Die in St. Wendel geborene Singer-Songwriterin Lena Hafner traf den britischen Singer-Songwriter Julian Dawson. Er unterstützte sie dabei, ihre erste CD zu produzieren. „The moon, the stars and the sun" wurde in Hamburg eingespielt.
Die gute Nachricht zuerst: Das Konzert an der Europäischen Akademie in Otzenhausen, das für 24. April angekündigt war, wird nicht abgesagt, es wird lediglich verschoben. Das Bedauern schwingt in der Stimme von Lena Hafner mit. Ihre Sprechstimme könnte einer Schülerin gehören, dabei zählt die junge Frau immerhin bald 30 Lenze. Ihre Singstimme dagegen entspricht ihrem Alter. Und mehr als das. Sie trifft den Ton, der das Herz ohne Umwege erreicht. Die Gedanken, die die Singer-Songwriterin zu Liedern wandelt, zeugen von einer nachdenklichen Persönlichkeit und einer guten Beobachterin. Ihre Texte sind authentisch, aber nicht selbstverliebt-selbstbespiegelnd. „Die Gedanken kreisen ja oft im Kopf. Ich empfinde es als befreiend, die Gedanken auf das Papier zu bringen. Der Prozess bringt erst mal für mich etwas. Was ich dann mit dem Lied mache, ist erst mal egal", beschreibt Lena Hafner Momente, aus denen ein Lied entsteht.
Sie vertont ihre Texte mit Gitarre. Das Instrument hatte sie als Sechsjährige zu Weihnachten von den Eltern geschenkt bekommen und daran Gefallen gefunden. Gesungen hatte sie schon früh im Kindergarten, weiter in Schule und Jugendchor, bis sie sich in Schulbands und beim Schulmusical ausprobierte. Bis heute nimmt sie Gesangsunterricht an der Musikschule St. Wendel. Zunächst sang sie auf Deutsch, wechselte dann aber ins Englische. Ihre Aussprache ist hervorragend, sodass man mehrmonatige Auslandsaufenthalte annehmen dürfte. Aber, Lena Hafner verweist auf ihr Schul-Englisch am Arnold Janssen Gymnasium St. Wendel, das Lehramtsstudium mit einigen Semestern Englisch mit Ausspracheseminaren und darauf, viele englische Bücher gelesen zu haben.
Sich selbst mit Gitarre zu begleiten erwies sich als Weg, der zu Soloauftritten bei Hochzeiten und kleinen Festivitäten führte, ohne auf Musiker einer Band angewiesen zu sein. Zum ersten Mal alleine vor einem größeren Publikum trat sie bei einer Automobilausstellung in St. Wendel auf. Mittlerweile verfügte sie bereits über eine Sammlung von Liedern und ein eigenes Repertoire. Über die Anfrage einer Agentur, das Vorprogramm des britischen Singersongwriters Julian Dawson, der im Kurhaus Harschberg in St. Wendel gastieren sollte, zu bestreiten, bot sich eine große Chance. Als sie Dawson vor dem Konzert am 21. Juni 2018 kennenlernte, beschied er ihr kurz und knapp, dass er es besser finde, in der Muttersprache zu singen. Lena Hafner entmutigt die Ansage vor dem Auftritt nicht, sie denkt: „Ich mache das und hake das dann ab."
Sie trifft den Ton, der das Herz erreicht
Nach dem Auftritt kam Julian Dawson auf sie zu, um seine Unterstützung bei der Produktion einer CD anzubieten. Der Mann ist Profi und in der Lage, musikalische Qualitäten zu erkennen. Dawson ist mit BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken befreundet, spielte mal das Vorprogramm der Band und produzierte 2013 Niedeckens Album „Zosamme alt". Lena Hafner nimmt Julian Dawson beim Wort. Sie schickt ihm 22 Demosongs. Tatsächlich kommt er nach St. Wendel, um Absprachen und die Titelauswahl für die CD-Aufnahme zu treffen. In viereinhalb Tagen wurden die zwölf Songs der CD „The moon, the stars and the sun" in einem Hamburger Studio eingespielt. „Sehr aufregend" sei es gewesen. „Das war sehr intensiv. Ich war erleichtert, dass alles so gut geklappt hat", erinnert sich die 29-Jährige, die glaubt: „Es war alles ein glücklicher Zufall."
