Laufzeiten von Alben pendeln sich langsam aber sicher wieder unter einer halben Stunde ein. Es ist nicht der schlechteste Trend, wenn sich dadurch Qualität fokussiert. Tami Neilson, diese extrovertierte Kanadierin – und der Liebe wegen Wahl-Neuseeländerin – packt nicht nur Stimmgewalt, sondern auch Stilvielfalt in zehn kurze Tracks: Western-Swing-Coolness. Rock-’n’-Roll-Feuer. Balladen-Schmacht. Country-Glorie. Gospel-Herzblut. Soul-Energie. Auszeichnungen pflastern ihren Weg: Best Female Artist, Best Country Album, Best Country Song …
Überragend in ihrem aktuellen, eben nicht nur sehr kurzen, sondern auch sehr kurzweiligen Song-Reigen: das irgendwo zwischen Patsy Cline und Johnny Cash zu verortende „16 Miles of Chain".
Die Saiten riffen und twangen furios, der Rhythmus poltert in gezügeltem Galopp und die Künstlerin schwingt sich zur leidenschaftlichsten ihrer durchweg leidenschaftlichen Gesangsleistungen auf. Was für ein Geniestreich! Was für ein Hit! „Tell Me That You Love Me" ist eine infizierend selbstbewusste Forderung in nunmehr komplett entfesseltem Galopp.
Ganz fabelhaft gerieten aber auch die beiden Balladen „A Fool With A Heart" und „Sleep". In ihrer melodischen Raffinesse stehen sie in allerschönster Everly-Brothers-Tradition.
In „Hey, Bus Driver!" fordert Tamara „Tami" Neilson vom Fahrer den beherzten Tritt aufs Gaspedal, denn sie sei „on fire" und habe unerträgliches Heimweh. So lassen wir für die Weile dieses stürmischen Liedes unsere Klima-Vernunft gerne einmal kurz beiseite.
„Ten Tonne Truck" peitscht zum Rhythmus des infizierend hämischen Lachens der Künstlerin, „You Were Mine" gemahnt in seiner appellierenden Verzweiflung an die große Nina Simone.
„Queenie Queenie" wiederum klöppelt so spartanisch wie beschwingt und fasst das Motto dieses genüsslichen Reigens am Ende perfekt zusammen: „Boom Boom Boom Boom Chicka Chicka!".
So kann dieses bislang nostalgieseligste und zweifelsfrei beste muskalische Werk von Tami Neilson eigentlich auch nur lautmalerisch „Chickaboom!" heißen.