Als Jungfrau Sextipps erteilen? Was sich nach einer Herausforderung anhört, ist für den 16-jährigen Otis ein Kinderspiel. In „Sex Education" spielt ihm in die Karten, dass seine Mutter Sexualtherapeutin ist. Seine kleinen Sprechstunden erweisen sich obendrein als nette Einkommensquelle.
Otis Milburn (Asa Butterfiled) geht auf die Moordale Secondary, so was wie die typische Highschool, nur eben in Großbritannien. Die Schüler in seinem Jahrgang sind allesamt zwischen 15 und 17 Jahren alt. Und wie das in dem Alter so ist, interessieren sich alle nur für ein Thema: Sex. Im Prinzip geht es vor allem darum, ob jemand welchen hat, wenn ja, wie oft und mit wem. Und auch im Teenageralter, wenn man gerade seine Sexualität entdeckt, kann es schon zu Problemen kommen. Besondere Neigungen und Vorlieben können sich entwickeln, die das Gegenüber schon mal verstören. Man ist sich seines Körpers unsicher oder total von sich überzeugt. Jedenfalls herrscht eines: Redebedarf. Nun ist es aber so, dass man sich in diesem Alter nicht selten schämt mit dem Partner darüber zu sprechen. Daher soll ein Dritter soll guten Rat geben.
Und da kommt Otis ins Spiel. Er selbst ist noch Jungfrau. Aber als er einmal einen scheinbar hilfreichen Ratschlag erteilt spricht sich das schnell rum, und alle seine Mitschüler wollen seine Nachhilfe in Sexualkunde. Otis’ bester Freund Eric (Ncuti Gatwa) wittert gleich ein Geschäft. Die beiden Jungs holen sich zum Abkassieren die respekteinflößende Maeve (Emma Mackey) ins Boot, für die Otis einiges übrig hat und am liebsten an die er seine eigene Jungfräulichkeit verlieren möchte. Eric hingegen ist ein kleiner Paradiesvogel, offenkundig homosexuell, was in einem kleinen Ort so einige Probleme mit sich bringt.
Otis theoretisches Wissen rund um Sexualpraktiken hat er seiner Mutter zu verdanken: Dr. Jean Milburn (Gillian Anderson), ihres Zeichen Sexualtherapeutin und erfolgreiche Buchautorin. Von seinem Zimmer aus war es Otis immer möglich bei ihren Therapiestunden zu lauschen.
Freundschaften drohen zu zerbrechen
Jeder der Teenager hat sein Päckchen zu tragen. Neben Otis und Eric ist da also Maeve. Sie ist an der Schule durch ein Gerücht zur Außenseiterin geworden, ist sowieso irgendwie düster drauf und sieht auch so aus. Doch Otis erkennt sehr schnell ihren weichen Kern und entwickelt eine Schwäche für die schon sexuell erfahrene junge Frau. Dann ist da noch Adam Groff (Connor Swindells). Er ist der Sohn des Schuldirektors und muss dem harten Regime seines lieblosen Vaters folgen. Der diktiert der ganzen Familie, wie sie sich zu verhalten hat. Nette Worte sind in dieser Familie fehl am Platz. Adam verhält sich ähnlich, und doch wird schnell klar, dass ein angreifbarer junger Mann hinter dem schroffen Typ steht. Jackson (Kedar Williams-Stirling) ist ein ambitionierter Leistungsschwimmer, getrieben von seinem eigenen Ehrgeiz, aber auch dem seiner Mütter. Für Mädchen bleibt bei ihm bedingt Zeit, er ist äußerst beliebt und wirft auch ein Auge auf eine unserer Protagonistinnen. Dann gibt es noch viele andere Charaktere, die sich gehörig aneinander reiben. Aber eben auch solche, die sich so nahe sind, dass Otis’ Rat gefragt wird, wenn es im Bett nicht so läuft wie es soll.
Und wie es für Teenager üblich ist, wird sich verliebt, entliebt, Gerüchte in die Welt gesetzt, verletzt, verheimlicht, wilde Partys gefeiert und so weiter. Wer hinter dieser Beschreibung eine zweitklassige Teeniegeschichte für ebendiese Zielgruppe vermutet, der irrt. Die Witze und Thematiken, die aufgegriffen werden, sind nicht etwa oberflächlich oder plump, tatsächlich bekommen die Probleme, die die Teenager umtreiben, den nötigen Respekt und werden mit Tiefe behandelt. Vielleicht erkennt sich auch der ein oder andere Zuschauer darin wieder. Denn auch die Erwachsenen haben so ihre zwischenmenschlichen Probleme … Alle behaupten, über Sex Bescheid zu wissen, sind letztlich aber doch ziemlich verunsichert.
Die Serie wurde in Südost-Wales gedreht. Das Setting soll wohl bewusst uneindeutig sein, denn man fragt sich zwangsläufig zu welcher Zeit die Serien eigentlich spielt. Die Kleidung der Schüler erinnert an die 80er-Jahre und dennoch haben alle Smartphones. Der Regisseur „genießt sehr die Tatsache, dass [Moordale] wie Everywhere-ville ist, dass es sich sowohl britisch als auch amerikanisch anfühlt" erfährt man auf Wikipedia.