Freiluft-Restaurants sind in diesem Sommer ganz besonders gefragt. Das „Amano Grand Central" hat seine Terrasse im siebten Stock kurzerhand zum „Le Pierre" Rooftop-Grill-Restaurant umfunktioniert.
Schöne Aussichten am Hauptbahnhof! Wer sich auf der Dachterrasse vom Hotel „Amano Grand Central" niederlässt, bekommt in diesem Sommer nicht nur den Blick auf den Hamburger Bahnhof und den Fernsehturm, sondern auch Grillklassiker zu seinen Drinks serviert. Dass Ariel Schiff und seine Amano Group Bar und Rooftop können, weiß jeder, der schon einmal dem „Amano Hotel" in der Auguststraße aufs Dach oder in die Amo Bar an der Friedrichstraße hinabgestiegen ist. Die zum Grill-Restaurant umfunktionierte Dachbar „Le Pierre" an der Heide-/Ecke Invalidenstraße ist nun der neuste Coup: Als „das erste RooftopGrill-Restaurant Berlins" kündigt sie sich selbstbewusst an. Das Open-Air-Restaurant im siebten Stock ist ein Resultat von Corona. „Im Lockdown kam Herr Schiff mit der Idee zum Team und sagte: ‚Macht was draus‘", erzählt der stellvertretende Hoteldirektor Alexander Flasdieck. „Das haben wir dann auch."
Mitte Mai, nachdem Hotels und Restaurants wieder öffnen durften, ging’s unter freiem Himmel und unter der Regie von Küchenchef Lukas Opielka mit maritimen Grillklassikern langsam los. Loungesofas mit Kissen, ein Bar-tresen mit üppigem Blumenbouquet und Flaschen-Kollektion vor marmorierter Wand, luftig gestellte Esstische, Wände mit Schallschutzelementen und Fenstern sowie ein Raumteiler und Kübelpflanzen machen aus dem Hoteldach ein stylishes und gemütliches Wochenend-Restaurant. Mit Windschutz! Und mit überdimensionalen Sonnenschirmen, die bei Bedarf ausgefahren werden können.
70 bis 80 Personen finden Platz auf der Dachterrasse
Wir scannen den QR-Code auf dem Tisch, loggen uns mit unseren Kontaktdaten ein und bekommen auf dem Smartphone das Angebot von Grillrost und Bar geliefert. Wir wählen natürlich einen Aperitif. Allein schon, weil die sommerabendliche Atmosphäre dazu einlädt, dass wir uns in unserem schicken Strandlokal aufs Mittelmeer eingrooven wollen. Pardon! Wir uns unter Lichterketten und den Auslegern von zwei Baukränen auf eine hippe, urbane Outdoor-Bar-Nacht in der Mitte von Berlin freuen.
Mit einem „Lala Spritz" und einem „Pink Patino" in den Gläsern klappt das sehr gut. „Lala" vereint Wermut, Orangina und ein Büschel Rosmarin in sich und wird mit einem Crémant aufgeprizzelt. Der „Patino" erweist seinem knietschpinkfarbenen Kumpel Mr. Flamingo, der uns im Hintergrund überlebensgroß Gesellschaft leistet, als „GT"-Spielart mit Sloe Gin, Limette und Beeren-Tonic die Ehre.
Freitags- und samstagsabends ist das Rooftop-Grill-Restaurant geöffnet und bietet, je nach Gruppierung, 70 bis 80 Personen Platz. An den übrigen Tagen herrscht normaler Barbetrieb. Der Grill pausiert außerdem bei schlechtem Wetter. Die Bar kann jedoch ins Indoor-Quartier in den sechsten Stock umziehen und regulär als „Apartment Bar" weitermachen. In zwei Durchgängen ab 18 und 20 Uhr kann im siebten Stock vom Grünspargel bis zum Brownie so einiges vom Grill an der Berliner Frischluft verspeist werden. Während der Fotograf auf die allerhöchste Stelle vom Dach steigt, um blaue Stunde, Aussicht und Terrasse gleichzeitig einzufangen, wählen wir das Essen. Da wir uns ein ausgewachsenes Tomahawk-Steak im Hauptgang vorgenommen haben, starten wir mit Spargel, Maiskolben und Spicy Gambas. Gegrillte grüne Spargelstangen kommen mit einem Wildkräuter-Salat, Brioche-Stücken und geräuchertem Schmand daher. Mit Rauch ist das genau der richtige mediterran-orientalische Touch für die Begleiterin. Wir switchen kurz in die USA und stellen uns Küchenchef Opielka mit Stetson und Cowboystiefeln am BBQ-Grill vor, wie er die Riesenmaiskolben mit der Zange wendet. Zum Abnagen gut, die großen Gelben! Mit Nussbutter ist der zweigeteilte Riese ein sanfter Gaumenschmeichler.
