Stell Dir vor, Du bist tot und kannst dennoch weiterleben. Zumindest teilweise. So ein bisschen. Naja … virtuell halt. Die Amazon-Eigenproduktion „Upload" erzählt munter und humoristisch, wie es einem im digitalen Jenseits ergehen kann.
Nach einem schweren Unfall mit seinem selbst fahrenden Auto steht Nathan Brown (erst blass, dann immer besser: Robbie Amell) an der Schwelle zum Ableben. Seine Freundin Ingrid Kannerman (herrlich uninteressiert an Tiefgang: Allegra Edwards) bringt ihn im Krankenhaus dazu, einen Vertrag zu unterschreiben, der ihm das digitale Weiterleben sichert. Wir schreiben das Jahr 2033, da ist so ein „Upload" möglich – das Hochladen seines Bewusstseins in ein digitales Jenseits. Nathan tut, wie ihm geheißen und findet sich in „Lakeview" wieder, seiner Version des Jenseits.
Das wiederum wird von einer Servicefirma geleitet und gestaltet. An den Monitoren zur Überwachung sitzen pragmatische Programmierer, die mit den Toten nach Bedarf mittels Virtual-Reality-Brille kommunizieren können. Eine von diesen „Engeln" ist Nora Antony (unwiderstehlich knuffig: Andy Allo). Die vertreibt sich ihre Zeit neben dem Schichtdienst mit Affären und One-Night-Stands mit Lustobjekten, die sie über eine Tinder-ähnliche App kennenlernt. Die größte Rache für enttäuschte Erwartungen ist es dabei, sich nicht mit fünf Sternen zu bewerten.
Kreiert wurden die zehn Teile von Greg Daniels, der ziemlich zeitgleich die gegenüber „Upload" deutlich abfallendere Netflix-Serie „Space Force" ins Rennen schickt. Während sich dort die Figuren wegen ihrer Uninteressantheit schwerfällig durch die Handlung schleppen, erhalten hier die Charaktere viel Raum zur Entfaltung und sind trotz aller dunklen Flecken liebenswert und ihre Handlungen nachvollziehbar. Greg Daniels zeichnete bereits als Autor mit verantwortlich für einige „Simpsons"-Staffeln, für „King of the Hill", „Parks and Recreation" und „Das Büro".
Per VR-Brille mit den „Toten" reden
„Upload" hebt sich positiv von Serien ab, die Tiefgründigkeit vortäuschen, indem sie die Rollen mit mehreren Dutzend Traumata gleichzeitig kämpfen lassen. Hier stehen die Probleme von Normalos im Vordergrund. Zudem ist es ein guter Kniff, die Zukunft in eine nicht allzu ferne Zeit zu legen. Dinge wie autonom fahrende Autos oder Smarthomes sind in unserer Welt schon fest verankert. In „Upload" werden sie angenehm unaufdringlich weitergedacht und mit einem leicht satirischen Ansatz nur ein klein wenig überspitzt dargestellt.
Da ist das Gewässer um Lakeview beispielsweise ein gif, ein animiertes Bild. In diesem Fall ein schlecht und nicht fertig animiertes Motiv, dass sich alle zwei Sekunden deutlich sichtbar wiederholt – ganz wie viele reale Memes eben auch. Im Kühlschrank kann man sich über noch mehr Essen freuen, wenn man einfach einen Bildschirm weiter wischt. Die Toten dürfen sich auch künstlerisch betätigen und beispielsweise per Screenshot aus ihrer animierten Umgebung eine Leinwand füllen. Auch Psychotherapeuten dürfen sich in „Upload" ein Avatar wählen – und was läge da näher als ein knuddeliger Labrador Retriever?
Zeit für Kritik nimmt sich die Serie ebenfalls. So findet Nathan irgendwann heraus, dass es auch im virtuellen Jenseits deutliche Klassenunterschiede gibt. Während er, der Frauenherzen brechende Programmierer, sein privilegiertes Leben auch in Lakeview fortsetzen darf, gibt es weniger Betuchte, die mit zwei Gigabyte im Monat auskommen müssen und so auch im Jenseits noch Hunger darben und nur gegen Extra-Coins – die sie natürlich nicht haben – genügend Essen kaufen dürfen. Bei seinem Begräbnis merkt er dann noch, dass ihn eigentlich niemand wirklich kennt und er offensichtlich ein völlig oberflächliches Leben führte – bis zu seinem Tod.
Unaufdringliche Kriminalhandlung obendrauf
Währenddessen entfremdet er sich trotz Sex-Suit immer mehr von seiner Freundin, nähert sich Nora hingegen immer weiter an. Diese wiederum möchte ihren dahinsiechenden Vater ebenfalls zu einem Upload überreden. Für einen Mitarbeiterrabatt müsste sie jedoch einen höheren Bewertungsschnitt erhalten. Dann stellt sie nach und nach etwas Seltsames fest: Fehlende und fehlerhafte Dateien in Nathans gespeichertem Gedächtnis lassen auf mehr als einen Unfall schließen – zumal er als Programmierer gerade an einem großen Projekt arbeitete.
Und dann taucht auch noch Fran Booth auf (herrlich überkandidelt: Elizabeth Bowen). Nathans Cousine arbeitet als Teilzeit-Detektivin und verfolgt ebenfalls eine heiße Spur. Dass diese Krimihandlung auch gänzlich unaufdringlich in die Geschichte eingebunden wird, ist ein weiterer Pluspunkt von „Upload". Ebenso wie die kurze Laufzeit ab Folge zwei – mit je rund 30 Minuten lässt sich die Serie gut durchbingen.