Neben den Mary Janes feiert mit den Loafers ein weiterer Klassiker der Damen-Schuhmode ein großes Comeback. Allerdings haben die Designer den Slippern ein Rundum-Update verpasst, vor allem dank höherer Absätze und Profilsohlen oder durch Mules- und Sling-Varianten.
Damit hätte wohl niemand gerechnet, dass ausgerechnet ein Schuh, der sich früher vor allem in Preppy-Kreisen großer Beliebtheit erfreute, einer der größten Trends der Damen-Schuhmode des Sommers 2020 werden könnte. Okay, im Zuge des immer weiter um sich greifenden Hangs zur Bequemlichkeit haben die Loafer den Vorteil, dass frau sich das Schnüren ersparen kann und nur in die Halbschuhe reinzuschlüpfen braucht. Aber das allein dürfte zur Erklärung des Loafer-Comebacks kaum genügen.
Die britische „Vogue" hat sich im Rahmen ihrer Übersicht über die sechs wichtigsten Damenschuh-Trends der Saison mal einige Gedanken über die Schlupfschuhe gemacht und einen Erklärungsversuch geliefert, weshalb dieses Model wieder so populär ist. Aus ihrer Sicht muss Nachhaltigkeit oder Sustainability nicht nur bei Klamotten, sondern auch bei Schuhkreationen künftig eine immer wichtigere Rolle spielen. Von daher sei es naheliegend, dass die Designer endlich wieder großen Wert auf handwerklich solide gemachtes Schuhwerk legen, das langlebig ist und dank möglichst hochwertiger Materialien bei Bedarf auch repariert werden kann, statt in kürzester Zeit im Müll zu landen. Zudem könnten Klassiker wie die Loafer damit punkten, dass sie quasi den ganzen Tag über komfortabel getragen werden können und der ideale Partner für alle nur erdenklichen Kombi-Möglichkeiten sind. Als Protagonisten des Loafer-Comebacks führt die „Vogue" die Labels Prada, Louis Vuitton und Loewe an, weil diese die interessantesten Neuinterpretationen und Weiterentwicklungen des Klassikers in ihren aktuellen Kollektionen vorweisen können.
Verwirrung und Ungenauigkeiten werden zudem in den meisten aktuellen Publikationen oder auch im Wikipedia-Beitrag über den Ursprung und die Geschichte der Loafers verbreitet. Als eigentlicher Erfinder der Loafer gilt der norwegische Schuhmacher Nils Gregoriusson Tveranger. Dieser war in seiner Jugend für einige Jahre in die USA ausgewandert, hatte dort tatsächlich die Mokassins kennengelernt und nach seiner Rückkehr ins norwegische Aurland dort Anfang der 30er-Jahre durch Zusammenführen des indianischen Schuhwerks mit der heimischen Treterkultur die ersten, noch heute produzierten Aurland-Schuhe als direkte Vorfahren der Loafer auf den Markt gebracht.
Der Loafer ist ein Unisex-Model
Die Schuhe wurden in Norwegen schnell so populär, dass sie wenige Jahre später in einem Reisebeitrag des amerikanischen Männermagazins „Esquire" vorgestellt wurden. Die damaligen Verantwortlichen des 1876 in Maine durch George Henry Brass gegründeten Schuh-Traditionshauses G. H. Brass waren von den Aurland-Schuhen geradezu elektrisiert und brachten ab 1936 ihre eigene Version des Schlupfschuhs unter dem Namen „Weejunns" heraus. Schnell wurde er Teil der Schuluniform, weil er keine Schnürtechnik voraussetzte. Über die Highschools und Colleges landete er schließlich an den US-Universitäten und wurde dort neben Chino-Hose, Button-down-Hemd und V-Pullover zum Markenzeichen der Preppy-Studenten.
Da sich der Loafer ganz ideal als Unisex-Schuh eignete, wurde er bald auch bei der Damenwelt beliebt. Die kombinierte ihn zu Röcken und, wie Bilder aus den 50er-Jahren belegen können, pflegten die Schuhe natürlich mit weißen Socken zu tragen. Das Magazin „In Style" hatte jüngst in einem Loafer-Artikel Michael Jacksons „Thriller"-Video gefeiert. Der Loafer wurde damals als der amerikanische Schuh schlechthin angesehen und dank James Dean oder John F. Kennedy zur bevorzugten männlichen Freizeitfußbekleidung. G. H. Brass bekam schon in den 40er-Jahren Konkurrenz durch Modelle des Unternehmens Sebago. Beide Firmen setzten auf eine Loafer-Variante mit einem schmückenden, quer über den Rist verlaufenden Lederriemen, der bald auf den Namen Pennyloafer getauft werden sollte. Angeblich steckten Studenten vor wichtigen Prüfungen einen Glückspenny in die Ausbuchtung des Lederriemens.
