Hertha BSC setzt mit dem Sieg gegen Leverkusen ein wichtiges Zeichen – und könnte beim Saisonabschluss in Gladbach nochmal zum Zünglein an der Waage werden.
Es waren zwei Welten, die da auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Bayer Leverkusen aufeinandertrafen: der Journalist, der die Frage nach der Einstellung der Mannschaft von Hertha BSC zum Saisonausklang angesichts der Platzierung im Tabellenmittelfeld stellte – und Bruno Labbadia. Der Trainer der Blau-Weißen fand den Unterton „fast schon despektierlich", doch viele gebeutelte Fans und erfahrene Experten denken eben in den Mustern der vergangenen Jahre. Klassenerhalt gesichert, plötzlich Europa in Reichweite, dann drei Niederlagen am Stück und zum Abschluss der Spielzeit zwei Champions-League-Anwärter vor der Brust – auch die hohen Niederlagen in vergleichbarer Ausgangslage an den letzten Spieltagen der vergangenen Saisons ließen eben nichts Gutes erwarten. Und dann noch die katastrophale Personalsituation: Die Anzahl der Ausfälle hatte sich vor Anpfiff auf ein Dutzend erhöht. Doch wie beim Thema Einstellung wollte Herthas Trainer vor dem Leverkusen-Spiel auch darüber keine großen Worte verlieren. Der Glaube, den viele Beobachter angesichts dieser Vorzeichen wohl nicht teilen wollten – Bruno Labbadia hatte ihn und konnte ihn auf sein Team übertragen. Trotz der vorangegangenen Pleiten gerade gegen Frankfurt und in Freiburg. Nach fünf Spielen ohne Niederlage zum Auftakt unter dem neuen Trainer drohten nun fünf ohne Sieg – es wäre ein (mal wieder) schwerer Dämpfer für die (mal wieder) aufgekommene Euphorie an der Spree gewesen.
Im Vordergrund stand die Absicherung des eigenen Tors
Doch Labbadia verordnete seiner Startelf ein taugliches Konzept, das diese obendrein konsequent durchzog. Im Vordergrund stand die Absicherung des eigenen Tors, über 70 Prozent Ballbesitz für den Gegner in der Anfangsphase belegen das. Aber auch das Umschaltspiel funktionierte an diesem Nachmittag wieder – ebenso wie die Effektivität vor dem Tor. Matheus Cunha, erstmals wieder von Beginn an dabei, bewies dabei seine Wichtigkeit für Hertha BSC. Der starke Abschluss des Brasilianers zum 1:0 Mitte der ersten Halbzeit stand aber auch am Ende eines Bilderbuchspielzugs über Vladimir Darida, Krzysztof Piatek und Dodi Lukebakio. Ein Wirkungstreffer – denn die Gäste kamen erst nach der Pause wieder auf. Da aber setzten die Hauptstädter schnell den nächsten Nadelstich: Diesmal glänzten Cunha und Piatek in der Vorbereitung, ehe der zuletzt stark in die Kritik geratene Lukebakio zum 2:0 einschoss. Auch nach diesem Tor blieb Labbadias Elf unangenehm ohne und gefährlich mit dem Ball – und verdiente sich dadurch die drei Punkte. Ein Sieg für die Moral – oder wie Niklas Stark, der im defensiven Mittelfeld aushalf, es formulierte: „Es macht schon Spaß, so einen Gegner zu ärgern." Auch Bruno Labbadia genoss die Partie sichtlich und war später voll des Lobes: „Die Mannschaft hat eine perfekte Organisation gezeigt" – und damit alle Zweifler positiv überrascht.
Beinahe verwunderlich also, dass die Fachpresse schon davon spricht, dass Bayer 04 die Champions League durch die 2:0-Auswärtsniederlage quasi verspielt hat. Leverkusens Konkurrent Borussia Mönchengladbach benötigt schließlich auch noch einen Punkt, um sich für die Königsklasse zu qualifizieren – und trifft in der letzten Runde der Bundesliga 2019/20 am Sonnabend zu Hause auf: Hertha BSC.