Die knappe Niederlage gegen Bayern München gab Union Berlin leichten Rückenwind fürs Derby bei Hertha BSC. Die ganz große Vorfreude ist aber verflogen.
Es hätte eine Festwoche für Union Berlin sein sollen. Erst das Heimspiel gegen Rekordmeister Bayern München, fünf Tage später das Stadtderby gegen Hertha BSC im ausverkauften Olympiastadion. Doch dann kam Corona, und ausgerechnet bei den beiden größten Spielen der Premieren-Saison in der Bundesliga wurden die Fans notgedrungen ausgesperrt. Bei der 0:2-Niederlage gegen die haushoch favorisierten Bayern schlugen sich die Berliner tapfer, sie hatten in der Anfangsviertelstunde sogar die besseren Chancen auf den Führungstreffer. Doch in der zweiten Halbzeit, als der Ball beim Rekordmeister immer flüssiger lief und der Druck auf das Union-Tor immer größer wurde, sehnten sich die Profis die Anfeuerung der Fans herbei. „Gegen Ende merkt man schon, dass uns die Fans in diesem Stadion gefehlt haben", sagte Kapitän Christopher Trimmel: „Aber wir müssen damit positiv umgehen." Für einen dritten Streich gegen einen Titelkandidaten – nach den Heimsiegen gegen Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach – fehlte Union für alle sichtbar die Energie von den Rängen der Alten Försterei. Mit der 14. Saisonniederlage rutschten die Eisernen in der Tabelle auf Rang zwölf ab – und damit einen Platz hinter Hertha BSC. Dass damit die Hierarchie zwischen den beiden Stadtrivalen ausgerechnet vor dem Derby am Freitag (22. Mai/20.30 Uhr) gedreht wurde, wollte bei Union niemand zu hoch hängen.
Es habe weder Vor- noch Nachteile, nun auf dem Papier in der Rolle des Jägers zu sein, betonte Co-Trainer Markus Hoffmann. Der Österreicher hatte beim Spiel gegen Bayern an der Seitenlinie das Sagen gehabt, weil Chefcoach Urs Fischer aus privaten Gründen das Quarantäne-Trainingslager in Barsinghausen verlassen musste und in die Schweiz geflogen war. Sein Schwiegervater verstarb. Sollte ein zweiter Coronatest negativ ausfallen, darf Fischer im Spiel bei der Hertha wieder auf der Bank sitzen. Vom Fernseher aus sah der Schweizer im Duell gegen die längst nicht so übermächtigen Bayern viel Positives. „Wir gehen mit einer gewissen Stärke und Dynamik in die nächste Spiele", meinte auch Abwehrspieler Neven Subotic.
„Wir müssen positiv damit umgehen"
Union war gegen München lange Zeit körperlich präsent, zweikampf- und laufstark sowie handlungsschnell. „Speziell in den ersten 30 Minuten haben wir es sehr gut gemacht und die Bayern sogar ein bisschen vor Probleme gestellt", meinte Trimmel. Es sei „immer großartig, wenn man gegen Bayern aus dem Spiel heraus kein Gegentor kassiert". Das 0:1 durch einen verwandelten Foulelfmeter von Robert Lewandowski verschuldete Subotic, der den von hinten herangeeilten Leon Goretzka ungeschickt foulte. „Ich habe im Rücken keine Augen, so wie die meisten Menschen", verteidigte sich der Innenverteidiger hinterher: „Er lauert, stellt den Körper rein und zieht den Elfmeter. Das ist unglücklich."
Subotic bezeichnete den Restart in der Bundesliga derweil als „großes Wunder". Keiner habe es wirklich realisiert, „bis er wieder auf dem Platz stand". Die Politik und Gesellschaft hätten dem Profifußball „einen Vertrauensvorschuss" gegeben, ergänzte der meinungsstarke Subotic, „mit dieser Verantwortung müssen wir umgehen". Auf den Spielern laste ein enormer Druck, psychisch wie körperlich. Deshalb plädierte Subotic für eine Stärkung der Spielergewerkschaft, „da sind wir dran, dass sie uns im weiteren Dialog auch wirklich vertritt". Dass solche Themen nach einem Heimspiel gegen Bayern München und vor einem Derby gegen Hertha angesprochen wurden, beweist: Die vermeintliche Festwoche ist ausgefallen.