Mia Marjanovic (33) aus Berlin bloggt auf heylilahey.com über Naturkosmetik, Fair Fashion und andere Nachhaltigkeitsthemen. Im Interview spricht die Bloggerin über das Ändern ihres Konsumverhaltens, die Vermeidung von Müll im Badezimmer und gibt Tipps für nachhaltigere Hochzeiten und Brautmode.
Mia, wie sahen Deine ersten Schritte als Bloggerin aus – hast Du damals schon über Fair Fashion und Naturkosmetik et cetera berichtet?
Ich habe vor etwa zehn Jahren bei einem Familienbesuch in New York die New York Fashion Week miterlebt. Die Streetstyles vor Ort und die Berichterstattung haben mich dazu inspiriert, selbst einen Blog zu starten. Zu Beginn war es also ein klassischer, konventioneller Modeblog.
Warum hast Du entschieden, über einen nachhaltigen Lebensstil zu bloggen?
2013 habe ich einen sechsmonatigen Shopping-Ban gemacht, das heißt, ich habe sechs Monate lang nichts eingekauft – keine Kleidung, keine Schuhe, keine Accessoires und auch keine Kosmetik, auch keine Secondhand-Kleidung. Danach wurde mein Konsumverhalten automatisch Schritt für Schritt bewusster, und genau über diesen Wandel habe ich auch geschrieben.
Wie sieht Dein Kaufverhalten heute aus – kaufst Du das meiste neu von nachhaltigen Marken beziehungsweise bekommst es zum Testen, oder kaufst Du auch viel gebraucht oder leihst und tauschst Dinge?
Im privaten Bereich kaufe ich zunächst einmal nichts, wenn möglich, dann Secondhand und dann ist es, wenn ich etwas Neues brauche, faire Mode. Für meinen Blog- und Instagram-Content leihe ich am liebsten Mode aus, anstatt meinen Kleiderschrank immer mehr zu füllen.
Hast Du auch schon Plattformen wie Myonbelle oder Die Kleiderei ausprobiert, bei denen man Kleidung ausleihen kann? Wenn ja: Wie waren Deine Erfahrungen?
Bisher noch nicht, will ich aber unbedingt bald mal machen!
Warum sollte man Fair Fashion und Naturkosmetik kaufen?
Generell empfehle ich erst einmal, weniger zu kaufen, da Fast Fashion nicht nur unter unfairen Arbeitsbedingungen produziert wird, sondern auch zu enormen Umwelt- und Klimabelastungen führt. Genauso sieht es in der Kosmetik aus. Bio-Landwirtschaftlicher Anbau von kosmetischen Inhaltsstoffen sowie der Verzicht auf Mikroplastik ist laut Greenpeace und BUND nachweislich besser für die Biodiversität, Bodenschutz und den Wasserschutz.
In welchen Bereichen und wie genau setzt Du Nachhaltigkeit um?
Insgesamt konsumiere ich einfach bewusster, das heißt weniger aber bessere Produkte von höherer Qualität. Ich kaufe auch viel Secondhand, repariere Produkte oder lasse sie reparieren, anstatt direkt etwas Neues zu kaufen. Ich versuche mehr und mehr unverpackt zu kaufen, spende an Tier- und Umweltschutzorganisationen, beteilige mich an Mode-Aktivismus und Klima-Demonstrationen, habe ein Konto bei einer ethischen Bank, beziehe Ökostrom und verwende die Suchmaschine Ecosia.
Du hast vor Kurzem eine nachhaltige Hochzeit gefeiert. Was hast Du alles anders gemacht als bei einer „herkömmlichen" Hochzeit?
Wir haben zum Beispiel auf bestimmte Dinge verzichtet, die bei Hochzeiten oft Standard sind: Papier-Einladungskarten (für die meisten gab es nur E-Invites), Ballons, Papier-Servietten, Konfetti, Plastikstrohhalme etc. Verzicht ist aber vielleicht das falsche Wort. Statt Ballons gab es ein von mir selbst geknüpftes Makramee als Foto-Hintergrund, wir hatten Glas-Strohhalme, die direkt auch die Gastgeschenke waren, statt Hunderten von Blumen gab es Efeu und Grünzeug als Deko. Wenn wir Blumen hatten, dann nur aus lokalen Gärtnereibetrieben. Dennoch würde ich sie nicht eine „nachhaltige Hochzeit" nennen, vielleicht eine nachhaltigere.
Woher war Dein Brautkleid?
Von einem nachhaltigen und fairen Label aus den USA.
Wie viele Brautkleider hast Du insgesamt anprobiert, bevor Du Dein Kleid gefunden hast?
