Krisenerprobt sind die saarländischen Kommunen. Die Pandemie und ihre Folgen sind für Städte und Gemeinden aber eine neue Dimension an Herausforderung. Ohne Hilfen ist das nicht zu schaffen.
Vom Licht am Ende des Tunnels kann derzeit nicht die Rede sein. Dabei schien sich nach harten Jahren unter Sparzwang endlich wieder ein Stück Bewegungs- und Handlungsspielraum für die Städte und Gemeinden aufzutun. Mit dem Saarland-Pakt hatte die Landesregierung das finanziell größte Projekt zugunsten der Kommunen auf den Weg gebracht. Gleichzeitig hatte die Große Koalition ein Jahrzehnt der Investitionen im Saarland ausgerufen. Selbst im Bund schien etwas in Bewegung zu kommen in Sachen Altlastenlösung.
Öffnung mit unklaren Risiken
Corona stellt jetzt Vieles in Frage. Die Zahlen der Mai-Steuerschätzung sind ernüchternd bis erschreckend. Demnach müssen sich die Kommunen im Land auf Mindereinnahmen von 165 Millionen Euro in diesem und weiteren 90 Millionen Euro im kommenden Jahr gefasst machen. In allen Rathäusern wird derzeit fieberhaft gerechnet. Die Steuermindereinnahmen sind das eine, das andere sind erwartbare Mehrausgaben. Steigende Sozialausgaben sind logische Konsequenz der wirtschaftlichen Entwicklung durch die Pandemie, gleichzeitig werden unverhoffte Mehrausgaben durch notwendige Investitionen, die die neue Lebenssituation erfordern – etwa Hygienemaßnahmen –
zu Buche schlagen. Dazu kommen Auswirkungen auf die städtischen Unternehmen. Einnahmerückgänge sind besonders dramatisch bei den Verkehrsbetrieben. Die Insolvenz des Calypso-Spaßbad-Betreibers in Saarbrücken steht als Beispiel für die Folgen des Einnahmeausfalls während des Lockdowns quer durch alle Lebensbereiche. Dass inzwischen viele Bereiche wieder zumindest eingeschränkt ins Laufen kommen, kann nicht über die Folgen hinwegtäuschen, die noch mittel- und womöglich längerfristig nachwirken.
Dabei stehen Rathaus-Chefs quer durchs Land vor verantwortungsvollen Entscheidungen, für die es weder die inzwischen vielzitierte Blaupause noch wirklich verlässliche Grundlagen gibt. Jede Öffnung, jeder weitere Schritt ist begleitet vom Bestreben, Infektionsrisiken so gering wie möglich zu halten, gleichzeitig überschattet von der ernsten Warnung vor einer zweiten Infektionswelle mit nicht abschätzbaren Risiken und Folgen. Allein auf rasche Erfolge bei der Entwicklung von Impfstoffen zu setzen, ist aber auch keine Alternative.
In den groben Zügen sind die Situationen in den Kommunen sehr vergleichbar, wie die FORUM-Interviews quer durchs Land belegen. Schließen war einfacher als die schrittweisen Öffnungen, so die weitgehend übereinstimmende Beschreibung der aktuellen Situation. Eine Grunderfahrung zieht sich dabei durch: Die bislang eher zaghaft betriebene Digitalisierung, von Verwaltung bis Schulen, hat einen enormen Schub erfahren, der auch nicht wieder rückgängig zu machen ist. Vergleichbar sind aber auch die positiven sozialen Erfahrungen in der Krise. Rathaus-Chefs verweisen durch die Bank auf die enorme Leistung, binnen Tagen jeden Saarländer, jede Saarländerin mit Schutzmasken versorgt zu haben, pünktlich zum Beginn der Schutzmaskenpflicht im weiten Teilen des öffentlichen Lebens. Das Beispiel zeigt einerseits die enorme Hilfsbereitschaft vom ersten Krisentag an, gleichzeitig aber auch die Leistungsfähigkeit der Kommunen in außergewöhnlichen Situationen.
Folgen werden länger wirken
Entscheidend dafür ist das schon sprichwörtlich hohe soziale Engagement der Menschen im Saarland, gestützt auf eine breite Vereinsbasis. Wobei die Vereine die Krise nicht nur während des Lockdowns schmerzlich spüren mussten. In den nächsten Monaten werden traditionelle Sommerfeste den Pandemiefolgen zum Opfer fallen. Der Verlust beziehungsweise die Einschränkung des Vereinslebens setzen sich teilweise fort, dazu kommen die dann fehlenden Einnahmen, die für die meisten Vereine ein fester Posten der Finanzkalkulation sind. Bei aller kreativen Fantasie werden auch in diesem Bereich die Dinge deutlich schwieriger.
Dass saarländische Kommunen nicht krisenerprobt wären, wird niemand ernsthaft behaupten wollen. So nehmen sie auch jetzt die Herausforderungen an, sehen an allen Ecken und Enden, was sie stemmen können. Klar ist aber auch angesichts der Dimension der Pandemiefolgen: Aus eigener Kraft allein ist das nicht zu stemmen. Pläne von Bundesfinanzminister Olaf Scholz zu einem Schutzschirm für Kommunen (samt Konzept für die Altlasten) trifft daher auf Beifall – wissend, dass es auch einflussreiche Gegner solcher Pläne gibt. Die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) unterstützt einen Brandbrief von Kommunen und mahnt: „Parteipolitischer Widerstand dagegen ist komplett unverständlich und an der Lebenswirklichkeit vorbei.“
Wer in der Politik davon redet, beim „Wiederaufbau die Menschen mitzunehmen“, muss dem für die kommunale Ebene Rechnung tragen. Dort werden die sozialen Folgen getragen, dort können aber Investitionen Zukunft zeigen.