Seit Jahren sorgt die Diskussion um die Krankenhauslandschaft immer wieder für neue Verunsicherung. Stationen zeigen das dauerhafte Ringen zwischen flächendeckender Versorgung und wirtschaftlichem Betrieb.
Die Entwicklung im Saarland folgt einem bundesweiten Trend, steht gleichzeitig unter besonderem Druck. Bundesweit gab es 1990 noch gut 2.500 Häuser, die Zahl ist auf 1.925 (2018, Statista) zurückgegangen. Im Saarland reduzierte sich die Zahl in diesem Zeitraum von 30 auf aktuell noch 23. Die Frage nach den Standorten reicht dabei weit zurück.
2005 war Josef Hecken Gesundheitsminister, seit 2012 ist er Vorsitzender des mächtigen Gemeinsamen Bundesausschusses G-BA. In den Gesprächen über einen neuen Krankenhausplan erklärte der damalige Minister, er wolle „kein Krankenhaus-Rambo" sein. Sein Plan, orientiert an einem Gutachten, sah den Abbau von über 900 der damals noch knapp 7.700 Krankenhausbetten bis 2010 vor.
2008 organisierte das saarländische Aktionsbündnis „Rettung der Krankenhäuser" Protestkundgebungen, die sich für eine angemessene Finanzierung einsetzten. 30 Prozent der Häuser seien in ihrer Existenz bedroht, so die Befürchtung.
2010 ging bereits die Sorge um den Bestand der Klinik in Wadern um. Diskutiert wurde schon damals ein Krankenhaus-Konzept für den Hochwald. Marienhaus und CTT berieten über einen Hochwald-Verbund mit Wadern, Losheim und Lebach sowie Hermeskeil (Rheinland-Pfalz). Der damalige Gesundheitsminister Georg Weisweiler betonte: „Oberstes Ziel ist qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung." Kommunalpolitiker liefen Sturm, Bürgermeister und Räte der betroffenen Gemeinden forderten: „Im ländlichen Raum darf die Versorgung nicht schlechter sein als in Ballungsgebieten". Über 20.000 Unterschriften kamen zusammen.
Im gleichen Jahr wurden Pläne geschmiedet, das Caritas Krankenhaus Dillingen mit der St.-Elisabeth-Klinik Saarlouis zu fusionieren. Minister Weisweiler erklärte: „Krankhäuser müssen viel mehr kooperieren." Ein Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) bescheinigt dem Saarland „vergleichsweise viele Krankenhäuser, auffallend hohe Fallzahlen und eine hohe Ausstattung mit medizinischem Gerät." Weisweilers Idee zum Krankenhausplan 2011 bis 2015: starke Krankenhauskooperationen mit Zuarbeit für die beiden Maximalversorger Winterbergkrankenhaus (Saarbrücken) und Uniklinik (Homburg) und ein weiterer Bettenabbau.
2011 gibt die SHG die Schließung der Brebacher Klinik binnen zwei Jahren bekannt. Der neue Krankenhausplan sieht den Abbau von knapp 250 Betten und die Reduzierung der Krankenhäuser von 24 (mit 25 Betriebsstätten) auf 21 (mit 24 Betriebsstätten) vor.
2012: Die Krankenhäuser in Dillingen und Saarlouis fusionieren.
Krankenhausplan ist flexibel, kann angepasst werden
2013: Das Land kürzt wegen der Schuldenbremse die Krankenhaus-Investitionen. Für 2014 sind noch 28,5 Millionen Euro vorgesehen, zwei Jahre zuvor waren es noch 35 Millionen. Krankenhäuser klagen gleichzeitig über steigende Kosten. Über 4.000 Menschen nehmen an der bislang größten Demonstration für eine bessere Finanzierung in Saarbrücken teil.
2015 wird in Berlin das Krankenhausstrukturgesetz verabschiedet, das Vergütungen an Qualitätskriterien wie Mindestmengen von Operationen knüpft. Gesundheitsstaatsekretär Stephan Kolling geht davon aus, dass „nicht mehr jedes Krankenhaus alles machen wird".
2017 kündigt die Marienhaus GmbH die Schließung des Krankenhauses in Wadern zum Jahresende an, „aus rein wirtschaftlichen Gründen", die Bedingungen für Kliniken im ländlichen Raum seien „äußerst schwierig". Eine Bürgerinitiative fordert eine „Nordsaarlandklinik". Monate später kündigt der Träger auch die Schließung von Dillingen an. Damit ist das Aus der beiden kleinsten Häuser im Land besiegelt.
Gesundheitsministerin Bachmann legt ein Gutachten für einen neuen Krankenhausplan vor, in dem unter anderem ein Bettenaufwuchs von etwa 300 gefordert und gleichzeitig ein hoher Investitionsstau (433 Millionen Euro) kritisiert wird.
2018: Das Klinikum Saarbrücken und das Kreiskrankenhaus St. Ingbert vereinbaren enge Zusammenarbeit in einem kommunalen Krankenhausverbund mit gemeinsamer Trägergesellschaft. Kompetenzen sollen gebündelt und Strukturen effizienter werden.
Ministerin Bachmann legt den Krankenhausplan 2018 bis 2025 vor. Er geht mit 500 zusätzlichen Betten über die Vorschläge eines Gutachtens hinaus.
2019: Eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung geht davon aus, dass bundesweit etwa 600 Krankenhäuser ausreichen würden. Das würde die Schließung von 800 bedeuten. Die Zahl ergibt sich aus einer Studie für den Großraum Köln/Leverkusen. Umgerechnet auf das Saarland hieße das, dass allenfalls zehn Krankenhäuser übrig blieben.
Ende des Jahres wird über Investitionen gestritten. Das Land plant für die Laufzeit des Krankenhausplans bis 2025 mit 260 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt, umgerechnet pro Jahr 32,5 Millionen (gegenüber zuletzt 28,5 Millionen). Die Kliniken gingen von einem Investitionsbedarf von über einer Milliarde aus, hatten eine Erhöhung auf mindestens 40 Millionen pro Jahr erwartet.
2020: Corona-Pandemie – Kliniken müssen Routine-OPs verschieben, Kapazitäten freihalten, melden Kurzarbeit an und geraten in Existenzsorgen. Das Land spannt einen Rettungsschirm auf, der Bund zahlt für leere Betten.
Die Marienhauskliniken GmbH kündigt die Schließung des Hauses in Ottweiler zum Jahresende an, die verbliebenen Betten sollen nach St. Wendel umziehen. In Neunkirchen bleibt ein Klinik-Neubau für das sanierungsbedürftige Diakonie-Krankenhaus wegen der Kosten (geschätzt 100 Millionen) fraglich. Für Lebach stellt die CTT überraschend ein Schließungsszenario in den Raum, obwohl dort bereits Bäume gerodet wurden für einen Bettenhausneubau, zieht die Ankündigung später zurück. Zwischenzeitlich hatte die Knappschaft Interesse an einer Übernahme bekundet.