Weil ihm in der Corona-Krise alle Events wegbrachen, entschloss sich Uwe Zimmer, in der „Luminanz" im Quartier Eurobahnhof ein Pop-up-Restaurant aufzuziehen. Also eine Lokalität, die es nur für einen gewissen Zeitraum geben wird. Ein Besuch, der sich lohnt.
Es ist alles anders geworden in der Gastronomie, Corona hat die Welt der Küchen auf den Kopf gestellt. Was jahrelang hervorragend lief, brach plötzlich weg. Auch jetzt noch, nach der Wiedereröffnung. Menschen haben Angst, viele gehen noch immer nicht auswärts essen. Am härtesten trifft die Krise Gastronomen, die Feiern organisieren. Hier wurde für das laufende Jahr bereits nahezu alles abgesagt.
Uwe Zimmer ist einer der betroffenen Wirte. Er beschloss nach einiger Zeit des Grübelns, ein sogenanntes Pop-up-Restaurant zu eröffnen. In der „Luminanz". Die wunderschöne alte Halle im Quartier Eurobahnhof in Saarbrücken diente ihm bisher als Ort für besondere Events – die es aber auf absehbare Zeit nicht geben wird.
Ich fahre mit der Saarbahn dorthin, mit Bus und Bahn ist das neue Stadtviertel leicht erreichbar. Es ist mehr Innenstadtviertel, als viele auf den ersten Blick glauben. Man betritt den Saarbrücker Hauptbahnhof durch den Haupteingang, durchquert und verlässt ihn durch den Nordausgang. Schon steht man mitten im Quartier Eurobahnhof. Dieses ist sogar zu Fuß oder mit dem Fahrrad leicht erreichbar. Es verbindet heute den Stadtteil St. Johann mit dem Rodenhof. Das ehemalige neun Hektar große Bahngelände wurde ab 2005 zu einem Quartier mit Gastronomie, Hotels, Firmensitzen, Verwaltungssitzen und Veranstaltungsmöglichkeiten umstrukturiert. Erst vor ein paar Monaten zog der Regionalverband Saarbrücken mit wichtigen Ämtern hierher.
Die „Luminanz" war früher eine Werkstatt, errichtet in der Gründerzeit. Anfang des Jahrtausends wurde sie komplett saniert. Zuerst war darin eine Diskothek, danach ein geräumiges Fotostudio. Seit knapp zehn Jahren hat Uwe Zimmer sie inzwischen angemietet. Bei meinem Besuch seines neuen Restaurants kam ich mit einem jungen Ehepaar ins Gespräch, das hier vor zwei Jahren seine Hochzeit gefeiert hat. „Unvergesslich", wie sie berichten. Zu ihrem Hochzeitstag wollten sie heute Abend in diesem großartigen Eventhaus nochmals festlich essen.
Ein Pop-up-Restaurant ist eine auf eine gewisse Zeit begrenzte Lokalität, die aussieht wie ein normales Restaurant. Schnell wieder abbaubar, wenn die Zeit vorbei ist. Uwe Zimmer hat nun aus der Not der Krise heraus eine Idee entwickelt, die sehr gut ankommt. Die meisten Menschen im Saarland kennen Zimmer vermutlich als Radiomoderator bei „Radio Salü". An Sonntagen und Feiertagen unterhält er das Land auf dieser Welle. Meist geht es ums Essen und Trinken, manchmal hat er aber auch den Ministerpräsidenten oder andere Promis am Mikrofon.
Zimmer stammt aus dem Hochwald und aus einer Gastronomenfamilie. Seine Eltern betrieben in Rappweiler das Hotel-Restaurant „Zum Wiesengrund" – mit angeschlossenem Märchenpark. Früh schon machte er Bekanntschaft mit der Küche, doch sein Traumberuf war das nicht, wie er gesteht: „Ich wollte nie Koch werden. Mein Herz hing schon früh am Radio. Radiomoderator zu werden war mein großer Traum." Es dauerte auch nicht lange, und er wurde bei RTL Kindersprecher. Seine damaligen Kollegen: Desirée Nosbusch, Anke Engelke, Thomas Gottschalk. Die Leitung des Kinderprojektes hatte Frank Elstner. Seine erste Sendung machte Uwe Zimmer am 10. Februar 1980, daran kann er sich genau erinnern.
Umsatzeinbrüche von 80 Prozent im Vorjahresvergleich
Seine Eltern bestanden allerdings auf einer seriösen Ausbildung. Also lernte er Koch in Weiskirchen, im „Hotel Hantz". Eine ziemlich harte Lehrzeit, wie er sich erinnert. Schon damals entschied er, dass er diesen Beruf nur würde machen können, wenn er sich selbstständig macht. Und dies tat er nach seiner Bundeswehrzeit auch. Im Industriegebiet Süd in Saarbrücken eröffnete er eine kleine Kantine. Das machte er so gut, dass daraus innerhalb eines Jahres sechs Kantinen wurden und binnen drei Jahren 18 Kantinen. 1993 hatte er ungefähr 300 Mitarbeiter. Mit vollem Programm – vom Partyservice bis zum Sandwich-Shop. Er belieferte mit eigenen Fahrzeugen den halben Südwesten Deutschlands. Er hatte ein Zirkuszelt und die „Bastei", ein hoch angesehenes Restaurant, damals in der Saaruferstraße in Saarbrücken. 1995 zog er dann nach Köln und leitete von dort sein Imperium, 1998 ließ er sich für zwei Jahre in New York nieder. Dort lernte er vieles zum Thema Eventorganisation. 2006 kehrte er ins Saarland zurück. Er stieß die Kantinen ab und kaufte in Jägersfreude das Objekt der „Jungen Küche". Gleichzeitig startete er als Moderator bei Radio Salü.