Neben dem Pennyloafer tauchte in den 50er-Jahren dank des US-Unternehmens Alden auch der Tasselloafer mit Quasten und Ziersenkeln auf. Als die Loafer-Welle auch nach Europa überschwappte, sorgte Gucci für eine Neuinterpretation des Schuhs auf die vornehme italienische Art. 1953 wurde der legendäre Horsebit-Loafer erstmals dem staunenden Publikum präsentiert. Die charakteristische über den Steg verlaufende Metalltrense war tatsächlich der Pferdetrense nachempfunden. Der Horsebit wurde ein Liebling des Jetsets und der Promis, von Grace Kelly über Jane Birkin bis hin zu Lady Diana, von Jodi Foster über Madonna bis hin zu Charlotte Casiraghi, von Alain Delon oder Dustin Hoffman über Francis Ford Coppola und Brad Pitt bis hin zu Giovanni Agnelli.
In Italien und den USA konnte sich der ehemalige College-Schuh bei den Herren über den Freizeitbereich hinaus als klassischer Business-Schuh etablieren, vornehmlich in den Farben Schwarz und Dunkelbraun. In Deutschland konnte er das nicht so ganz schaffen, weil vor allem in konservativeren Branchen die klassischen Schnürer die Nase weiterhin vorn haben. Bei den Damen sieht das anders aus, denn mit Loafers an den Füßen ist frau weltweit selbst in Führungspositionen immer bestens unterwegs. Gänzlich waren Loafers in den letzten Jahren nie von der modischen Bildfläche verschwunden, bei Gucci oder Tod’s beispielsweise gehören sie gewissermaßen zur Marken-DNA.
In Business und Freizeit beliebt
Demzufolge, was für den Sommer auf den Laufstegen zu sehen war, hat man nun die Qual der Wahl, auch was die Materialien betrifft. Denn es gibt nicht nur Schuhe aus Glatt-, Lack- oder Wildleder, sondern auch in Kroko-, Leo- oder Reptilienoptik sowie aus Stoffen wie Bouclé oder Canvas. Teilweise zusätzlich durch Perlen oder Schmucksteine aufgehübscht. Ganz klassische Pennyloafer mit niedrigem Absatz und einem gewissen maskulinen Flair gibt es beispielsweise von Moreschi, Santoni, Mansur Gavriel oder Asos. Bei den Horsebit-Loafern führt kein Weg an Gucci vorbei, aber auch Tod’s, Miu Miu oder Aigner haben Modelle mit der typischen Metalltrense im Sortiment. Bei Chloé ist der Bügel in Logoform („C") gestaltet. Bei Loewe ist der Metallbügel durch ein Zierschleifchen durchbrochen, eine ähnliche Innovation ist Tory Burch bei einem Modell gelungen. Lanvin hat als Ausgleich für einen breiten Metallbügel eine Mules-Variante im Programm. Mules-Loafer gibt es aber auch von Loewe oder Thom Browne. Noch einen Schritt weiter geht Jimmy Choo, bei dem die Fersenpartie durch Einklappen in eine Mules-Version verwandelt werden kann. In Sachen Tasselloafern wird man bei Céline, Pretty Ballerinas oder Maganni fündig. Louis Vuitton hat durch Kombi von Quasten und Metalltrense einen Loafer-Hybriden geschaffen. Fendi hat die Fersen-Region durch eine Sling-Back-Variante freigelegt. Dass Loafers nicht zwangsläufig einen niedrigen Abatz haben müssen, zeigen hohe Block-Versionen von Prada über Loewe bis Louis Vuitton. Vera Wang hat sogar einen Stiletto-Loafer entworfen. Deutlich bequemer dürften die Modelle mit dicker Profilsohle im Chunky-Look sein, wie es sie bei Gucci, Asos oder H & M aktuell gibt.