Union Berlin könnte im Saisonfinale eine entscheidende Rolle im Abstiegskampf spielen. Deshalb wollen die Eisernen gegen Fortuna Düsseldorf noch mal Spannung aufbauen.
Ein Feierbiest ist Urs Fischer nun wirklich nicht. Doch als der Klassenerhalt von Union Berlin auch rechnerisch feststand, konnten ein paar Dutzend Fans, die nach dem 1:0-Heimsieg gegen den SC Paderborn am Parkplatztor warteten und seinen Namen riefen, den Union-Coach doch noch aus der Reserve locken. Der 54-Jährige stellte sein Weinglas auf den Asphalt und animierte die „Fischer"-Chöre: „Singt weiter! Singt weiter!" Die Anhänger haben weitergesungen, und der Trainer und die Spieler haben mit ihnen gefeiert. Verglichen mit der Aufstiegsparty vor einem Jahr hielt sich aber alles deutlich in Grenzen, die Corona-Maßnahmen verhinderten eine große Sause. Christopher Trimmel und Sheraldo Becker kamen den Fans dennoch für kurze Zeit zu nahe, was beiden Profis und dem Club eine Geldstrafe einbrachte.
Für diesen kleinen Fehler hatte die Deutsche Fußball Liga (DFL) deutlich mehr Verständnis als für das verräterische Kabinen-Video von Hertha-Profi Salomon Kalou oder den Friseur-Besuch bei Spielern von Borussia Dortmund. Doch am Samstag (27. Juni/15.30 Uhr) schaut Fußball-Deutschland erneut mit Argusaugen auf Union. Die Eisernen, für die es um nichts mehr geht, sind im Saisonfinale das Zünglein an der Waage. Im Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf kämpfen die Gäste im Fernduell mit Werder Bremen um den Relegationsrang 16. Bei einem Sieg kann Fortuna über zwei K.o.-Spiele gegen den Tabellendritten der 2. Bundesliga doch noch die Klasse halten, Bremen würde dagegen direkt absteigen. „Es wird sehr schwer, wir müssen auf Union Berlin hoffen und selber vor allem gewinnen", sagte Werder-Trainer Florian Kohfeldt.
Die Bremer Hoffnung ist nicht nur wegen der eigenen Leistungsschwäche gering, auch Union spielt eine Rolle. Die Berliner zeigten bei der 4:0-Auswärtsniederlage in Hoffenheim, dass die Luft raus ist. „Ich denke schon, dass man das so ausdrücken kann", gab Mittelfeldspieler Robert Andrich offen zu. Fischer bat um Verständnis. Es sei „völlig logisch", so der Schweizer, dass es „nach einem Zieleinlauf einen Spannungsabfall" gebe. „Aber der sollte nicht so groß sein."
Fischer fordert Reaktion auf schlechte Leistung
Die Unioner sind sich bewusst, dass sie gegen Düsseldorf fokussierter und leidenschaftlicher auftreten müssen, damit der Abstiegskampf fair zu Ende geht. „Bremen wird auf uns hoffen", weiß Andrich. Er versprach den Norddeutschen, dass man „noch mal versuchen" werde, „den Fokus zu bekommen". Dafür werde er schon sorgen, betonte Fischer, der eine „Reaktion auf die Leistung" von Hoffenheim einforderte.
Auch Sportchef Oliver Ruhnert ist an einem Sieg zum Abschluss der Premierensaison im deutschen Oberhaus sehr interessiert. Denn damit könnte der Neuling in der Tabelle noch an Schalke 04 vorbeiziehen und auf dem elften Platz landen. Jeder bessere Rang bedeutet mehr Geld aus der TV-Vermarktung, und das ist gerade in der Corona-Krise bedeutsam. „Es ist in der Tat etwas kompliziert", sagt Ruhnert. Mit wie viel Geld genau er die kommende Saison planen kann, steht in den Sternen, was vor allem mit den weiter offenen Frage zusammenhängt: Dürfen wieder Zuschauer ins Stadion? Und wenn ja: wie viele?
So oder so: Union muss wie nahezu alle Clubs sparen und seinen Kader verkleinern. Trotzdem müssen sich die Eisernen auch verstärken, wollen sie auch nächste Saison in der Bundesliga überraschen. Gesucht wird zum Beispiel ein Ersatz für Stammtorhüter Rafal Gikiewicz, der Union ablösefrei verlässt. Gegen Hoffenheim testete Fischer Ersatzmann Moritz Nicolas. Fischer stellte dem 22-Jährigen ein „gutes" Zeugnis aus, er müsse aber „weiter an sich arbeiten".