Die neue Waschmaschine wird dringend erwartet. Endlich klingelt es, doch nach dem sportlichen Sprint vom Keller zur Haustür warten dort die Zeugen Jehovas. Mit einer Videotürklingel bleiben einem solche Überraschungen erspart. Wir haben zwei Modelle getestet.
Türsprechanlagen sind eher von Mietskasernen bekannt, bei denen sie einem ersparen, vier Stockwerke hinabrennen zu müssen, nur um dann festzustellen, dass ein Staubsaugervertreter vor der Tür steht. Doch in kleineren Wohneinheiten ist es ebenso lästig, wenn jedes Klingeln Hektik auslöst –
die Paketdienste sind teils so überlastet, dass sie schon nach wenigen Sekunden die Benachrichtigungskarte einwerfen und das Paket wieder mitnehmen. Eine normale Türsprechanlage ist hier wenig hilfreich: Ist der Bewohner erst einmal an der Tür, kann er auch so durch den Türspion sehen, sprechen und gegebenenfalls die Tür öffnen. Hilfreicher wäre es, überall in Garten und Haus die Klingel zu hören und reagieren zu können.
Das Hören ist dabei kein Problem. Schon lange gibt es Systeme, die das Klingeln über Funk an ein tragbares Gerät übertragen. Bei einigen muss hierzu ein neuer Funk-Klingeltaster montiert werden; andere können an eine vorhandene Klingelanlage angeschlossen werden. Den Sprint zur Tür ersparen sie jedoch nicht. Videosprechanlagen gibt es inzwischen jedoch auch in mobiler Ausführung. Hier klingelt es dann nicht nur am Handgerät; man kann sogar sehen, wer vor der Tür steht, mit ihm sprechen und bei Bedarf gleich die Tür öffnen.
Natürlich kosten solche Geräte mehr als eine einfache Klingel, doch im Versandhandel finden sich durchaus bezahlbare Modelle. Wir haben zwei vom Versender Pearl angebotene Geräte getestet, das NX-4069 von Somikon und das NX-4141 von Casacontrol. Das NX-4069 ist eine wetterfeste (nach IP55) Funk-Türsprechanlage mit Videoübertragung. Sie besteht aus einem DECT-Schnurlostelefon-ähnlichen Mobilteil sowie einem Kamerateil mit Klingeltaster, das an die Hauswand geschraubt wird. Die Übertragung läuft im auch für W-Lan genutzten 2,4-GHz-Band.
NX-4141, eine App-gesteuerte Türsprechanlage mit HD-Video- und Türöffner-Funktion, nutzt dagegen ein bereits vorhandenes Smartphone als Empfänger – nur der Sender ist wie gehabt an der Hauswand zu montieren. Der Gedanke dahinter: Das Smartphone haben inzwischen viele Menschen ohnehin stets bei sich, und es ist so kein zusätzlicher Empfänger notwendig. Deshalb kostet das NX-4141 nur etwa 100 Euro, das NX-4069 mit eigenem Empfänger dagegen etwa 170 Euro.
Das NX-4141 nutzt direkt ein vorhandenes W-Lan, um sich mit dem Smartphone zu verbinden. Der Vorteil: Die Reichweite im Haus ist bekannt und kann bei Bedarf durch Repeater erweitert werden. Es wird kein zusätzlicher Kanal belegt, Videoanlage und W-Lan stören sich nicht gegenseitig. Außerhalb der W-Lan-Reichweite ist eine Verbindung über das Mobilfunknetz möglich – so kann selbst im Park mit den Kindern oder am Arbeitsplatz verfolgt werden, wer vor der Tür steht. Sogar das Türöffnen ist von dort aus möglich – allerdings auch ziemlich riskant, wenn es einmal versehentlich ausgelöst wird.
Zum Betrieb ist eine App auf dem Smartphone notwendig. Diese wird anschließend über einen auf dem Smartphone angezeigten QR-Code mit der Casacontrol-Kamera verkoppelt, damit nur die richtige Türklingel mit dem Handy gekoppelt ist und nicht etwa die des Nachbarn.
