Arminia Bielefeld ist zurück in der Bundesliga. Eng verbunden ist dieser Aufstieg mit dem Namen Fabian Klos. Dem Mannschaftskapitän ist das selbst höchst unangenehm. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es wohl keinen wichtigeren Spieler bei der Arminia gibt.
Arminia Bielefeld erreichten nach dem Bundesliga-Aufstieg einige Glückwünsche. Die ersten kamen jedoch per Video vom einzigen König der Arminia: König Artur. Artur Wichniarek ist mittlerweile 43 Jahre alt und bis heute der Schütze des letzten Bundesligatreffers der Arminia. Das war im Mai 2009. Überhaupt hat niemand für die Arminia mehr Tore in der 1. Bundesliga erzielt. Vor allem lobte er den Mann, der seine Position innerhalb des Vereins nun innehat. „Er hat natürlich einen großen Anteil gehabt", sagte Wichniarek und sprach selbstverständlich von Fabian Klos – Kapitän und Torjäger der Arminia. Und die Geschichte, dass Bielefeld nun zum achten Mal in die Bundesliga aufgestiegen ist, wäre sicherlich schon einige Schlagzeilen wert, es ist jedoch die Geschichte des Fabian Klos, die die Herzen der Fußballromantiker höherschlagen lässt.
Fabian Klos hat nie ein Nachwuchsleistungszentrum von innen gesehen und alles andere als den klassischen Weg zum Fußballprofi hingelegt. In Gifhorn im Jahre 1987 geboren, begann seine Karriere als Fußballer, die nie eine werden sollte, beim SV Meinersen. Dort debütierte er dann bereits als A-Jugendlicher in der Ersten Mannschaft und sorgte mit 45 Saisontoren schon damals für den Aufstieg seines Teams – von der Kreisliga A in die Bezirksliga. Danach folgte eine Saison in der Bezirksliga mit 29 Toren. Die reichten, um Vereine aus der Umgebung auf sich aufmerksam zu machen. 2007 wechselte er in die Niedersachsenliga Ost zu seinem Geburtsort Gifhorn. Dort erzielte er dann, zwischenzeitlich in der Oberliga, 49 Treffer in 59 Spielen. Im Jahr 2009 klopfte dann der VfL Wolfsburg mit Trainer Felix Magath an.
„Das war echt unwirklich. Auf einmal triffst du diesen Mann, den du nur aus dem Fernsehen kennst, der ja auch eine ziemlich eigene Art und eine krasse Ausstrahlung hat. Trotzdem hat er es geschafft, das zu einem lockeren Gespräch werden zu lassen. Als mein Vater und ich das Büro verließen, haben wir erst mal ein paar Minuten lang nicht geredet, weil wir die Sache verarbeiten mussten. Aber wie das so ist: Als ich im Sommer zur VfL-Reserve stieß, waren sowohl Magath als auch Bernd Hollerbach, der mich gescoutet hatte, nicht mehr da", erzählte Klos im Interview mit dem Magazin „11 Freunde". So kam es dann zum Sprung aus Gifhorn in die große Welt des Profifußballs. „Das war eine andere Welt. Ich weiß noch, wie ich beim ersten Training mit meiner eigenen Tasche in die Kabine marschierte. Da wurde ich komisch angeguckt, denn dort geht keiner mit Tasche zum Training. Es liegt ja schon alles da", sagte Klos.
„Das war eine andere Welt"
In Wolfsburg reichte es nie für ganz oben, in der Zweiten Mannschaft spielte der junge Klos dann aber ständig um den Aufstieg mit – und erzielte in zwei Jahren immerhin 22 Tore. Die ersten Angebote aus der Dritten Liga kamen. Dass es dann 2011 nach Bielefeld ging, lag vor allem an seinem damaligen Trainer in Wolfsburg, Lorenz-Günther Köstner. Dieser lief selbst für die Arminia auf und begeisterte somit den 1,94-Meter-Hünen für die Alm. Zum Glück.
Die Anfangszeit in Bielefeld verlief aber alles andere als glatt, unter dem damaligen Trainer Markus von Ahlen fand sich Klos häufig auf der Bank wieder. Erst nachdem Stefan Krämer installiert wurde, lief es besser. Am Ende der Saison stand er dann sogar zur Wahl als Spieler des Jahres in der Dritten Liga. Mittlerweile ist Klos seit neun Jahren bei der Arminia – und hat einige Höhen und Tiefen erlebt. „Das reicht für ein ganzes Fußballerleben", scherzte er.
