In der Landeshauptstadt Saarbrücken spielt sich vieles wie im Brennglas ab. Das gilt erst recht zu Corona-Zeiten. Bürgermeisterin Barbara Meyer-Gluche über Künstler, Krisenstab und Gastronomie.
Frau Meyer-Gluche, die Corona-Pandemie stellt unsere Hauptstadt vor eine gigantische Herausforderung, vor allem den Gastro-Bereich, von dem Saarbrücken mit am meisten profitiert. Deshalb wird in Saarlouis beispielweise auf die Gebühren bei der Außenbestuhlung verzichtet. Ist auch für Saarbrücken etwas Vergleichbares geplant worden?
Die Corona-Krise hat dramatische Auswirkungen auf die Wirtschaft. Aus kommunaler Sicht sind die Möglichkeiten hier begrenzt. Wir haben beispielsweise schon ganz frühzeitig eine Plattform eingerichtet, auf der die Saarbrücker Gastronomen beispielsweise auf ihre Lieferdienste hinweisen konnten. Zudem weisen wir auf die Unterstützungsangebote von Bund und Ländern hin, können Steuerforderungen stunden. Wir wollen, dass die Menschen über diese sehr, sehr schwierige Zeit kommen können, damit Saarbrücken auch nach der Pandemie mit einem guten Gastronomieangebot auftrumpfen kann, wofür es auch bekannt ist. Gerade haben wir auch verwaltungsintern etwas erarbeitet, wie mit den Regelungen bei der Außenbestuhlung beispielsweise umgegangen werden soll. Damit muss sich der Stadtrat voraussichtlich in diesen Tagen befassen.
Und wie sieht es mit der Kultur-Szene aus? Gibt es auch für unsere lokalen Künstler ein Notfallprogramm?
Wir haben Mittel für die Förderung der freien Szene im Haushalt eingeplant. Gerade wird auch im Kulturdezernat an einem solchen Konzept gearbeitet, wie diese Förderung in der Corona-Pandemie aussehen kann. Als Vorlage für diese verwaltungsinterne Arbeit dient eine Umfrage, die unter den Kulturschaffenden gemacht wurde. In diesem Rahmen wurden die Künstler unter anderem auch befragt, was sie beispielweise von der Kommune erwarten. Das werten wir gerade aus.
Und wie sieht es in unserer
Hauptstadt künftig mit solchen Freizeitgestaltungen wie beispielweise Flohmärkten aus? Können auch solche Veranstaltungen auf die Unterstützung seitens der Stadt hoffen?
Das kann ich leider gar nicht sagen, weil ich auch nicht weiß, wann diese Art von Veranstaltungen wieder möglich sein wird.
Also fallen solche Entscheidungen mit den Lockerungen?
Wir haben seit Anfang März einen Krisenstab in der Landeshauptstadt etabliert, der sich damit beschäftigt. Anfangs lag der Fokus auf der Gesundheitslage, den notwendigen Umstellungen in der Verwaltung und den Pandemie-Plänen. Jetzt sind wir dabei, diesem Krisenstab eine neue Ausrichtung zu geben, mit Blick auf diese Themen, die in der Folge zu bearbeiten sind. Das heißt: Wie können wir das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Leben von Saarbrücken in dieser Pandemie-Zeit aufrechterhalten? Und daran arbeitet momentan unser Krisenstab 2.0.
Das Saarbrücker Stadion wird weiterhin gebaut. Doch wie sieht es mit anderen Investitionen aus? Stehen dafür vielleicht andere kleinere Sanierungsprojekte auf der Kippe?
Wir stehen gerade vor einer Situation, in der wir die Auswirkungen der Krise nur vermuten, allerdings nicht absehen können. Insofern stellt sich auch die Frage, was mit unserem Haushalt 2020 passiert, den der Rat vor der Corona-Krise verabschiedet hat, der aber bei der Kommunalaufsicht nach wie vor zur Genehmigung ansteht. Es wäre aus meiner Sicht ein falsches Signal, in dieser Krise auf Investitionen zu verzichten. Weil wir gerade jetzt die Investitionen der öffentlichen Hand brauchen –
auch um das wirtschaftliche Wachstum anzukurbeln.