Zu dieser Zeit war er immer mit Kochjacke unterwegs und beeindruckte die Leute mit seiner jungen Küche. Die Vogue der Nouvelle Cuisine hatte ja Deutschland schon seit einigen Jahren erreicht. Die Leute wollten anders essen als ihre Großeltern – und Uwe Zimmer lieferte. Er spezialisierte sich mehr und mehr auf Partyservice mit hochwertigen Produkten und Kreationen. Mit 30 Mitarbeitern stemmte er das. Bis heute. Das meiste verkaufte er – damals schon – im Internet. Doch die Corona-Krise hat nun alles verändert.
Er hat sich erst einmal vom Onlinehandel verabschiedet. Schokoladenbrunnen oder die Candybar für Hochzeiten sind derzeit eben nicht gefragt. Der Partyservice kann aber natürlich jederzeit wieder aktiviert werden. Zimmer erzählt: „Ich habe keine Mitarbeiter entlassen. Wir machen jetzt aber fein und klein. Seit Februar sind die Geschäftskunden weggebrochen, seit März war dann Schicht im Schacht. Ich hätte Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen, das war aber keine Option. Ich habe gute Mitarbeiter, die ihr Geld brauchen. Ich selbst verdiene zurzeit kaum Geld, doch meine Mannschaft hat so zumindest Arbeit!" Sein Umsatz beläuft sich nach eigenen Angaben noch gerade auf 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Bei unserem Besuch in der „Luminanz" war das Pop-up-Restaurant gut gebucht und alles festlich geschmückt. Einfach ein besonderer Rahmen für ein tolles Menü an einem besonderen Ort. Geöffnet ist nur abends, einen Platz gibt es nur mit Reservierung. Von 19 bis 23 Uhr bieten Zimmer und sein Team ein Sechs-Gänge-Menu – mit Auswahl auch für Vegetarier. Eine vegetarische Lasagne als Hauptgang etwa. Die Preise sind sehr zivil, die Getränke darin enthalten. Ziel ist es, Menschen zum Essengehen zu bewegen, die dies nicht so oft machen. An unserem Abend waren auch einige Studenten da, was für das Preis-Leistungs-Verhältnis spricht.
Ein tolles Menü in einem besonderen Ambiente
Schon mit dem Amuse-Bouche – einer Quiche mit grünem Spargel, Dill und Tomate beziehungsweise einem Hühnchenspieß mit Olive, Paprika und Preiselbeeren – verzauberte uns die Crew. Das war ein perfekter Einstieg. Das Bier dazu stammt aus Mettlach, von der Abtei-Brauerei. Ein zertifiziertes Biobier findet man selten in Restaurants. Auf den Weinflaschen steht „Luminanz". Die Weine stammen aus dem Süden Frankreichs, aus dem Département Herault. Von der Domaine Saint Felix. Der Weiße war eine Cuvée aus Sauvignon Blanc und Vermentino. Der Rote eine Cuvée aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Carignan. Alles gut trinkbare Weine, sodass wir uns auch immer wieder nachschenken ließen. Aber auch andere Weine sind vorrätig.
Weiter ging es mit einer großen Portion Vitello Tonnato – comme il faut. Und auch der Salat Primavera war kein Langweiler. Meine Frau war restlos überzeugt von der Vinaigrette, angemacht war er mit Mango. Sehr schön! Danach gab es eine Rinderbrühe, die wohl vorher stundenlang vor sich hinköchelte. Ich tauschte mit meiner Frau. Sie bekam noch eine halbe Portion des außergewöhnlichen Salates und ich mehr Rinderbrühe mit Markklößchen.
Als Hauptgang gab’s eine Poulardenbrust mit Knöpfle und einer sehr bemerkenswerten Sauce. Auch hier spürte man die Handwerkskunst. Die Frühlings-Ratatouille rundete diese Kreation des Küchenmeisters perfekt ab. Zum Abschluss gab‘s ein Tiramisu mit Erdbeersalat, und unser Tisch war rundum glücklich.
Ein tolles Menü in einem besonderen Ambiente mit besonderen Menschen. Hinter der Theke, vor der Theke und im Saal. Wir genossen unsere Speisen in diesem herrlichen Bauwerk saarländischer Industriekulur. Der Rahmen hier ist schon sehr besonders. Die Handschrift dieses Koches, der vieles von der Welt gesehen hat, ebenfalls. Ein besonderes Erlebnis, das Sie genießen sollten, so lange es möglich ist!