwechselnd ein Wort zuruft – und zwar ohne groß zu überlegen – und sich auf diese Weise erst Sätze, dann Geschichten ergeben, mit stets neuen Wendungen. Statt realistischen Ergebnissen kommt es hier auf Spaß und Fantasie an. Für einen besonderen Dreh sorgen vorher festgelegte Begriffe, die irgendwann im Lauf der Erzählung eingebaut werden müssen, etwa „Nilpferdrülpser" oder „Zaubererklassentreffen".
So eine Pingpong-Erzählung können ältere Kinder auch schriftlich führen. Hierbei sollte nicht bei jedem Wort gewechselt werden, eher nach jedem Kapitel. So eine Co-Autorenschaft kann per Mail oder per Brief gelingen. Oder via Videoschalte. Gratis-Dienste wie Hangouts, Skype, Whatsapp, Zoom und Co ermöglichen es, auf diese Art den Kontakt zu Freunden oder Großeltern, die man derzeit ja nicht besuchen sollte, zu halten. Und da Kinder in der Regel Ratschen langweilig finden, hilft eine „Aufgabe" für die Bildschirmzeit sehr. Neben dem Geschichtenerzählen können das auch Spaßaktionen sein wie „mit Brause im Mund Witze erzählen" oder „Länder oder Städtenamen gurgeln".
Länder- oder Städtenamen gurgeln
Auch eine Idee: Rezepte austauschen. Denn jetzt ist der ideale Zeitpunkt für aufwendiges Kochen. Selbst die Kleinen können da miteinbezogen werden, sei es beim Brot- oder Kuchenbacken oder beim Kreieren von Pasta-, Suppen- oder Knödelgerichten (Kleine lieben alles, was matscht!). In fast jedem Kindesalter ein Bringer ist Schokofondue. Vorteil: Es ist die ideale Art, nicht ganz so gesundheitsorientierten Youngstern Obst „unterzujubeln". Außerdem lassen sich auch Kleinere beim Apfel-, Banane- und Ananasschnippeln sowie beim Schokolade auspacken und Schmelzen gut als Helfer einbinden. Witziger Nebeneffekt, wenn so viel Schokolade ausgepackt wird: Bei einigen Sorten fällt ja jede Menge Alu an – und mit diesem gut verformbaren Silberpapier lassen sich im Anschluss wunderbar Miniaturskulpturen gestalten. Besonders toll schaut es aus, wenn mehrere Figuren oder Gegenstände zu einem Thema (wie wär’s mit Weltraum, Zauberwelten, Tierpark?) gestaltet und diese auf einen Tisch oder anderen ebenen Flächen ausgestellt werden. Dass dabei sogar große Kunst herauskommen kann, zeigt Roman Ondák in der Münchner Pinakothek der Moderne, auch auf der Webseite www.pinakothel.de zu sehen.
Nicht zuletzt wegen potenzieller höherer Kalorienzufuhr ist Bewegung beim unfreiwilligen Hausarrest das A und O. Und damit ist nicht Fingergymnastik beim Dauerzocken vor dem Computer gemeint, sondern echte Körperbewegung. Manch einer probiert da mit seinen Kindern Yoga aus – in der Tat gibt es eine ganze Reihe von Übungen, die selbst für Kindergartenkinder und Grundschüler geeignet sind, siehe Nathalie Pillers Kinderyoga auf Youtube oder
www.yoga-vidya.de – andere bringen das gute, alte Springseil wieder zum Einsatz. Mögen die unter einem wohnenden Nachbarn Nachsicht haben! Das gilt ebenso für den Spielzeug-Parcours. Bei dieser Aktion kann das bei soviel Aufenthalt zuhause schwer zu vermeidende Chaos im Kinderzimmer mal sinnvoll genutzt werden. Wie das? Indem man ohne großes Zutun die Gegebenheiten zu einem Spiel – neudeutsch: Challenge – ausruft. Los geht’s: Wer findet im Tohuwabohu einen Weg, ohne irgendwo draufzutreten? Die verschärfte Version sieht einen Schubkarrenlauf vor. Dabei nimmt ein Erwachsener das Kind an den Füßen und lässt den Junior mit den Händen durch die Wohnung „herumfahren".
