Früher war es üblich, jährlich ein Album – oder sogar mehrere – zu veröffentlichen. Nicht nur für Frank Zappa und Bob Dylan – auch für die Byrds. Ihre kreativste Phase von 1965 bis 1968 zeitigte etliche, jeweils kaum 30-minütige Meisterwerke, die bis heute hell strahlen.
Hörbar von den Byrds beeinflusst sind The Proper Ornaments aus London – in tatsächlich dreierlei Hinsicht: Veröffentlichungsfrequenz, Albumlänge, Sound. Jeder der vier Vorgänger von „Mission Bells" konnte bislang als Zeugnis dafür dienen – zuletzt „Six Lenins" vor nicht einmal einem Jahr.
Diese 13 neuen, auf der letzten Tour während Soundchecks entstandenen Songs offerieren einmal mehr alles, was man an diesem Quartett lieben kann: die Melodieseligkeit, die Unaufgeregtheit, die Sorgfalt, den sanften Folk-Gesang, die Saiten-Magie, den süßen Flow.
Dass insgesamt mehr Elektronik (unter anderem ein Moog-Sequenzer) zum Einsatz kommt, rüttelt kaum am vertrauten Gesamtbild. Angeblich wurde mehr denn je den Texten Bedeutung beigemessen. Von William-S.-Burroughs-Niveau ist die Rede. Eine detaillierte Analyse der Wortschöpfungen ist indes keine Voraussetzung für den reuelosen Genuss dieses feinen Albums. Ein Schmankerl sind sie schon.
Bereits die Songtitel hören sich spannend (und düster) an: „The Wolves At The Door", „The Impeccable Lawns", „Broken Insect", „Flophouse Calvary", „Strings Around The Heart". Herzblut wohnt diesen Liedern jedenfalls reichlich inne …
Zurück aber zu den hochoffiziellen Vorbildern The Byrds. Ihr Geist durchweht auch „Mission Bells" wie Sternenstaub. Sowohl der frühe Folk-Rock-Spirit von „Mr. Tambourine Man" und „Turn Turn Turn" als auch das psychedelische Schillern von „Younger Than Yesterday" und „Notorious Byrd Brothers" haben reichlich Spuren hinterlassen. Man höre nur „Echoes", „Music Of The Traffic" oder „The Park" …
Fakt ist aber auch: The Proper Ornaments wissen erneut ihre Haupt-Inspiration in ein wundersam beseeltes Phlegma zu überführen. Wie in einen sanften Traum gebannt auf ein Musikalbum von 40 Minuten Länge.