Mit etwas Glück können Wanderer im Naturschutzgebiet Planetal in Brandenburg einen der schönsten Bewohner entdecken.
Majestätisch ragt der Kopf des Bergmolchs aus hohem, blühendem Gras. Kleine Kulleraugen blicken aufmerksam in die Ferne. Mit seinem feinen schwarzgelblichen Rückenkamm, blau marmorierten Flanken und orangenfarbenem Bauch ist er unter den Amphibienarten eine kleine Schönheit. Im Naturparkzentrum Raben sind es Fotos, die das scheue Tier zeigen. Mit etwas Glück findet man ihn auf einer Wanderung im Westen Brandenburgs im Naturschutzgebiet Planetal, das die Orte Raben und Rädigke verbindet. Unter den Riesensteinen, im toten Holz oder in den feuchten Wiesen kann er sich gut tarnen.
Von Anfang März an kontrollieren die Mitarbeiter des Naturparkvereins das Außenthermometer häufiger als zu anderen Jahreszeiten. Die Naturschützer warten auf die Vorfrühlingsnächte und darauf, dass die Bergmolche aus ihrer Winterstarre erwachen. Sobald die Luft fünf Grad warm ist, krabbeln die Bergmolche aus ihrem Erdversteck. „Sie werden von der Sonne wachgeküsst", sagen die Naturschützer. Sie sammeln sich und kriechen bis zu drei Kilometer zu Tümpel, Teich oder See, in dem sie sich selbst einmal vom Ei über das Larvenstadium als Molch entwickelt haben, und die die Erinnerung sie zu finden gelehrt hat. Die winzigen Finger an den Füßen sind gespreizt. Sie tasten den Boden ab und suchen Würmer und Insekten. Bis in den Mai sind die Winzlinge unterwegs. Dann kriechen sie langsam wieder in ihr Revier zurück und rasten am Tümpel oder in feuchten Wiesen.
Ein Gasthof mit einem kleinen Museum
Die Besucher kommen in den Naturpark und wollen den kleinen Lebewesen ganz nah sein. Sie hören, wie der Specht seinen spitzen Schnabel mit voller Wucht gegen den Baumstamm klopft, sehen die Kraniche über die Äcker fliegen. Sie sehen, wie die großen Vögel Halme aus dem Boden reißen oder Späne aus dem Baum zupfen und in die Luft werfen. Sie wollen das Quakkonzert balzender Frösche hören, das Singen der Unken, das Trillern der Wechselkröten, deren Konzert sich bis in den Abend hinzieht. Nachts hören sie die Eulen rufen. Manchmal sieht man durch das Blätterdach die Burg Rabenstein. Von Weitem wacht sie, auf dem 153 Meter hoch gelegenen Steilen Hagen über das Geschehen. Wenn man sich für Greifvögel interessiert, kann man in der Burg einen Zwischenstopp einlegen, auf den Bergfried klettern oder sich eine Flugshow aus der Falknerei ansehen. Doch Naturfreunde, die den zum Teil exotisch anmutenden Wald ansehen möchten, erkunden den Bergmolchwanderweg, der über 15 Kilometer von Raben über Rädigke, durchs Planetal zur Quelle führt. Man geht zwischen hohen Bäumen, geht weiter, und da sind sie: die vielen Tümpel, inmitten von Wäldern. Es huschelt und wuschelt unter den Bäumen, sobald Molche und Kröten wandern. Sobald der Giebel eines Hauses oder der Zipfel eines Kirchturms in die Höhe ragt, dann ist man in Rädigke, einem Rundlingsdorf mit Teich, Feldsteinkirche und Mufflongehege, angekommen. Im 350 Jahre alten „Gasthof Moritz", der in elfter Generation von der Familie Moritz bewirtschaftet wird, kann man sich stärken. Zum Gasthof gehört ein kleines Museum, das historische Gerätschaften von der Hungerharke über Dreschflegel, Pökelwanne, Karrenpflug und Ochsenkummet bis hin zur Schrotmühle zeigt. Hier stehen Zimmer zum Übernachten bereit. Und jede Menge Bücher. „Erster Bibliotheksgasthof Deutschlands" nennt sich der Vierseitenhof. Da kann man bleiben, falls es mal so kräftig regnet, dass selbst der Bergmolch eine Ruhepause unter einem der riesigen Steinhaufen einlegt. Von Rädigke ist es nur ein kurzer Weg bis zum Waldrand, wo ein Bach vor sich hinplätschert. Forellen soll es hier geben. In der Abgeschiedenheit entstanden Blütenmeere von Buschwindröschen und Orchideen. Wer auf der Tour durch das Planetal noch nicht das scheue Tier zu Gesicht bekommen hat, wird in der Alten Badeanstalt am Ortsausgang Raben Glück haben. Das ehemalige Badebecken, so groß wie ein Tennisplatz, das jahrelang auch als Feuerlöschteich diente, wurde vor Jahren zum Tummelplatz für Molche und Kröten ausgebaut. Die schönsten sind die Bergmolche, die sich seit über zehn Jahren das Becken mit den etwas kleineren Kamm- oder Teichmolchen teilen. Manch einer der kleinen Kerle landet im Kescher, wird im Lupenglas von Hand zu Hand gereicht und vorsichtig wieder ins Wasser gesetzt. Spätestens hier werden die Leute, die Molche für unscheinbare Wesen halten, sagen: „Oh, wie süß." Während sie die kleinen Augen betrachten, die Zehen zählen, erklären Naturwächter die Amphibienarten. Sie erinnern daran, dass Bergmolche geschützte Tiere sind und nicht aus der Wildbahn entnommen werden dürfen. Wer sich einen Gartenteich anlegt, hat eventuell das Glück, auch „freiwillig" Molche zu bekommen. Keinesfalls sollte man Molche fangen und in ein Terrarium setzen. Diese würden sich nicht vermehren. Zudem brauchen sie eine Winterruhe, wie alle einheimischen wechselwarmen Tiere, um in Paarungsstimmung zu kommen.
In dem Park erlebt man eine noch intakte Natur
In den letzten zwei Jahren kamen 22.000 Besucher in den Naturpark, weil sie die intakte Natur erleben möchten, sagt Katja Draeger von der Besucherbetreuung. Es gibt interessante Aussichtspunkte und gemütliche Rastplätze. Sobald der Bergmolch sich Ende Mai wieder zurückzieht, dann sieht man ihn kaum noch. Mit dem Fernglas allerdings kann man den Schillerfalter, den Gartenrotschwanz oder die Wasseramsel beobachten.