Zwischen Action-Blockbuster und historischer Literaturverfilmung: Keira Knightley bewegt sich sicher in einer Reihe von Genres bei ihrer Rollenauswahl. Und zeigt, was sich mit Mut erreichen lässt.
Starke Frauen – das dürfte der Begriff sein, unter dem sich die verschiedenen Charaktere, die Keira Knightley im Lauf ihrer Karriere verkörpert hat, am besten zusammenfassen lassen. Sei es die Fußballerin Jules in „Kick It Like Beckham", Elizabeth Swann in „Fluch der Karibik", Elizabeth „Lizzie" Bennet in der Shakespeare-Verfilmung „Stolz und Vorurteil" oder die Kryptoanalytikerin Joan Clarke in „The Imitation Game" – so unterschiedlich die Genres, so ähnlich sind sich die Protagonistinnen in ihrem Streben nach Selbstbestimmung.
Aber der Reihe nach: Bevor Keira Knightley die Hauptrollen in großen Filmen bekam, spielte sie in einer Reihe von Kurzfilmen mit und übernahm Nebenrollen. Die waren mitunter sehr klein. So spielt sie in „Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung" von 1999 eine Dienerin der von Natalie Portman dargestellten Königin Amidala.
Man darf annehmen, dass Knightley in den Anfangsjahren ihrer Karriere froh war, wenn ihr größere Rollen angeboten wurden. 2001 übernahm sie die Hauptrolle in dem Fernsehfilm „Gwyn – Prinzessin der Diebe". Sie verkörpert hier die Tochter Robin Hoods, die um ihren gefangen genommenen Vater kämpfen muss. Eine starke Frau, gar keine Frage, auch wenn der Film eher belanglos ist.
Im gleichen Jahr spielte Knightley in dem Mystery-Horror-Film „The Hole" eine Schülerin, die zusammen mit drei weiteren Jugendlichen in einem alten unterirdischen Bunker feiern will. Als die vier Schüler wieder ans Tageslicht wollen, merken sie, dass der Ausgang des Bunkers verschlossen ist. In der Folge entwickeln sich unter ihnen Spannungen mit teils tödlichem Ausgang. Keira Knightleys Figur könnte – so sagte sie es einmal in einem Interview – später zum It-Girl werden, gleichzeitig ist sie aber an Bulimie erkrankt. Es habe ihr Spaß gemacht, diese Rolle zu spielen, sagte Knightley. Der Film ist von einer düsteren, bedrohlichen Atmosphäre geprägt, die teils sehr emotionalen Szenen stellten die Schauspieler vor große Herausforderungen.
„Kick It Like Beckham" brachte sie ins Rampenlicht
„Kick It Like Beckham", der Überraschungserfolg der indischstämmigen Regisseurin Gurinder Chadha aus dem Jahr 2002 war es dann, der Keira Knightley ins Rampenlicht und auf die vorderen Plätze der Besetzungslisten brachte. In dem Film geht es um Jess (Parminder Nagra), eine junge Frau, die aus einer in Großbritannien lebenden Familie mit indischen Wurzeln stammt und sich gegen die Wünsche ihrer traditionsbewussten Eltern auflehnt. Sie freundet sich mit der etwa gleichaltrigen Jules, dargestellt von Keira Knightley, an, die im Verein Fußball spielt. Jules holt Jess ins Team, und schnell wird die talentierte Jess zur wichtigsten Spielerin. Natürlich sehen es Jess‘ Eltern nicht gern, dass ihre Tochter einer vermeintlichen Männersportart nachgeht – unausweichlich ist der Konflikt mit ihnen. Doch auch die Freundschaft zwischen Jess und Jules wird auf eine harte Probe gestellt.
Mit „Kick It Like Beckham" hatte die Regisseurin offenbar einen Nerv getroffen. Der Film erhielt eine ganze Reihe von Preisen. Und in der Folgezeit konnte sich Keira Knightley, die zum Zeitpunkt der Premiere 17 Jahre alt war, ihre Rollen aussuchen. Das dürfte sie mit Bedacht getan haben.
