Fußkettchen zählten im Sommer 2019 zu den angesagtesten Schmuck-Accessoires. Daher ist es nur logisch, dass die Designer in der aktuellen Saison die Anklets zu einem festen Bestandteil vieler Damenschuhe gemacht haben – Schuhmodelle mit integrierten Ankle Chains sind Trend.
Die britische „Vogue” hat einen neuen Kunstnamen für die wohl trendigsten Schuhe der Saison ins Leben gerufen. Und zwar, indem sie die beiden Wörter „Shoe Jewellery” einfach im neuen Begriff „Shoellery” zusammenfasste und ihren Leserinnen gleich auch einige spektakuläre Modelle dieser Schuh-Innovation aus den aktuellen Kollektionen von Gucci, Proenza Schouler, Dolce & Gabbana oder JW Anderson präsentierte. Die Sandalen, Flats, Pumps oder High Heels waren allesamt mit unterschiedlich massiven, an Fußkettchen erinnernden Gliederketten aus Metall oder Strasssteinen ausstaffiert.
Allerdings hatte es die „Vogue” versäumt, auf den Erfinder des neuen Schuh-Looks hinzuweisen. Die Rede ist von Daniel Lee, der das Traditionshaus Bottega Veneta in kürzester Zeit geradezu revolutioniert und zur begehrtesten Marke für erwachsene Frauen gemacht hat.
Da wohl sämtliche Designer-Kollegen Lees Fußkettchen-Pumps aufmerksam zur Kenntnis genommen und etwa zur gleichen Zeit auch schon Labels wie Stella McCartney oder Jil Sander flache, mit feinen integrierten Knöchelringen oder glitzernden Slingback-Riemchen gearbeitete Ballerinas auf den Markt gebracht hatten, dürfte es nicht weiter verwundern, dass diesen Sommer plötzlich jede Menge sogenannter Ankle Chains in den Kollektionen vieler Labels aufgetaucht sind. Die „InStyle” schreibt dazu: „Wer als Teenager gern Fußkettchen getragen hat, kommt jetzt wieder auf seine Kosten. 2020 sind die Schmuckstücke nämlich fester Bestandteil von Heels, Ballerinas und Co. und sorgen für Bling Bling an unseren Knöcheln”.
„Bling Bling an unseren Knöcheln“
Bei Proenza Schouler sind die Sandalen mit einem dünnen goldenen Kettchen aufgehübscht. Auch bei Topshop, Oscar de la Renta, Porte & Paire oder Tibi gibt es Sandalen mit Zierkette. Bei der Marke Alichimia di Ballin sind die Satin-Sandalen mit Strasskettchen aufgewertet. JW Anderson hat goldene Espadrilles mit einem perlenbestückten Kettchen verziert. Prabal Gurung offeriert eine entsprechende Pumps-Variante mit Goldgliedern. Noch auffälliger und breiter die güldene Zierat bei Zimmermann. Slingback-Pumps mit breiten Ketten hat Ellery in seinem Sortiment. Hauchfein hingegen ist die Schmuckkette bei den Slingbacks von Far. Kittenheel-Pumps aus Veloursleder mit Chains hat Tabitha Simmons entworfen, auch Charles & Keith haben Kittenheels mit Goldkettchen im Programm.
Flache Sommerschuhe mit Kette, gewissermaßen Anklet Flats, kann frau von Stella McCartney erwerben. Wenn es absatzmäßig himmelhoch gehen soll, ist das Label Raye eine gute Wahl. Und wer lieber auf dicken Plateausohlen steht, wird die Kettenversion von Simone Rocha lieben.
Obwohl die neuen Ankle Chains dem traditionellen Knöchelschmuck diesen Sommer etwas die Schau stehlen, gibt es natürlich auch diese Saison wieder jede Menge Fußkettchen in den Designer-Kollektionen. Gucci fällt mal wieder ziemlich aus dem Rahmen, da Alessandro Michele eine an eine elektronische Fußfessel erinnernde Variante entworfen hat, die aber immerhin den Vorteil hat, dass sie dank spezieller Fächer für das Mitführen von Lippenstiften geeignet ist. Elegante und feine Fußkettchen aus Gold gibt es dagegen von Labels wie Oscar de la Renta, Versace oder Coach. Nicht unbedingt geeignet zum Tragen beim Strandvergnügen. Im Vergleich zum Vorjahr scheint der Hype um die Anklets, die vor allem durch Instagram-Lieblinge wie Pernille Teisbaek oder Star-Bloggerin Leandra Medine Cohen gepusht worden waren, allerdings etwas nachgelassen zu haben. 2019 war das Comeback der Fußkettchen in so ziemlich allen Medien geradezu frenetisch gefeiert worden, stets mit Hinweis auf die 90er-Jahre, als angeblich so gut wie jede Frau diesen Knöchelschmuck getragen hatte – was uns damals allerdings nicht weiter aufgefallen war.
