Von Ute Lemper bis Armin Mueller-Stahl: Im Brandenburger Tonstudio von Rainer Oleak entstehen nicht nur Hits, sondern auch Filmmusik von „Tatort" bis „Frau Holle".
Manfred Krug, Armin Mueller-Stahl, Ex-Puhdys-Sänger Dieter Birr und Frank Schöbel: All diese Stars der Film- und Musikbranche haben gemeinsam, dass sie schon mit dem nicht weniger bekannten Komponisten Rainer Oleak zusammenarbeiteten. Dessen Wirkungsstätte liegt versteckt am Rand einer alten Dorfstraße im brandenburgischen Hoppegarten östlich von Berlin. Wer es nicht weiß, kommt nicht darauf, dass hier Rock- und Schauspielpromis in einem der hochkarätigsten Tonstudios des Landes ein und aus gehen. Von außen ist nur das 1906 erbaute Backsteinhaus zu sehen, in dem Rainer Oleak mit Ehefrau Carmen lebt. Noch dahinter steht eine 160 Jahre alte Scheune, die der Komponist zur „Tonscheune Oleak" ausbauen ließ.
„Seit 2011 lebe und arbeite ich an diesem wunderschönen Ort. Davor lag mein Studio im Dachgeschoss unseres Schöneicher Wohnhauses, wo es immer enger wurde." Apropos Schöneiche: Hier spielte Rainer Oleak 1979 im früheren Lokal „Manns Waldschloss" eins seiner ersten Konzerte als Profimusiker. „Das war mit Neumis Rock Circus. Im ‚Waldschloss‘ traten damals alle Großen auf – von Karussell bis Karat. Auch wir haben dort richtig abgeräumt", erinnert sich der Mann, der über 1.000 Filmmusiken komponierte.
Der Ex-Keyboarder von Datzu und der Frank-Schöbel-Band Nanu zählt heute zu den gefragtesten Komponisten für Film und Fernsehen beziehungsweise Rock und Pop. Rainer Oleak komponierte unter anderem für „Tatort" und „Polizeiruf" sowie für Serien wie „Zahn um Zahn" und „Wolffs Revier". Er arrangierte Hits von Bell, Book and Candle und Ute Lemper. Kati Witts Kürmusik für Olympia 1994 in Lillehammer stammt aber auch von ihm.
Die Wirkungsstätte liegt ganz versteckt
Beim Komponieren wartet Rainer Oleak den eigenen Worten nach nicht, bis ihn die Muse küsst. Vielmehr setzt er sich gleich nach dem Frühstück ins Studio und legt los. „Komponieren heißt für mich arbeiten und das straff. Mit warten auf Geistesblitze läuft bei mir nichts", lächelt der gebürtige Meininger. Am liebsten sei ihm eine Deadline, also die Zeitvorgabe für einen Liefertermin. „Ein gewisser Druck bringt bei mir gute Ergebnisse, denn auf meine Intuition kann ich mich verlassen." Rainer Oleak ist mit Ernst und Akribie bei der Sache, obwohl er seine Arbeit gleichzeitig als Privatvergnügen bezeichnet. „Mein Studio ist für mich wie eine Art Modelleisenbahn", so der unscheinbare Märker mit Augenzwinkern.
Bei Filmmusiken sei er quasi Auftragskomponist. Hier erfülle er vor allem Wünsche von Regisseuren und Produzenten. Mal tüftelt er nach Erhalt des Drehbuchs an Melodien, mal erst nachdem der Streifen abgedreht ist. Die Musik zum Film „Ich war noch niemals in New York" war eins seiner letzten großen Projekte. „Das hat Riesenspaß gemacht, auch weil die Musik sehr wertgeschätzt wurde." Dies sei bei weitem nicht immer der Fall und gehe soweit, dass Musikautoren in manchem Filmabspann fehlen.