Ebenfalls 2002 kam die Literaturverfilmung „Doktor Schiwago" in die Kinos, in der Knightley eine der weiblichen Hauptrollen spielte: Lara, die neben der Titelrolle eine der wichtigsten Figuren des Films ist. Mit der Rolle bewies Knightey, dass ihr Literaturverfilmungen und anspruchsvolle historische Stoffe liegen; was sie im Laufe der kommenden Jahre noch öfter zeigen sollte.
Das bei weitem größte Publikum hatte Keira Knightley allerdings als Elizabeth Swann in der „Fluch der Karibik"-Reihe, deren erster Teil im Jahr 2003 in die Kinos kam. Spätestens mit dieser Rolle wurde klar, dass Knightley keine Angst vor Mainstream-Filmen hat. Als Tochter des Gouverneurs der Insel Port Royal treibt sie gemeinsam mit Johnny Depp und Orlando Bloom die Geschichte um ein Schiff voller untoter Piraten und einen verfluchten Schatz voran.
Nach „Fluch der Karibik" hatte Keira Knightley die – zumindest von der Zahl der Filme her gesehen – produktiv-ste Phase ihrer Karriere. Ebenfalls 2003 kam der Episodenfilm „Tatsächlich… Liebe" heraus, in dem sie mitspielt. Es folgte eine Reihe unterschiedlichster Genres, unter anderem der undurchsichtige, schwer einem Genre zuzuordnende Film „The Jacket" aus dem Jahr 2005, in dem es um die Fantasien eines Veteranen des Irakkriegs geht. Ebenfalls 2005 kam der Actionfilm „Domino" des britischen Regisseurs Tony Scott heraus, in dem Knightley ein ehemaliges Model spielt, das in den Raub von zehn Millionen Dollar verwickelt ist. In dem komplex angelegten Film geht die Kontrolle über den Coup mehr und mehr verloren, und es ist schwer nachzuvollziehen, wer am Ende welche Interessen verfolgt.
Anfang der 2000er: Vorliebe für historische Stoffe
Während dieser Zeit kam aber auch Knightleys offensichtliche Vorliebe für historische Stoffe und für Literaturverfilmungen zum Ausdruck. Sie übernahm eine Rolle in dem 2004 herausgekommenen Film „King Arthur" und die Hauptrolle in der 2005er-Verfilmung des Shakespeare-Stücks „Stolz und Vorurteil" von Joe Wright.
In den Jahren 2006 und 2007 kamen der zweite und der dritte Teil der „Fluch der Karibik"-Reihe in die Kinos, wieder mit Keira Knightley als Elizabeth Swann. Offenbar hatte die Schauspielerin damit erst einmal genug von dem absoluten Mainstream-Kino, im 2011 erschienenen vierten Teil spielt sie überhaupt nicht mit.
Eine Charakterrolle übernahm Knightley in dem Film „Abbitte" aus dem Jahr 2007. Sie spielt eine junge Frau, deren große Liebe in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg durch eine Intrige ihrer Schwester zerstört wird. 2008 übernimmt sie die Hauptrolle in „Die Herzogin", einem weiteren Historienfilm. In den Folgejahren spielt Keira Knightley in einer ganzen Reihe von Filmen mit. Viele davon haben einen historischen Hintergrund.
Bemerkenswert ist der 2012er-Film „Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt". Vor der Kulisse eines in wenigen Wochen erwarteten Weltuntergangs zeigt der Film das Verhalten der Menschen. Keira Knightley ist in der Rolle der jungen Penny zu sehen, die mit Entscheidungen hadert, die sie getroffen hat, und gemeinsam mit einem von Steve Carell dargestellten Mann versucht, in der allmählich aus den Fugen geratenen Welt noch einige Dinge in Ordnung zu bringen.
Im Jahr 2014 spielte Keira Knightley die Hauptrolle in dem Coming-of-Age-Film „Grow Up!? – Erwachsen werd’ ich später". Megan, eine Frau, die auf die 30 zugeht, schließt Freundschaft mit einer Gruppe Teenager. Und lernt im Laufe des Films, dass sie dann doch älter geworden ist, als sie gedacht hat.