Verkleidungskiste und Klamotten aus dem elterlichen Schrank
Ein anderes witziges Spiel heißt „Der Boden ist Lava". Hier gilt es, jeglichen Kontakt mit dem „heißen" Boden zu vermeiden. Es geht also von Stuhl zu Sofa und über den Tisch, frei nach dem Motto: Bloß nicht den „Vulkanboden" berühren! In einer erweiterten Version können die Mitspieler ein (Tisch-)Tuch oder Bettlaken auf den Boden ausbreiten, auf das sich die Spieler draufstellen. Dann muss das Tuch umgedreht werden, ohne dass ein Spieler den Boden berührt!
Für sportliche Aufmerksamkeit sorgt derzeit der Basketballverein Alba Berlin: Jeweils für Kita-, Grund- und Oberschüler präsentieren die Profisportler jeden Tag eine neue Sportstunde auf Youtube. Die ist so nett und kindgerecht gemacht, dass die Kinder auch wirklich „am Ball" bleiben. Absolut empfehlenswert, auch für Eltern zum Mitmachen! Und noch ein Profi macht Kindern Beine: Ex-Skistar Felix Neureuther hat beim Bayerischen Rundfunk (und lange vor Corona) eine eigene Kinderserie gestartet, die kurze und spielerische Videos beinhaltet. Das Motto: „Beweg dich schlau!" Zu sehen auf www.bayern3.de oder – na klar – Youtube. Auf dem weltweit beliebtesten Videoportal findet sich wohl auch jeder Song dieser Welt als Karaokeversion. Also auf zum Karaoke-Contest! Wer das sogar über den Fernseher laufen lassen kann, wird sich fast wie in der Karaokebar fühlen. Statt Mikro tun es ein Stift oder eine Banane. Tipp: Mädchen lieben Elsas „Lass jetzt los" aus dem Disney-Kassenschlager „Frozen", für Jungs eignet sich zum Beispiel „Auf uns" (Erinnerungen an die WM 2014!). Kinder lernen ihre Eltern von einer ganz neuen Seite kennen, wenn die „We Are The Champions" schmettern.
Für viele Kinder gehört Verkleiden zu den Top-Bespaßungen. Also einfach Verkleidungskiste herausholen oder ein paar Klamotten aus dem elterlichen Schrank freigeben. Dazu ein paar Mützen, Hüte oder Tücher und schon kann das Abenteuer losgehen. Es können auch Zettelchen gezogen werden und das Publikum muss raten, was die Verkleidung darstellen soll. Gerade kleinere Kinder sind dafür zu begeistern. Das gilt auch für Höhlenbauten aller Art. Aus Umzugs- und noch größeren Pappkartons lassen sich die tollsten Bauten errichten, dank Decken und Kissen werden Esstische leicht zu Höhlen. Es kursieren derzeit auch nette Bilder und Filme von Eltern, die kurzerhand die Campingsaison eröffnet haben: im Wohnzimmer! Ja genau, sie tun einfach so, als würden sie mit den Kindern verreisen. Dabei werden Rucksäcke mit Naturalien und Übernachtungssachen gepackt, inklusive Stirnlampe und Picknickkorb. Das Highlight: eine Übernachtung im aufgebauten Igluzelt – freilich ohne Heringe im Boden!
Rausgehen ist freilich noch besser, zum Beispiel in den Wald. Diverse Apps, etwa vom Nabu, sind extra für Kinder konzipiert und helfen bei der Insekten-, Vogel- und Pflanzenbestimmung. Doch selbst in der Stadt wird der Spaziergang für Kinder neuerdings bunter und zwar dank einer sich gerade rasant ausbreitenden Idee, die angeblich in Italien ihren Ursprung hat: Viele Kinder malen oder basteln einen Regenbogen und hängen ihn ins Fenster, damit andere Kinder ihn sehen können. Der Sinn: Beim „langweiligen" Spaziergang können die Kinder Regenbogen zählen, sehen einen Gruß ihrer Freunde, die sie gerade nicht treffen können und spüren: „Ich bin nicht der Einzige, der gerade zu Hause bleiben muss!"