Der absolute Tiefpunkt war laut Klos das verlorene Rückspiel in der Relegation gegen Darmstadt 98 im Jahr 2014. Die Arminia gewann das Hinspiel mit 3:1 und verlor danach zu Hause durch ein Gegentor in der Nachspielzeit nicht nur mit 2:4 nach Verlängerung, sondern stieg aufgrund der Auswärtstorregel erneut in die Dritte Liga ab, nachdem man ein Jahr zuvor erst in Liga zwei aufgestiegen war. „So etwas zieht dich für Tage runter, wenn nicht für Wochen", sagte Klos. Denn das hat ja zwei Ebenen: Da ist zum einen der persönliche sportliche Misserfolg, zum anderen das schlechte Gewissen gegenüber den Fans." Doch was den Stürmer bei den Fans so beliebt macht, ist seine Art, bei Misserfolgen nicht gleich das Weite zu suchen – und von denen gab es bei der Arminia einige. „Nach einer schlaflosen Nacht habe ich schon am nächsten Morgen mit Trainer Norbert Meier und Manager Samir Arabi gesprochen und gesagt: ‚Wenn wir es schaffen, eine Mannschaft aufzubauen, die im nächsten Jahr um den Aufstieg mitspielt, bin ich dabei.‘" Hoch ging es für die Arminia dann wieder direkt. „Wenn ich etwas verbocke, will ich das wiedergutmachen. Und ich glaube, dass gerade solch ein Erlebnis – einmal richtig durch die Scheiße zu laufen und im nächsten Jahr gleich wieder hochzugehen – eine Verbundenheit erzeugt, die nicht so häufig vorkommt. Außerdem bin ich ein Typ, der glaubt, dass man Karma-Punkte sammeln kann. Gerade bei Negativ-Erlebnissen, egal ob privat oder sportlich, liegt es immer an einem selbst, wie man damit umgeht", erzählte Klos im Interview mit „11 Freunde". Bielefeld stieg dann 2015 also gleich wieder in die Zweite Liga auf, wieder einmal angeführt von Klos.
„Meine Jugend war überragend"
2019/20 legte die Arminia eine Saison hin, wie sie sich wahrscheinlich die größten Optimisten niemals ausgemalt hätten. Keine Mannschaft hat öfter gewonnen (18 Siege), keine seltener verloren (zwei Niederlagen), keine mehr Tore erzielt (65) und keine weniger Gegentore kassiert (30). Die Mannschaften aus Hamburg und Stuttgart wurden souverän hinter sich gelassen. Angeführt von einem Stürmer, der eigentlich nie den Berufswunsch Fußballprofi verfolgt und dafür auch nicht seine Jugend geopfert hatte: „Meine Jugend war überragend. Wenn ich manche Sachen heute in der Kabine erzähle, können es die Jungs kaum glauben. Spätestens ab Dienstag ging es darum, auf welche Feier wir am Wochenende gehen. Freitags nach dem Training dann Party in der Kabine. Im Sommer gab es die Schützenfeste und ansonsten ein Dorf weiter eine Disko, in der sich alle getroffen haben." So ging Klos dann den normalen Weg eines Teenagers, der nicht wusste wohin mit sich. In der Volkswagenbank, in der sein Vater arbeitete, absolvierte er eine Lehre zum Bankkaufmann und schloss diese auch ab. „Zum Glück kam dann das Angebot aus Wolfsburg", sagte er.
Fabian Klos wurde oft nachgesagt, dass er nur ein klassischer Drittligastürmer sei. Dass er nun der beste Torschütze der Arminia in der Zweiten Liga ist, spricht allerdings eine andere Sprache. Doch bei ihm sind es wohl eher die Bodenständigkeit und das gewisse Etwas, was ihn ausmacht – er ist anders: „Ich will nicht in die Erste Liga, damit dann bei meinem Wikipedia-Eintrag endlich steht, dass ich Bundesliga gespielt habe. Mir geht es dabei um das Gefühl und den Fans hier etwas zurückzugeben." Und das hat er. Als Anführer einer Mannschaft, mit der niemand rechnete, gelang Klos nun der Aufstieg in die 1. Bundesliga, und so wie er leibt und lebt, stellt er dabei eher andere Dinge in den Vordergrund: „Stürmer stehen, wenn sie treffen, immer mehr im Fokus als andere. Ich wüsste allerdings nicht, wo wir lägen, wenn es im Mittelfeld nicht Spieler wie Prietl und Hartel gäbe. Die laufen zusammen fast dreißig Kilometer im Spiel. Gerade jemand wie Manuel Prietl fällt erst dann auf, wenn er mal nicht dabei ist. Wir Stürmer wissen, dass wir ohne die Truppe nichts wären."
Die Karriere von Fabian Klos wird nun um das Kapitel Bundesliga reicher, allzu viele Chancen hätte er mit 32 Jahren wohl auch nicht mehr gehabt. Unweigerlich werden da aber auch die Gedanken über den richtigen Zeitpunkt für ein Karriereende präsenter: „Ich habe Respekt davor, den passenden Zeitpunkt zu verpassen. Irgendwann im Sommer zu entscheiden, noch ein Jahr dranzu-hängen, und dann festzustellen, dass der Körper nicht mehr mitspielt, wäre bitter. Ich will bewusst entscheiden, wann ich aufhöre, und keinen schleichenden Abschied." Und danach? „Bin ich immer noch hier in Bielefeld, in welcher Funktion auch immer. Ich mag die Stadt, ich mag die Leute. Ich will hier nicht mehr weg."