In dem Kriegsfilm „The Imitation Game", ebenfalls aus dem Jahr 2014, spielt sie wieder einmal eine historische Persönlichkeit, die zugleich eine starke Frau war: Joan Clarke, die während des Zweiten Weltkriegs im Team von Alan Turing (Benedict Cumberbatch) als Kryptoanalytikerin an der Entschlüsselung der deutschen Chiffriermaschine Enigma arbeitet. Dabei kämpft sie nicht nur gegen die Nazis, sondern auch gegen die Vorurteile im Team gegen eine Frau und gegen die Moralvorstellung ihrer Eltern. Sie wird die Verlobte des eigentlich homosexuellen Turing – und bleibt nach dessen Eingeständnis ihm gegenüber eine lebenslange Freundin.
Kann schon auf eine 20-jährige Karriere zurückblicken
„The Imitation Game" brachte Keira Knightley eine Nominierung für den Oscar als Beste Nebendarstellerin ein. Nach diesem Höhepunkt ihrer Karriere hielt sie sich interessanterweise für ein paar Jahre etwas zurück – vielleicht auch, weil sie auf die Rollen wartete, die ihr wirklich wichtig waren. So spielte sie in dem 2015er-Film „Everest" nur eine Nebenrolle als Ehefrau eines Bergsteigers, der kurz vor dem Tod steht. Auch in „Pirates of the Caribbean: Salazars Rache", dem fünften Teil der Reihe, der 2017 herauskam, hatte sie nur einen kurzen Auftritt.
Im Jahr 2018 kam dann der Film „Colette" in die Kinos, in dem Keira Knightley die Titelrolle spielt. Wieder einmal bewies sie damit ihre Neigung zu historischen Stoffen. Der Film erzählt die Lebensgeschichte der im Jahr 1873 geborenen französischen Schriftstellerin Colette. Wieder einmal spielt Knightley eine Frau, die sich behaupten muss: Gegen ihren Ehemann, der ihre Werke unter seinem Namen veröffentlichte und gegen die Vorstellungen einer Gesellschaft, die eine Frau am ehesten als Anhängsel ihres Mannes sah. Knightley spielt eine Frau, die trotz des Drucks mit den Normen ihrer Zeit bricht – auch mit den sexuellen Moralvorstellungen. Der Film erzählt die Geschichte Colettes allerdings nur bis zu dem Punkt, an dem sie den Schritt in die Eigenständigkeit schafft. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurde sie zur Legende – und bekam nach ihrem Tod 1954 als erste Frau in Frankreich ein Staatsbegräbnis.
Als von Gewissensbissen geplagte Geheimdienstlerin in „Official Secrets" übernahm Keira Knightley 2019 die Hauptrolle in einem sehr engagierten Film. In dem unter Regie von Gavin Hood entstandenen Politthriller muss sich die Hauptfigur Katharine Gun zwischen der Verpflichtung zur Geheimhaltung eines brisanten Dokuments und der moralischen Verpflichtung, illegales staatliches Verhalten in Zusammenhang mit dem Irakkrieg öffentlich zu machen, entscheiden. Eine wahre Geschichte, die für erhebliches Aufsehen und heftige politische Verstimmungen sorgte.
In diesem März ist Keira Knightley 35 Jahre alt geworden. Seit ihrem ersten Auftritt in einem Film vor mehr als 20 Jahren hat sie eine bemerkenswerte Karriere hingelegt. Nach wie vor spielt die Schauspielerin starke Frauen, gern auch in historischem Kontext. Mit der Zeit sind die Rollen ernsthafter geworden, was wohl auch daran liegt, dass Knightley bei der Auswahl offensichtlich wählerischer geworden zu sein scheint. Der Qualität der Filme und ihrer schauspielerischen Leistung hat das gutgetan. Hoffen wir, dass es dabei bleibt.