Personell hat sich bei Football-Zweitligist Saarland Hurricanes zuletzt einiges getan: Sven Neumann wurde im April zum Vorsitzenden des Vorstandes bestimmt und wenig später Ex-Spieler Paul Zahlen als neuer Cheftrainer präsentiert. Im Juni folgte die Entscheidung, die Teilnahme an der Saison abzusagen.
Zunächst einmal wollen wir einfach wieder Football spielen. Da ist es egal, wer in Führungspositionen sitzt", sagt Sven Neumann. Er ist seit Anfang April Erster Vorsitzender des saarländischen Football-Zweitligisten Saarland Hurricanes. Nach dem Rücktritt seines Vorgängers Markus Mayer aus persönlichen Gründen wurde Vizepräsident Neumann vom Vorstand befördert. Damit gehen größere Verantwortung und Mehrarbeit einher – trotz oder gerade wegen Corona. „Jeder, der ein Ehrenamt übernimmt, weiß, dass dies mit Arbeit verbunden ist. Außerdem ist der Verein nicht von einer Person abhängig, sondern vom Engagement seiner Mitglieder. Und an dieser Stelle hat sich in letzter Zeit einiges getan", sagt Neumann und betont: „Viele geben richtig Gas und unterstützen uns, was das Zeug hält. Das läuft wirklich super."
„Die Umstände sind dafür verantwortlich"
Eigentlich wollten die „Canes" in der diesjährigen Saison an der Tabellenspitze angreifen und den Aufstieg in die 1. Bundesliga forcieren. Die Corona-Pandemie setzte diesem Unterfangen ein jähes Ende – vorerst. Ursprünglich hatte die German Football League vermeldet, dass alle 16 Vereine der GFL 2 die erforderlichen Unterlagen eingereicht hätten und damit ein verkürzter Spielbetrieb möglich sei. Absteiger werde es nicht geben. Die Hurricanes haben sich allerdings doch gegen eine Teilnahme ausgesprochen. „Nicht wir haben die Teilnahme abgesagt, die Umstände sind dafür verantwortlich. Es waren viele Faktoren ausschlaggebend, und wir haben uns diese Entscheidung sicher nicht leicht gemacht", sagt Sven Neumann und erklärt: „Über allem steht die Tatsache, dass wir als Verein für die Gesundheit unserer Mitglieder verantwortlich sind und dass wir uns immer noch in einer Pandemielage befinden, deren Folgen noch nicht absehbar sind." Für den Vorstand war es demnach bis zu dem von der Liga ursprünglich festgelegten Stichtag Mitte Juni „zeitlich nicht abzuwägen, ob wir teilnehmen können oder nicht". Die Frist wurde vom American Football Verband Deutschland (AFVD) mittlerweile verlängert. Ein weiterer Aspekt ist die Stadionfrage. Zur neuen Saison war die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte Ludwigsparkstadion geplant, was aufgrund weiterer Umbauverzögerungen nicht möglich ist. Das Ellenfeldstadion in Neunkirchen, wo die Canes zuletzt beheimatet waren, sei durch die fehlende Flutlichtanlage keine Option. „Das fehlende Stadion ist aber nicht, wie an der einen oder anderen Stelle behauptet wurde, der Hauptgrund für unsere Entscheidung", sagt Neumann und kündigt an: „Wir versuchen jedenfalls alles, in diesem Jahr noch Football spielen zu können." Eine Sondergenehmigung für eine alternative Spielstätte scheint nicht ausgeschlossen. Nach wie vor stehen die Canes mit dem AFVD konstruktiv in Kontakt. „Wenn es eine Möglichkeit gibt, am Spielbetrieb teilzunehmen, sind die Hurricanes da", versichert Sven Neumann. „Zur Not machen wir halt Freundschaftsspiele."