Allerdings hatte die deutsche „Vogue” darauf hingewiesen, dass sich Aussehen und Qualität der Kettchen doch grundlegend gewandelt haben: „Während man früher im Sommerurlaub an Marktständen bunte, selbstgemachte Exemplare aus Perlen, Muscheln oder bunten Steinchen als Andenken kaufte, sind die Modelle, die jetzt im Trend liegen, aus hochwertigen Materialien gefertigt und besitzen eher Luxus- als Hippie-Appeal.” Im Sommer 2019 gab es entsprechende Fußkettchen von Marken wie Stella McCartney, Jil Sander oder Marni. Laut „Vogue” sollen diese Schmuckstücke sogar bürotauglich sein und sich zu allen möglichen Schuhsorten kombinieren lassen. Aber die „Vogue” gab auch den Rat: Je geschlossener der Schuh gearbeitet ist, desto dezenter sollte der Knöchelschmuck gehalten werden: „Bei filigranen Modellen fallen hingegen auch breite Exemplare oder mehrere zusammen getragene Fußkettchen nicht weiter ins Gewicht.” Abseits von Strand und Meer sollten im Alltag eher schlichte Versionen aus edlen Materialien bevorzugt werden. Wilde Farben oder eine Klimbim-Überdosis sollten vermieden werden, weil dadurch das ohnehin schon verspielte Schmuckstück leicht ins Kindliche abdriften könne.
Edle Materialien haben den Vorzug
Ein No-Go ist das Tragen von Fußkettchen zu Schnürschuhen wie den Gladiatoren-Sandalen. Und wer sich nicht lächerlich machen möchte, sollte unbedingt auf verspielte Anhängerdetails wie Herzen, Teddys oder Smileys verzichten. „Jeglicher Figuren-Klimbim”, so in einer „Welt”-Stilkritik nachzulesen, „ist zu viel der Niedlichkeit“.
Nun bleibt nur noch die Frage zu klären, warum Anklets überhaupt wieder ein angesagtes Schmuck-Accessoire werden konnten. Trotz Promi-Ladys wie Nicole Kidman oder Naomi Campbell, die auch Anfang der Nullerjahre die Kettchen noch rund um die Knöchel trugen, wurden „Fußkettchen”, so eine „Welt”-Stilkolumne aus jener Zeit, „reflexhaft dem klischeeverminten Reich der Blondinen, Frisösen und Nagelstudiobesitzerinnen zugeordnet”. Und vielleicht auch noch spirituelle Erleuchtung in asiatischen Ländern suchenden Selbstfindungsreisenden auf den Spuren der Hippies. Die „Süddeutsche Zeitung” hatte die Anklets mal als etwas für „Träumerinnen” deklariert, „kleine romantische Fluchten für die alltagsleidgeprüfte Großstädterin”. Dennoch hat es rund 20 Jahre gedauert, bis sie wieder trendig werden konnten, obwohl es während der beiden Dekaden immer wieder Berichte über ein vermeintlich großes Comeback gegeben hatte. So hatte beispielsweise das People-Magazin „Bunte” 2015 geschrieben: „Die Sommermonate geben den Beinen ihre Freiheit zurück. Die beste Möglichkeit dies gebührend zu feiern: Fußkettchen!” Und drei Jahre später stimmte das Frauenmagazin „Cosmopolitan” in den Jubelchor mit ein: „Sie sind zurück! Fußkettchen! Ja, wir konnten es erst auch nicht glauben, aber spätestens seit diesem Sommer ist es offiziell: Fußkettchen sind wieder hot. Unsere liebsten Instagram-Girls machen es uns schon vor.”
Die Vorliebe für diesen Knöchelschmuck ist übrigens schon uralt. Frühe Funde belegen, dass schon die Sumerer-Damen im Mesopotamien des dritten vorchristlichen Jahrtausends solchen Schmuck getragen hatten. Und dass später auch die wohlhabenden Ägypterinnen ein Faible für diese Fußzierde hatten, die bis heute vor allem auf dem indischen Subkontinent hoch im Kurs steht. In den USA wurden die Fußkettchen in den 50er-Jahren populär, als Boby Sockerinnen die Teile trugen, um alle Blicke auf ihre weißen, gerade mal knöchellangen Strümpfe zu lenken. Wenig später wurden sie dann von den Hippies oder auch von Pop-Groupies wie Anita Pallenberg adaptiert.