Vegetarier lieben sie wegen ihres hohen Proteingehalts. Doch Hülsenfrüchte sind weit mehr als nur ein pflanzlicher Ersatz für Fleisch – sie sind wohlschmeckend und lassen sich einfach anbauen.
Es gab Zeiten, da war es gar nicht so leicht, an ein Stück Fleisch vom Rind oder Schwein zu kommen, geschweige denn an Wild. Das war viele Jahrhunderte lang dem Adel vorbehalten. Viele Bürger bauten deshalb in ihrem kleinen Garten Früchte und Gemüse an – auch Hülsenfrüchte. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) lobt Hülsenfrüchte heute nicht ohne Grund, denn sie enthalten jede Menge gesunde Nährstoffe. Sie sind pflanzliche „Energiepakete" mit 20 bis 40 Prozent Eiweiß.
Damit sind sie ähnlich proteinhaltig wie Fleisch und gehören zu den proteinreichsten Lebensmitteln überhaupt. Als ich in den 60er- und 70er-Jahren auf der Alt-Saarbrücker Bellevue aufwuchs, gehörte der eigene Nutzgarten zum Alltag – bei uns und auch bei all unseren Nachbarn. So lernte ich als Kind schon ziemlich früh, die Küche der Jahreszeiten kennen. Unvergessen, wenn meine Mutter mich im Mai und Juni nach der Schule in den Garten schickte, um etwa Erdbeeren zu pflücken. Daraus machte sie dann ein himmlisches Dessert. Oder sie backte Kuchen und kochte Marmelade.
Zu jener Zeit hatte nahezu jeder auch Hülsenfrüchte im eigenen Garten. Diese sind wohlschmeckend und bieten eine schier unendliche Auswahl an Zubereitungsarten, und darüber hinaus sind sie auch noch nachhaltig. An ihren Wurzeln haben sie kleine Knöllchen, daran sitzen Bakterien, die Stickstoff aus der Luft in nährstoffreiche Verbindungen umwandeln. Damit geben sie dem Boden wichtige Nährstoffe zurück, und sie gedeihen auch sehr gut auf stickstoffarmen Böden. Bohnen, Erbsen, Saubohnen, Lupinen, Platterbsen, Kichererbsen, Erdnüsse und Linsen sind nur einige der 12.000 Arten innerhalb der Familie der Hülsenfrüchte, spielen aber eine sehr große Rolle in der Ernährung der Menschen.
Erbsen maßvoll roh genießbar
Wegen ihres Proteinreichtums werden Hülsenfrüchte vor allem von Vegetariern geliebt, sie kommen in dieser Küche vielfältig auf den Tisch. Außerdem sättigen sie langfristig, was an den Ballaststoffen und Kohlehydraten liegt. Sie enthalten zudem Vitamine vor allem der B-Gruppe. Nach Angaben der DGE punkten sie auch mit Mineralstoffen und Spurenelementen, insbesondere mit Magnesium, Eisen, Kalium und Zink.
Verträglich sind Hülsenfrüchte am besten, wenn man sie einweicht und mit frischem Wasser kocht. Die meisten sind ohnehin ausschließlich eingeweicht und gekocht genießbar. Nur frische Erbsen kann man – in Maßen – auch roh essen.
Das Jahr 2016 erklärten die Vereinten Nationen zum „Jahr der Hülsenfrüchte". Hintergrund ist die Tatsache, dass sie ein entscheidender Faktor im Kampf gegen Mangelernährung sind. Sie sind wie bereits erwähnt sehr nährstoffreich, können zudem sehr einfach angebaut werden und kommen mit unterschiedlichen Böden zurecht. Zudem sind sie klimaschonend und bieten vielen Insekten eine Nahrungsquelle.
