Vom Europadenkmal beginnt die Beruser Tafeltour mit einem grandiosen Blick ins Saartal. Die Wanderung führt durch den Saargau, teilweise unmittelbar auf und hinter der Trennungslinie.
Wir starten unsere Wanderung oberhalb von Berus am Europadenkmal. Das Denkmal ist ein Symbol der deutsch-französischen Freundschaft. Zwei parallel zueinander angeordnete 18 Meter hohe Stahlbetonmauern, sogenannte Pylonen, sollen die Staaten Frankreich und Deutschland darstellen. Sie symbolisieren die gemeinsamen Wurzeln beider Völker. Auf der Plattform erinnern Schrifttafeln an das Wirken der „Großen Europäer" Robert Schuman (1886 – 1963), Konrad Adenauer (1876 – 1967) und Alcide De Gasperi (1881 – 1954).
Von der Plattform des Europadenkmals bietet sich ein eindrucksvoller Blick ins Saartal, bei guter Fernsicht erkennen wir an der Grenze des nördlichen Saarlands die Höhenzüge des Schwarzwälder Hochwaldes.
Nachdem wir die Plattform wieder verlassen haben, bietet sich auf der anderen Seite ein großartiger Blick ins Lothringer Land. Unten im Tal der Grenzort Merten, dahinter erkennen wir das Dorf Falck. Weiter in der Ferne stehen, umrahmt von großen Waldgebieten, die Kühltürme des Elektrizitätswerkes von Carling. Davor erkennt man einige Häuser des Grenzortes Creutzwald.
Hier auf der Höhe hinter Berus beginnt der Saargau. Die dünn besiedelte Gegend war immer Grenzland, mal lothringisch, mal dem Völkerbund unterstellt, mal preußisch und mal deutsch. Regionaltypisch ist der sogenannte Gauwhisky, ein Schnaps aus Mispelfrüchten, im Volksmund nach dem Aussehen der Frucht benannt: „Hundsärsch".
Kurz danach erreichen wir ein wunderbares Wegstück. Der schmale, fast kerzengerade Weg ist komplett vom Blätterwerk der Bäume und Sträucher überwachsen. Wir bewegen uns wie in einem Blättertunnel. Als wir diesen wieder verlassen, haben wir einen Erinnerungsstein erreicht, der an den alten Kalksteinbruch der ehemaligen Völklinger Hütte erinnert. Diese wurde 1994 als erstes Industriedenkmal zum Weltkulturerbe erklärt. Seit 1983 ist das weitläufige Gelände des ehemaligen Kalksteinbruchs als „Beruser Kalksteinbruch" offiziell vom saarländischen Umweltministerium als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Neben dem Erinnerungsstein erinnert eine in den Hang gestellte Kalkstein-Lore an die Arbeit im Kalksteinbruch.
„Hundsärsch" aus dem Saargau
Vom überwucherten Kalksteinbruch sind es nur wenige Minuten bis zum hölzernen Kreuz auf der Grenze. Es ragt zwischen vielen am Fuß des Holzstammes abgelegten Steinen steil in den Himmel. Zahlreiche Wanderer haben hier zum Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft einen Stein am Fuß des Kreuzes niedergelegt, ähnlich den Jakobspilgern, die an markanten Orten Wegsteine zu Türmen und Türmchen zusammenbauen.
Das Lothringer Kreuz mit zwei Querbalken kennt man bereits seit dem 15. Jahrhundert. Es war Symbol auf den Kriegsfahnen der Grafen von Anjou, die 1431 die Herren des Herzogtums waren.
Der spätere Staatspräsident Frankreichs, Charles de Gaulles, machte das Lothringer Kreuz im Zweiten Weltkrieg zum Zeichen des Widerstands gegen das Dritte Reich. Heute ist das Kreuz Sinnbild der deutsch-französischen Freundschaft.
Ein Wiesenweg bringt uns zum Waldrand. Unseren Weg nach unten säumen stämmige Sandsteingrenzsteine. Wir bewegen uns an der Grenze, wissen nie ganz genau, in welchem Land wir uns gerade befinden. Oberhalb von Merten wandern wir am Waldsaum parallel zum Grenzdorf. Hinter dem Dorf geht es bergab, und entlang des Weißbachs und der D63b folgen wir der Markierung.
Kurz bevor der Wanderweg und die Fahrstraße zusammentreffen, biegt der Weg fast im rechten Winkel nach rechts. Ein langer Anstieg durch den forêt communale de Berviller liegt vor uns.
Kinderhände in Beton
Oben werden wir entlohnt mit einer wunderbaren Aussicht ins Lothringer Land. Auf einem breitem Weg erreichen wie die Ortsrandlage von Berviller. Linker Hand steht ein Blockhaus. Im Restaurant „Le chalet du Chemin" kann man eine Pause einlegen. Bei schönem Wetter sitzt man im Freien und genießt die Aussicht.
Vom Blockhaus geht es quer durch Berviller. Vorbei am Rathaus und der Kirche folgen wir der Beschilderung unseres Weges. Hinter der Mariengrotte passieren wir eine Schranke und wandern den Waldsaumweg leicht bergan.
Wenn wir den Wald verlassen, müssen wir nach rechts unten. Im Bachtal angekommen, halten wir uns links. Mitten auf dem Weg erwecken Abdrücke von „Kinderhände in Beton", „Mains d’enfants dans le béton", unsere Aufmerksamkeit. Die Kinderhände symbolisieren eine gemeinsame deutsch-französische Zukunft „vis-à-vis", also hüben und drüben der Grenze. Nur unweit der „Kinderhände in Beton" entdecken wir am Wegesrand einen grauen „Grenzstein" mit der Inschrift: „von mir zu dir – zu mir von dir" / „de moi à toi – à moi de toi". Der „Stein des offenen Weges" steht als Ausdruck für die Verbundenheit der Menschen an der Grenze, die in heutiger Zeit nicht mehr trennt, sondern verbindet. Seit dem Jahr 2000 steht der Stein am Wegesrand auch als Zeichen einer gemeinsamen Geschichte und einer gemeinsamen Heimat, verbunden vor allem durch die beidseits der Grenze gesprochene moselfränkische Mundart. Leicht bergan befinden wir uns auf dem letzten Teilstück der Wanderung. Oben angekommen, steht in einer Senke die Orannakapelle.
Im 6. Jahrhundert verließ die aus Irland kommende Oranna ihre Heimat, um zusammen mit iroschottischen Mönchen im südlichen Saargau zu missionieren. Die Kapelle beherbergt die Gebeine der Heiligen Oranna, Schutzheilige des Saargaus und des benachbarten Lothringens. Sie wird seit dem Mittelalter jährlich am Sonntag nach Kreuzerhöhung, dem dritten Sonntag im September, mit einer Wallfahrt geehrt, bei der die Gläubigen auch heute noch vor allem Heilung von Ohren- und Kopfleiden erbitten. Von der Kapelle wandern wir entlang der geteerten Fahrstraße nach oben zum Europadenkmal.