Noch immer gilt Leder als Hauptfertigungsgrundlage für Handtaschen und Rucksäcke. Doch das muss nicht mehr sein, denn umweltbewusste vegane Alternativen haben eine lukrative Nische für sich entdeckt. Die neuesten Ideen und Labels im Überblick.
Apfeltaschen kennen viele vom Fastfood-Riesen um die Ecke und mal ehrlich: Wer kann ihnen schon widerstehen? Die Apfeltaschen, um die es an dieser Stelle geht, sind auch so ein Stück vom Glück, allerdings nicht zum Essen, sondern zum Umhertragen. Neuerdings gibt es nämlich mehr und mehr Brands, die zum Beispiel aus den festen Rückständen der Apfelsaftherstellung in Verbindung mit Kunstharz und Farbstoffen wunderbare Handtaschen, Laptop-Cases, Geldbörsen und Rucksäcke herstellen.
Einer der ersten Anbieter dieser Taschen war Nuuwaï. Die Idee zu dieser neuen Herstellungsform hatte Unternehmensgründerin Svenja Detto. Als Veganerin war es ihr ein Anliegen, dass ihre Handtasche ebenfalls vegan und umweltfreundlich sein sollte. Da entdeckte sie Appleskin, ein Material das tatsächlich aus der Schale und den Zesten von Äpfeln gewonnen wird. Doch das perfekte Modell eines gelungenen Recyclings war nicht der einzige Grund für die Begeisterung. Appleskin hat nämlich noch andere positive Eigenschaften wie eine coole Optik und die Robustheit, die an Leder erinnert, aber eben kein Leder ist. Und schon fand die Idee eine optimale Umsetzung die Nuuwaï wie folgt zusammenfasst: „Mit unserem urbanen Look sind wir glücklich, Öko-Fashion ein modernes und authentisches Gesicht zu verpassen". Die gesamte Kollektion besticht durch ihren einzigartigen Look, praktisch orientiert in der Größe, schlicht in der Ausführung und doch besonders durch das belebte Farbkonzept. Gleich drei Größen der Handtaschen sind verfügbar. Passend für alle Frauen die sich überraschen lassen wollen, wohin der Tag sie noch bringt. Im Jahr 2019 gab es sogar einen Preis für so viel kreativen Einsatz in Sachen Umweltschutz und Mode, nämlich den „Eluxe Award Nachhaltigkeitspreis" für das „Best vegan brand". Nach dem Kauf einer Tasche gehen fünf Prozent der Einnahmen an einen Gnadenhof für ältere und kranke Tiere. Damit schließt sich der Kreis, mehr gutes Gewissen lässt sich nicht mit einem schicken It-Piece verbinden.
PET-Flaschen aus dem Meer recycelt
Das haben sich wohl auch Designer von Happy Genie gedacht. Hier dreht sich ebenfalls alles um den Apfel, genauer um dessen Reste und die praktischen Eigenschaften eines tollen Materials zur Herstellung außergewöhnlich schöner Handtaschen. Das romantisch verspielte Design der Luxus-Handtaschen kommt aus der Schweiz. Die Muster selbst entstehen in liebevoller Handarbeit in Italien. Dabei ist jede Handtasche quasi ein Unikat, denn sie lässt sich immer wieder neu zusammenstellen. Tragegurte, Henkel und Hüllen sind abnehmbar, je nach gewünschtem Style entsteht so aus einer Tasche immer wieder ein neuer Look – und das mit nur wenigen Handgriffen.
Bei By Blanch ist man noch nicht ganz so weit mit der Vermarktung. Das französische Label will ebenfalls ins Handtaschengeschäft einsteigen. Neben Apfelresten soll hier auch Kunststoff aus Plastikflaschen für die Fertigung zum Einsatz kommen. Die PET-Flaschen kommen direkt aus dem Meer. Die erste Kollektion ist bereits zu bewundern und besticht durch ihr klares Design. Um die 100 Euro soll später eine Laptop-Hülle kosten, das ist machbar und liegt am unteren Preissegment für Luxustaschen. Noch gibt es allerdings einen Haken. By Blanch sucht Sponsoren und hat deshalb eine Kickstarterkampagne ins Leben gerufen. Es bleibt also abzuwarten, bis die Kollektionen unter fairen Arbeitsbedingungen in Portugal für die Kunden fertigungsbereit sind.
Bis dahin gibt es aber noch viel Spannendes zu entdecken. Zum Beispiel bei Nyuzi Blackwhite. Hier gibt es einen anderen, aber ebenso umweltbewussten Ansatz, um an Material für die tollen Designertaschen- und Rucksäcke zu kommen: recycelte Zementsäcke. Im Jahr 2016 ist das soziale Projekt unter der Schirmherrschaft von Sarah Müller mit Upcycling-Taschen gestartet und zwar im Karai Childrens Vocational Centre in Kenia. Nach dem Motto „Fäden verbinden die Welt" erhalten Frauen dort die Möglichkeit, aus Zementsäcken und Viehfuttersäcken tolle Unikate zu schneidern und zwar komplett aus einer Hand, damit am Ende ein eigens angefertigtes tolles Modeprodukt dabei entsteht. Das ist dann über den eigenen Online-Shop von Nyuzi Blackwhite zu erwerben. Eine kreative und vor allem stylische Idee.
Nachhaltig und stylisch zugleich
Um Upcycling geht es auch bei Ikosae. „Aus Rest wird Rucksack", das ist Motto und Arbeitsaufgabe von Jana aus Halle, „weil Müllvermeidung und Design sich nicht ausschließen". So entstehen aus alten PVC-Planen trendige Umhängetaschen, Rucksäcke und noch so vieles mehr. Das Design ist schlicht und zurückhaltend, schließlich bringen die Säcke allein schon genug Farbe mit ins Spiel. Und die strahlend gelben und blauen Taschen sind dann echt schicke Begleiter, die ganz nebenbei noch viel Platz bieten für allerhand Nützliches und noch mehr unnütze Lieblingsdinge.
„Ganz schön bunt", geht es auch bei Luna Viva zu. Das Motto passt also wie kein Zweites zu den lustigen Handtaschen und Shoppern. Die sind eingekauft und entworfen in Deutschland, aber made in Mexiko. Dabei legen die Designer darauf Wert, dass keine Rohstoffe für die Produktion der Taschen anfallen. Sie bestehen aus alten Verpackungen oder Dosenclips.
Jede Tasche ist das Ergebnis mühevoller Handarbeit, und jede für sich ist einfach traumhaft schön, glitzernd und einzigartig. Einfach ein Stück mexikanische Kultur, die hineinfließt in den Entwurf und die dann Teil werden darf in unserem Alltagsleben.
Kleine Label, wie die oben genannten, haben es verdient, etwas mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, weil sie die Welt ein Stück besser machen und dabei etwas Stylisches schaffen, das einen jeden Tag begleiten darf. Besser kann Slow Fashion nicht funktionieren, nachhaltiger auch nicht.