Vielleicht ungefähr sieben.
Wie war das bei Deinem Mann?
Er hatte es etwas leichter, da er ziemlich schnell einen passenden Anzug gefunden hat. Wir empfehlen dafür Suitsupply (Fair Wear Foundation zertifiziert).
Welche Tipps kannst Du noch für den Kauf nachhaltiger Brautmode geben?
Erst einmal Secondhand-Optionen abklappern. Das hat bei mir nicht funktioniert, da mir die meisten Kleider aus zweiter Hand zu kurz waren. Ansonsten habe ich auf meinem Blog heylilahey.com sehr viele unterschiedliche Alternativen.
Du reist viel. Häufig bist Du mit dem Zug unterwegs und wohnst in Eco Hotels. Was ist bei Eco Hotels anders als bei herkömmlichen Hotels?
Das kommt darauf an. Manche fokussieren sich auf Less Waste, manche auf Ökostrom, manche auf eigenes Bio-Gemüse, manche auf faire Arbeitsbedingungen und Unterstützung der lokalen Community.
Welche Methoden gibt es noch, nachhaltig zu reisen und zu urlauben?
Ich empfehle immer, weniger zu fliegen, Hotels direkt nach ihren nachhaltigen Bemühungen zu fragen, von Locals geführte Restaurants, Cafés und Geschäfte zu supporten und immer zu recherchieren, ob die Freizeitaktivitäten vor Ort auch wirklich umweltschonend und tierlieb sind. Elefantenreiten ist zum Beispiel immer ein No-go sowie die meisten Zoos und viele andere Aktivitäten mit Tieren als Touristenattraktionen.
Wie kann man Müll im Badezimmer und bei Kosmetik vermeiden?
Durch festes Shampoo, feste Seife, Make-up in Papier (siehe auf meinem Blog), feste Bodylotion und generell einfach weniger Produkte konsumieren. Wir brauchen nicht für jeden Quadratzentimeter ein anderes Produkt.
Nachhaltige Bekleidung, Kosmetik und Nahrungsmittel sind inzwischen zu einem Mega-Trend avanciert. Wie viel Augenwischerei gibt es da – ist wirklich alles so menschen-, tier- und umweltfreundlich, was uns als solches verkauft wird?
Greenwashing ist manchmal sehr leicht, manchmal schwieriger zu spotten. Ich empfehle immer, an die Devise zu denken: Wir können uns unseren Planeten nicht grün kaufen.
Kann man sich bei Eco Fashion und Naturkosmetik wirklich immer auf Siegel verlassen?
Sie liefern einen guten Anhaltspunkt, aber natürlich keine hundertprozentige Garantie.
Kaufst Du manchmal auch mal Marken, die nicht „fair" produzieren oder herkömmliche Kosmetik?
In Sachen Mode nie, höchstens vielleicht mal im Kosmetik-Bereich aus medizinischen Gründen.
Womit bist Du aktuell beschäftigt? Und was wird uns als Nächstes auf Deinem Blog erwarten?
Wir launchen hoffentlich bald unsere eigene kleine Kollektion aus nachhaltigen und fairen Boho-Kleidern. Aufgrund der aktuellen Lage verzögert sich das natürlich.
Was ändert sich mit der Corona-Krise in Deinem Leben als Bloggerin?
Wie vielen anderen Selbstständigen fallen mir die Aufträge weg. Ich habe zum Glück einen Puffer angespart, aber ich weiß nicht, wie lange der reichen wird. Deshalb versuche ich jetzt, andere Geschäftswege zu finden, zum Beispiel Grafiken verkaufen et cetera.
Wie entgehe ich einer Verwahrlosung im Homeoffice – was ziehe ich an, um motiviert arbeiten zu können? Und muss ich mich überhaupt vernünftig stylen?
Styling und Kleidung sehe ich derzeit als sehr unwichtig an. Aber um die mentale Gesundheit zu pflegen, empfehle ich, auch zu Hause in der Selbstisolation eine gewisse Routine aufrechtzuerhalten, also den Wecker zu stellen, eine Morgenroutine zu haben, so was. Manchen hilft es, sich „für die Arbeit" anzuziehen, auch im Homeoffice. Ich sehe das aber nicht als Muss.
Wie kann man die Ausgangssperre und die Zeit darüber hinaus sinnvoll für die Körper- und Haarpflege nutzen?
Ich ändere meine Kosmetik-Routine jetzt nicht extra wegen der Kontaktsperre/Selbstisolation. Ich bin vorher bereits dem Motto „weniger ist mehr" gefolgt, aber ich verwende jetzt weniger Sonnencreme, das auf jeden Fall.