Doch zurück zur Hoppegartener „Tonscheune" – für Rainer Oleak sein „Lieblingsort", wie er betont. Urlaub braucht er höchstens mal ein paar Tage. „Wozu Ferien? Schöner als hier geht’s sowieso nicht", schmunzelt der Künstler. „In jedem Fall bin ich gern Heimarbeiter und stehe nur noch selten auf einer Bühne. Ich bin ein Controletti. Live kann man aber meist nicht alles unter Kontrolle haben." Früher machte das Rainer Oleak weniger aus. Da stand er mit seiner Gruppe Datzu auf der Bühne. Die war gleichzeitig Begleitband von Frank Schöbel, für den der Brandenburger ebenfalls viele Titel arrangierte beziehungsweise komponierte („Wir fliegen mit dem Wind").
Nur ein Schöbel-Projekt lehnte er ab: die LP „Weihnachten in Familie" von 1985. „Ich dachte, dieses Projekt wäre klassischer angelegt. Damals fühlte ich mich dafür nicht reif genug. Andererseits war ich auch mit Datzu am Start, wofür viel Zeit draufging." Letztlich habe er sich über die Absage ein wenig geärgert. Denn erstens hielt sich der klassische Ansatz der Langspielplatte in Grenzen. Zweitens wurde „Weihnachten in Familie" die meistverkaufte Amiga-LP der DDR. Sie ging über 1,7 Millionen Mal über die Ladentische. Nochmal passierte ihm das nicht: Frank Schöbels zweites Weihnachtsalbum produzierte Rainer Oleak 1994.
Angefangen hat beim gebürtigen Thüringer alles mit Klavierunterricht. „Da war ich acht Jahre alt und es wäre fast schiefgegangen. Zu meinen ersten beiden Klavierlehrern fand ich keinen Zugang beziehungsweise sie nicht zu mir. Bei Lehrer Nummer drei zündete es bei mir", so der Musiker. Nach dem Abi studierte der Notentüftler aber erstmal Messtechnik und Raumakustik an der TU Dresden. 1979 erhielt er seine „Pappe", den Berufsausweis für Profimusiker, ohne den in der DDR niemand hauptberuflich Geld verdienen durfte.
Heutzutage fehlt die Risikobereitschaft in der Branche
Erst danach folgte Studium Nummer zwei (Klavier und Komposition) an der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler. Seine erste Filmmusik lieferte er jedoch schon 1979 für den Streifen „Frühstück im Bett". „Ich wohnte damals in Potsdam-Babelsberg in der Nähe der Defa. Ein Regisseur dort fand mich anscheinend sympathisch und gab mir den Auftrag, obwohl er meine Musik gar nicht genau kannte." Diese Risikobereitschaft fehlt Rainer Oleak heute in seiner Branche, wie er sagt. Vieles sei „formatiert" und „angepasst". Doch Anpassung verhindere Kreativität. Projekte, Filme und Künstler würden heute oft übers Image, nicht mehr über Inhalte definiert.
Dann berichtet Rainer Oleak von der erfolgreichen Zusammenarbeit mit der Band Rockhaus und früheren Produktionen mit den Puhdys. Doch lange Rückschauen sind eigentlich nicht sein Ding. „Ich sehe lieber nach vorn, denn Nostalgie macht mich traurig und mir wird nur klar, wie die Zeit an uns vorbeirennt", seufzt der 66-Jährige. Da berichtet Oleak lieber von Projekten aus der jüngeren Vergangenheit, nicht nur mit den Großen der Branche. Für Sängerin Leona Heine aus Fredersdorf produzierte er zwei Alben. Für „Jugend musiziert" stiftete der Komponist einen Preis. Die Sieger durften in der „Tonscheune" Songs aufnehmen.
Nach vielen Jahren nahm Rainer Oleak auch wieder eigene Alben auf: „Hit" ist ein Elektropop-Projekt abseits des Mainstreams und die CD „Birth" Teil einer Trilogie mit den Werken „Passion" und „Geburt Apokalypse – Geschichten aus der Bibel". Die Zeiten, in denen er sich großen Labels anbiedern muss, sind längst vorbei. „Meine Musik ist wie ein Statement. Entweder findet sie Sympathisanten oder eben auch nicht."