Eigentlich eine geniale Idee, doch leider nicht ganz so praktisch umgesetzt. Die erste Tücke: Dem Kamerateil liegt zur Versorgung ein Steckernetzteil bei, allerdings dürften die wenigsten Häuser eine Steckdose direkt neben der Wohnungstür haben. Dies wäre auch wenig ratsam, weil Einbrecher so dort gleich eine Bohrmaschine anschließen könnten, um das Türschloss aufzubohren.
Bild- und Tonqualität sind in unserem Test einwandfrei
Alternativ ist der Betrieb aus einem Gleichspannungsnetz von neun bis zwölf Volt möglich, doch deutsche Klingelanlagen arbeiten mit Wechselspannung. Vom Elektriker lässt sich das Steckernetzteil also auch nicht in eine Unterputzdose einbauen. Dafür ist es möglich, die Kamera mit einer vorhandenen Klingelanlage zu koppeln – so diese mit Gleichspannung arbeitet, was in Deutschland aber normalerweise nicht der Fall ist.
Das größere Problem ist jedoch die W-Lan-Anbindung: Aktuelle W-Lan-Router arbeiten parallel mit 2,4-GHz- und 5-GHz-Übertragung. Auf 5 GHz ist weniger Betrieb und es sind höhere Datenraten möglich, weshalb sich das Smartphone ebenso wie Smart-TVs und andere aktuelle Geräte bei ausreichender Feldstärke hier einbuchen und so die 2,4-GHz-Übertragung entlasten. Das NX-4141 nutzt jedoch nur 2,4 GHz – mit Geräten auf einem 5-GHz-Kanal ist somit keine Verbindung, ja nicht einmal das Koppeln über QR-Code möglich. Pearl empfiehlt deshalb, das 5-GHz-W-Lan stillzulegen. Dann jedoch müssen sich Videos zum Smart-TV und alles andere im Haus künftig über die schmaleren und stärker belegten 2,4-GHz-Kanäle quälen. Ein technischer Rückschritt und so wenig sinnvoll.
Das Somikon NX-4069 ist dagegen unkompliziert: Hier steht die direkte Verbindung sofort, Störungen durch das vorhandene W-Lan konnten wir nicht feststellen – die Verbindung hielt über mehrere Stockwerke. Für den Empfänger sind Steckernetzteil und Ladeschale vorhanden, wie bei einem Schnurlostelefon, für die Kamera wird dagegen kein Netzteil mitgeliefert. Sie kann auch hier mit neun bis zwölf Volt Gleichspannung betrieben werden, wofür ein Netzteil mitbestellt werden kann. Soll kein Türöffner angeschlossen werden, ist alternativ der Betrieb aus zwei Babyzellen möglich. Damit entfällt die Problematik der Kabelverlegung – schließlich ist die Kamera ja in einer geeigneten Höhe zu montieren, der normale Klingelknopf, wo bereits Kabel liegen, sitzt zu tief. Zudem funktioniert die Anlage auch bei Stromausfall. Wie lange die Batterien halten, hängt dann allerdings davon ab, wie viel Besuch vorbeikommt. Und die Anlage zeigt nur ein Bild, wenn jemand geklingelt hat. Das sollte im Normalfall jedoch ausreichen. Auch nach einigen Wochen war im Praxistest noch kein Batteriewechsel notwendig.
Bild- und Tonqualität sind trotz des schlanken Empfängergehäuses einwandfrei. Zudem war die wetterfeste Wandmontage hier solider gelöst. Das Koppeln mit einer vorhandenen Klingelanlage ist beim NX-4069 leider nicht möglich, dennoch konnte dieses Gerät eher überzeugen. Nur die Überwachung von unterwegs ist hier nicht möglich, aber Hand aufs Herz: Will man wirklich bei einem entspannenden Ausflug ständig mitbekommen, welchen Besuch man jetzt gerade verpasst und welcher Zeitschriftenwerber nun schon wieder vor der Tür steht?
Standbilder können bei beiden Geräten übrigens zusätzlich abgespeichert werden, um unerwünschte Besucher später wiederzuerkennen.