Die Chili-Vinaigrette dagegen macht ernst und ist auf einem Stückchen Pita gut aufgehoben. Was im „Le Pierre" als spicy bezeichnet wird, ist auch so: Das Piri-Piri zu den vielen schönen Gambas ruft ein wenig zu deutlich „Feurio". Ich würde es mir an der Seite wünschen, damit der Eigengeschmack der zarten Großgarnelen Raum zum Wirken hat.
600 Gramm medium gegrilltes irisches Weiderind
Zum Tomahawk-Steak wählen wir Grillgemüse, Trüffelpüree und einen Fenchel-Orangen-Salat. Das extra dick geschnittene Ribeye-Steak am langen Knochen wird von Natur aus in imposantem Format geliefert. Die 600 Gramm medium gegrilltes irisches Weiderind werden für zwei Personen annonciert. Es reicht aber auch prima für drei, die vom Drumherum ebenfalls essen mögen. Die außen knusprig und innen zarten Beef-Streifen sind eine Freude für die Augen und Geschmacksknospen. Gegrillte bunte Paprika, Karotten und Pimientos begleiten. Die Freundin warnt: „Achtung, die Pimientos sind wirklich scharf!" Aber schon hat der Fotograf ein Stück Schote im Mund und versucht höflich, stumm zu bleiben. Ich verzichte. Ich will mir nicht die Geschmacksnerven abtöten, die ich für das Chimichurri, auf das ich mich gefreut habe, als Dip brauche. Ich habe Glück und treffe auf eine milde Version der ölbasierten Kräutertunke mit viel Petersilie, Knoblauch, Koriander und diverse Pfeffrigkeiten. Argentina olé – dieses Asado geht wirklich über mehrere Länder! Das Trüffelpüree verhilft dem Fotografen mit ausgleichender Cremigkeit wieder zu Atem und Arbeitsfähigkeit. Der Fenchel-Orangen-Salat gibt uns allen einen fruchtigen Frischekick. Ich bedauere, dass wir keine Pommes frites als zweite kartoffelige Beilage bestellt haben. Denn die vollmundige Zitronen-Mayonnaise hätte danach verlangt. Manchmal ist Vernunft eben nicht die beste Wahl!
Wir lassen selbstverständlich Platz für die Desserts. Die Freundin spitzt auf den Brownie vom Grill, der natürlich keine ausdrücklichen Röstaromen hat, sondern in seiner Form in einer warmen, aber nicht zu heißen Ecke buttrig schokoladenweich gebacken wurde. Er versteckt sich unter zwei dicken Tupfern vanilliger Crème Pâtissière und einer Johannisbeeren-Rispe und tut unschuldig leicht. Ich bin auf die Pannacotta mit Zitronengras und Erdbeeren gespannt, bleibe aber an der klassischen Crème brûlée hängen. Hoher Wellnessfaktor auch bei den Desserts!
Das „Le Pierre" hat als Grill-Restaurant die kulinarische Welt nicht neu erfunden. Und das muss es auch nicht. Denn manchmal soll es genau das sein, was frau liebt und erwartet – ein ordentliches Steak, feine Meeresfrüchte, überdurchschnittliches Grillgemüse und eine hervorragende Mayo. Das Leben ist schön damit, der Ort mit seinem Freiluft-Flair und der Strandbar-Atmosphäre allemal. Ein Dinner im „Le Pierre" ist zudem ein bezahlbares Vergnügen. Die Vorspeisen liegen zwischen neun und 14 Euro, die Hauptgerichte wie Spargel, Wolfsbarsch, Lamb Chops, Short Rib oder Tomahawk-Steak zwischen 14 und 39 Euro. Letzteres ist dann unser Steak für zwei. Beilagen und Dips schlagen mit je drei bis 5,50 Euro zu Buche. Alles eignet sich prima zum Teilen.
Drinks und Dinner unter Sternen noch bis ende August
Nach 22 Uhr wird es schließlich voller. Und jünger. Einige Grüppchen haben für den späteren Abend zum Chillen und Trinken unterm Hauptstadthimmel reserviert. Wir entlassen mit einer „Paloma" unser entspannt-wohliges Befinden in die dunkelblaue Stunde. Der Highball aus Tequila, Limette und einer Pink Grapefruit-Limonade sorgt als eleganter Rausschmeißer für einen beschwingten Heimweg.
Drinks und Dinner unterm Sternenhimmel und Baukran soll’s in dieser Saison bis etwa Ende August, Anfang September geben, verrät Alexander Flasdieck. Eine Skihütte wird danach als „Chalet by Amano" auf die Terrasse gehievt und verschönert den Winter mit Fondue und Raclette. Die beiden Kräne in der Aussicht werden noch länger aktiv sein. „Der kleine Kran gehört uns", sagt Flasdieck. 100 neue Zimmer soll ein Ausbau des „Amano Grand Central" bringen. Ebenso wie eine neue Bar und „hoffentlich eine Terrasse mit Blick zum Europaplatz." Wenn das keine Aussichten für den Sommer 2021 sind!