Ebenfalls der Corona-Pandemie fiel Trainer Thomas Elliott zum Opfer. Verein und Cheftrainer trennten sich aus privaten und auch finanziellen Gründen. „Die Verantwortung für den Verein geht in diesem Fall vor", sagt Neumann. Der neue ist ein Altbekannter: Paul Zahlen. Der gebürtige Luxemburger war zwischen 2014 und 2016 als Spieler für die Canes aktiv. „Er kommt aus dem Verein, ist ein kluges Köpfchen mit guten Ideen und hat sein Herz am richtigen Fleck. Er hat unser vollstes Vertrauen", sagt Sven Neumann über den 31 Jahre jungen B-Lizenz-Inhaber. „Es war schon schwer, die Spieler über eine Kamera nur via Internet zu sehen. Das Persönliche hat mir gefehlt, und das war nicht so toll", sagt Zahlen. In der Zwischenzeit hat der neue Cheftrainer einige Spieler seiner Mannschaft getroffen, es fanden auch schon erste Einheiten statt – mit Videoanalysen und theoretischen Inhalten. Seit gut fünf Wochen trainieren die Canes in Kleingruppen auch auf dem Platz und bringen sich mit Konditionseinheiten wieder in Form. „Fitzubleiben war ja durch die Schließung der Fitnessstudios lange nicht so einfach. Einige wenige haben zu Hause ihre Übungen gemacht, aber auch das war schwierig", weiß Zahlen, der sich auf die nächsten Lockerungen freut, nach denen in das positionsspezifische Training eingestiegen werden kann. „Ich versuche an beiden Trainingstagen vor Ort zu sein. Die Jungs sollen mich sehen und mich kennenlernen", sagt Zahlen, der mit dem einen oder anderen seiner Schützlinge vor ein paar Jahren noch zusammengespielt hat: „Auf einmal coache ich die, das ist schon eine coole Sache."
Weniger cool ist der Umstand, dass der neue Cheftrainer nicht gleich in die Vollen gehen kann. „Man brennt darauf, mit den Jungs Spiele zu bestreiten und Erfolge zu feiern, und dann wird die Saison abgesagt. Das ist natürlich schon eine komische Situation", sagt Zahlen und betont: „Für mich als Coach ist es extrem wichtig, dass die Sicherheit der Spieler bei der Ausübung ihres Hobbys gewährleistet ist und wir sie nicht Risiken aussetzen, die sie nicht mehr selbst kontrollieren könnten. Das wäre ihnen gegenüber nicht fair."
„Irgendwann will ich den German Bowl gewinnen"
Trotz allem blickt der neue Trainer der Hurricanes zuversichtlich in die Zukunft: „Wir werden auch das meistern und werden die Jungs bis dahin bestmöglich in Form bekommen, damit wir angreifen können", sagt er. Was in Angriff genommen wird, ist klar: „Wir wollen aufsteigen und eine fest etablierte Größe in der 1. Bundesliga werden und ganz Deutschland zeigen, wie gut das Saarland footballtechnisch drauf ist", kündigt Zahlen an. Als Spieler war es für ihn ein echtes Erlebnis, für die Canes spielen zu dürfen. „Das Allergeilste war, ins Training zu kommen und von allen geschätzt zu werden. Hier wird jeder Einzelne gebraucht", erinnert er sich und ergänzt: „Darüber hinaus hat mir das ganze Gefüge, das Familiäre, der Zusammenhalt und der ausgeprägte Teamgedanke hier immer schon sehr gut gefallen." Als Cheftrainer will er diese Werte weiter pflegen und die ihm zur Verfügung stehenden Spieler technisch und spielerisch so gut es geht ausbilden. Gelingt ihm dies, ist das übernächste Ziel schon im Visier: „Irgendwann will ich die Deutsche Meisterschaft, den German Bowl, gewinnen. Das wäre das Allergrößte", sagt Zahlen. Rosige Aussichten sieht auch der neue Präsident: „Wenn wir es schaffen, alle Sponsoren und Partner über die Corona-Pandemie hinweg zu halten und unsere Konzeptionen umzusetzen, stehen wir vor einer sehr guten Zukunft", sagt Neumann und hebt in diesem Zusammenhang die „sehr ausgeprägte Nachwuchsarbeit" hervor: „Wir wollen im regionalen Bereich verstärkt scouten, also vornehmlich deutsche Talente sichten und auf Dauer unsere eigene Football-DNA entwickeln und weitergeben. Daran arbeiten wir im Moment tatsächlich Tag und Nacht."