Bei mir liegt in den Sommermonaten immer ein Kochbuch in der Küche. Ein bestimmtes, seit Jahrzehnten: „Meine provenzalische Gemüseküche", erschienen im Mosaik-Verlag. Geschrieben hat es ein Drei-Sterne-Koch: Roger Vergé. Sein Restaurant „Die Mühle von Mougins" oberhalb der Stadt Cannes war weltberühmt, heute ist Vergé schon lange in Rente. Im Garten seiner Mühle baute er Gemüse und Kräuter an. Im Vorwort schreibt er: „Wann immer ich Gemüse sehe, kann ich nicht daran vorbeigehen. Meist koste ich schon davon, wenn ich es putze, oder auch vorher schon im Garten, wenn ich an einer roten Tomate vorbeikomme; oft fällt mir ein, dass das Radieschenbeet gejätet werden muss, oder ich prüfe die Größe der Erbsen." Dort findet sich auch einiges Wissenswerte zu Hülsenfrüchten. Wenn ich dann in der sonnigen Jahreszeit über Märkte schlendere und die große Auswahl sehe, wird Roger Vergé zu meinem Begleiter in der Küche. Ich liebe dieses Kochbuch so sehr, dass ich mich in dieser Zeit ausschließlich von dem ernähre, was der Garten so anbietet. Neudeutsch bin ich wohl ein „Flexitarier".
Die Welt der Hülsenfrüchte ist unglaublich vielfältig und wichtig für die Fruchtbarkeit der Böden. Sie bereichern den Humus, anstatt ihn auszuzehren. Allein in Italien gibt es zahllose Sorten. Jede einzelne hat sich den verschiedenen Böden und Klimaverhältnissen der Regionen angepasst und individuelle Merkmale entwickelt, die sie heute zu begehrten Spezialitäten machen. Wir sollten heute mehr denn je im Auge behalten, dass die außerordentliche Anpassungsfähigkeit dieser Pflanzen eine Gabe ist, die wir kennen und schätzen sollten. Hülsenfrüchte sollten wir viel mehr in unserer täglichen Ernährung einbauen. Es geht um unsere Gesundheit, um den Schutz der Umwelt und der Böden.
Eiweißgehalt der Erbse ist gekocht höher als roh
Grüne Bohne ist ein Begriff, der verschiedene Pflanzen der Gartenbohne zusammenfasst. Sie wachsen an Stangen, es können aber auch Buschbohnen gemeint sein. Im Gegensatz zu anderen Bohnenarten können diese komplett verzehrt werden, denn nicht nur die Keime, auch die Hülsen sind verzehrbar. Bei uns haben sie von Mai bis Oktober Saison. Frische grüne Bohnen erkennt man zunächst an der Knackigkeit. Frisch sind sie sehr knackig und brechen, wenn man sie biegt. Die Bruchstelle ist dann grün und saftig!
Ich freue mich schon auf ein saarländisches Nationalgericht, die Bibbelschesbohnesupp oder eine Lammkreation mit Bohnengemüse. Das steht für die nächste Zeit auf dem Zettel. Der Sommer ist einfach meine Lieblingsjahreszeit zum Kochen, denn die Auswahl ist riesig. Lange galt die Saubohne als Arme-Leute-Essen. Noch heute gilt sie in fast allen Erdteilen als Grundnahrungsmittel. Viele Köche haben sie aber in ihr Repertoire integriert und haben sie so auf den Thron des guten Geschmacks erhoben. Ich hatte das Glück, noch vor ein paar Wochen ein Gericht genießen zu dürfen, das mich schlicht begeisterte: Steinbutt, Saubohnen und ein Püree aus Kartoffeln und Sellerie. Aber hallo! Man muss also Saubohnen nicht nur zu Deftigem servieren.
Noch kurz zum Thema Erbsen. Interessant bei ihnen ist etwa, dass sie in getrocknetem Zustand einen höheren Eiweißgehalt haben als frisch. Vom Vorderen Orient kamen sie über den Balkan bis nach Mitteleuropa. Ob braun oder grün, sie schmecken alle ähnlich. Und nicht nur als Erbsensuppe spielen sie heute bei kreativen Köchen eine zunehmend bedeutendere Rolle. Sie sind oft ein geschmackvoller Part einer wohl überlegten Rezeptur. Frisch gibt es sie von Juni bis September. Ihre angenehme Süße bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten für ein gutes Essen. Wer es eher klassisch will, auch kein Problem: Mit zerlassener Butter oder als deftiger Eintopf mit Wurst oder Speck finden Erbsen viele Liebhaber.