Aber das zunächst geplante Budget ist ja geschrumpft …
Das stimmt. Wir wissen, dass sich die Einnahmensituation in diesem Haushalt gegenüber dem Plan massiv verschlechtern wird. Bei der Gewerbesteuer beispielsweise erwarten wir schon im laufenden Jahr massive Einbrüche sowie auch bei anderen Steuerarten, sodass wir davon ausgehen können, dass wir schon im laufenden Jahr auf ein Defizit hinauslaufen werden, das wir dann in den kommenden Jahren zusätzlich tilgen müssen. Daher müssen wir schon jetzt – in diesem laufenden Jahr – sicherstellen, dass wir auch Einsparmöglichkeiten nutzen, um dieses Defizit auch so gering wie möglich zu halten. Daher werden wir natürlich auch sehen müssen, welche Ausgaben im Haushalt nicht dringend notwendig sind und gegebenenfalls eingespart werden können. Hier erwarten wir aber auch von Land und Bund eine Unterstützung. Weil klar ist, dass diese kurzfristigen Einsparmöglichkeiten gering sind und die Kommune diese massiven Verluste – sowohl bei den Einnahmen, was die Steuern angeht, aber auch bei den Einnahmen, was unsere Betriebe angeht – auf gar keinen Fall selbst auffangen kann. Künftig werden wir es beispielweise mit viel höheren Sozialausgaben zu tun haben. Das sind alles Punkte, in denen Bund und Land jetzt eine kommunale Finanzkrise abwenden müssen. Das heißt, dass wir dringend eine Lösung für diese coronabedingten Defizite brauchen, sodass wir als Kommune nicht komplett in unserer Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden.
Gibt’s vielleicht jetzt schon Ideen, wo man einsparen könnte?
Wir haben momentan eine Umfrage in der Kernverwaltung gemacht sowie auch bei unseren Betrieben und unseren Beteiligungen, was an Mehrausgaben und Mindereinnahmen im laufenden Jahr erwartet wird, um überhaupt eine Einschätzung darüber zu bekommen, mit was für einem Defizit wir es zu tun haben werden. Im zweiten Schritt wird es darum gehen, in Abstimmung mit den Ämtern herauszufinden, wo mögliche Einsparungen erzielt werden können. Aber da gibt es noch keine konkreten abgestimmten Vorschläge, die auf dem Tisch liegen. Das wird noch kommen müssen.
Die Corona-Krise hatte aber auch etwas Gutes, so wie etwa den digitalen Schub, den Saarbrücken in diesem Rahmen erfahren hat …
Ja das stimmt. Was die Krise definitiv vorangetrieben hat, war die Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung. Vieles, was früher noch nicht gegangen ist, wurde auf einmal durch diese Krise möglich. Das heißt wir haben in Saarbrücken in kürzester Zeit die Mitarbeiter beispielsweise so schnell wie möglich ins Homeoffice geschickt, wir haben alles auf Video- und Telefonkonferenzen umgestellt. Deswegen kann man das auch wirklich so sagen: Wenn diese Krise etwas Gutes gebracht hat, dann war das die Digitalisierung.
Und wie sieht es mit dem Klimaschutz aus? Ist dieses Thema erst einmal in den Hintergrund gerückt?
Auf gar keinen Fall! Das wäre meiner Meinung nach ein ganz falsches Signal, durch die Corona-Krise die Klimakrise in den Hintergrund treten zu lassen. Schließlich kann gegen die Klimakrise kein Impfstoff entwickelt werden. Deshalb müssen auch alle Ebenen – Bund, Länder und auch die Kommunen – an einem Strang ziehen. Das betrifft vor allem die Städte, weil sie für über 70 Prozent des CO₂-Ausstoßes verantwortlich sind. Somit sind sie auch der Dreh- und Angelpunkt, wenn es darum geht, Klimaschutz zu betreiben. Deshalb steht dieses Thema auch weiterhin ganz oben auf der Agenda. Anfang April haben auch zwei neue Klimaschutz-Manager ihren Dienst angetreten, die jetzt ein Klimaschutzkonzept mit konkreten Klimazielen für die Stadt erarbeiten, damit auch Saarbrücken seiner Verantwortung gerecht wird.