Die CDU hat ihren Frauenquotenstreit wiederbelebt. Die SPD sucht schon mal einen Kanzlerkandidaten. Der Ministerpräsident ist auf Sommertour in den Gemeinden. Die AfD im Land zerlegt sich. Malle-Urlauber bemühen sich, die komplette Vorurteilspalette zu bedienen. Und in der Landeshauptstadt wird über Tretrollerinflation und Stadion debattiert. Alles scheint irgendwie wieder in altgewohnter Ordnung. Mahnungen vor einer zweiten Infektionswelle und drohenden Herbstinsolvenzen mag derzeit ohnehin keiner hören, hat Zeit bis nach den Ferien. Fast sogar ein bisschen nachvollziehbar nach diesen letzten Monaten.
Jetzt sind erst mal Urlaub und Vorfreude angesagt. Vorfreude auf digital blühende Landschaften, als hätte die Ödnis lahmer Tristesse nur auf den Corona-Dünger gewartet, der jetzt dank eines immensen Finanzregens seine volle Wirkung entfaltet.
Was zuvor mangels Weitblick, Kenntnis, Entschlossenheit und was auch immer behandelt wurde wie ungeliebter Familienbesuch – irgendwie unvermeidlich, aber bitte auf das zwingend Nötige reduzieren – soll sich jetzt kraftvoll Bahn brechen.
„Ist die Landesregierung bereit, die Erfahrungen aus der Coronakrise …?" beginnt eine große, fraktionsübergreifende Anfrage aus dem Landtag zur Digitalisierung. Diese erste Frage klingt ziemlich rhetorisch, wer würde da schon Nein sagen? Aber immerhin folgen noch 72 detaillierte hinterher. Dass gleichzeitig eine sogenannte Enquetekommission im Parlament schon lange vor der Pandemie das Digitalisierungsthema beackert hat, dürfte nicht allzu vielen bekannt sein. Dabei hatte die unter anderem die „Notwendigkeit einer neuen Sozialethik im Digitalzeitalter" betont und eine „Wertedebatte" eingefordert. Nur ist man bislang vor lauter technischen Fragen dabei noch nicht recht vorgedrungen ist. So, wie wir technisch hinterhinken (was für ganz Deutschland auch lange bekannt ist), hinken wir den dazugehörigen sozialen und ja, auch ethischen Fragen, hinterher. Dabei geht es um weitaus mehr als die Veränderungen der Arbeitswelt. Die Kommission hat sich anspruchsvolle Ziele gesetzt. Mindestens ebenso spannend wie die Antworten der Regierung auf die Fragen aus dem Landtag ist, welche Antworten aus dem Landtag selbst und seiner Enquetekommission kommen.