„Dear grandpa" berührt wohl die allermeisten. Ein Lied vom Abschiednehmen, aber auch vom Mutmachen? „Ja, genau, es ist an meinen Opa gerichtet. Das habe ich geschrieben, als meine Oma gestorben ist. Ich wollte ihm Mut machen, weiterzumachen. Ihm sagen, dass da noch viel kommt, dass ich für ihn da bin. Er mochte Sonnenblumen gern, deshalb kommt in dem Lied vor, dass wir noch die Sonnenblumen wachsen sehen." Das fantastische Mundharmonikaspiel verstärkt die Stimmung. Lena Hafner erzählt: „Die Mundharmonika hat Julian Dawson selbst gespielt. ‚Dear grandpa‘ ist sein Lieblingssong."
In „Numbers" thematisiert die Singer-Songwriterin den Normierungs- und Selbst-Perfektionswahn. Zeiten, in denen sie sich viele Gedanken gemacht, und Druck empfunden hat, erlebte Lena Hafner nach dem Abitur und als sie das Grundschullehramt abgebrochen hatte. „Man macht sich ja auch als junger Mensch Gedanken, dass die Zeit schnell vergeht, dass man Idealen nachstrebt, dass das Quatsch ist, aber man trotzdem diesem Stress verfällt", beschreibt Lena Hafner ihre Erfahrungen.
Keine Scheu vor ernsten Themen
„Blue Butterflies" erzählt über eine ambivalente Beziehungsgeschichte. Die Unentschiedenheit oder auch die wechselvollen Gefühle füreinander – kein einfaches Thema, dem sie sich stellt und musikalisch Ausdruck verleiht.
Der Song „Wildflower" erzählt vom Erblühen an unerwarteten Orten und es heißt „Suddenly bad becomes good". Weil die Stimmung in Deutschland ziemlich im Keller ist, kommt das Lied zur rechten Zeit. „Ja", sagt Lena Hafner und lacht, „das stimmt". Obwohl sie keine Scheu hat, ernste Themen anzupacken, versuche sie generell für jedes Lied auch, wenn es aus einer schlechten Emotion heraus geschrieben sei, „eine positive Wendung zu finden". In „Step forward" heißt es: „Geh den nächsten Schritt, schließ die Tür und mach weiter!"
Die Reaktionen auf die CD, die im August 2019 herausgekommen war, seien „sehr positiv. Ich höre oft, dass die CD sehr abwechslungsreich und alles harmonisch ist. Das erste Lied auf der CD „Step forward" wird sehr oft als Favorit genannt", sagt Lena Hafner zufrieden. Ihre Auftritte in Kirkel und in der Kammgarn Kaiserslautern im Dezember 2019 kamen gut an. Julian Dawson hatte sie nach Kempten zu einem Konzert eingeladen und in Koblenz spielte sie in diesem Jahr auf einem Wohnzimmerkonzert. Corona bringt ihre Karriere ins Stocken. Als Erzieherin kümmert sich Lena Hafner derzeit um ein Kind, dessen Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten und ordnet, was in der Kita liegen geblieben ist.
Den Willen, die Karriere als SingerSongwriterin voranzubringen hat sie wohl. Den Hauptberuf dafür aufgeben? „Wenn das die Entwicklung zeigen würde, dann wäre das sicherlich schön, aber in der aktuellen Lage ist das kaum vorstellbar", meint sie, dabei schwingt etwas Melancholie in der Stimme. Wissen, wie es nach „The moon, the stars and the sun" weitergeht? Wohl kaum. Aber: Die Stimme von Lena Hafner wird man bald nicht nur im Saarland kennen.