Acht Jahre prägte er als Spieler das Gesicht von Hertha BSC – nun kann Arne Friedrich es in der neuen Funktion des Sportdirektors für die Zukunft gestalten.
Der Mann dürfte froh sein, seinen bisherigen Job bei Hertha BSC los zu sein – oder besser, dessen Beschreibung: Im in Windeseile installierten Hofstaat von Jürgen Klinsmann firmierte Arne Friedrich nämlich als „Performance Manager" und musste sich dafür reichlich Spott gefallen lassen. Inzwischen ist die Episode mit Klinsmann als Trainer des Berliner Bundesligisten bereits auch schon seit fast einem halben Jahr Geschichte – und von dessen Gefolge nur noch der langjährige Hertha-Kapitän übrig geblieben. Denn während der Geschäftsführer Sport, Michael Preetz, sicher mehr als glücklich ist, die Altlasten der kurzen, aber schlagzeilenträchtigen „Klinsmann-Ära" nicht mehr mit sich im Verein herumschleppen zu müssen, machte er bei Arne Friedrich eine Ausnahme: er überredete den 41-Jährigen, seine Beschäftigung bei der „Alten Dame" in der Funktion des Sportdirektors fortzusetzen. Wie schon bei der Anfrage von Jürgen Klinsmann erbat sich der frühere DFB-Auswahlspieler Bedenkzeit – nach Beendigung seiner sportlichen Karriere hatte Friedrich schließlich nicht unbedingt die Nähe zum Profifußball gesucht. Zwar erwarb er die Trainerlizenzen bis zum A-Schein, mehr als knapp anderthalb Jahre in der Rolle des Assistenten bei der U18-Auswahl des DFB waren anschließend in diesem Metier aber nicht zu verzeichnen. Seit 2016 war der gebürtige Ostwestfale dann größtenteils als Experte für US-amerikanische und chinesische TV-Sender tätig, widmete sich aber auch wohltätigen Zwecken. Im Grunde blieb er sich in dieser Hinsicht treu: Schon als Spieler erledigte er seinen Job als Verteidiger überdurchschnittlich gut – vermittelte dabei aber stets den Eindruck, dass es auch noch andere Beschäftigungsfelder als den Fußball gibt. Auf diese Art wurde Arne Friedrich dennoch 82-facher Nationalspieler, absolvierte in acht Saisons 231 Bundesligapartien im Hertha-Dress und trug sechs Jahre lang die Kapitänsbinde der Hauptstädter. Zahlen, die einem Profi den tiefen Respekt der Fans einbringen: Ein Idol wie manch einer seiner Mitstreiter – etwa der volksnahe Mittelfeldmotor Pal Dardai, der knochenharte Abwehrchef „Joe" Simunic oder die extrovertierten Individualisten Marcelinho und Marko Pantelic – wurde er für den blau-weißen Anhang dennoch nicht.
Ein Volksheld war er als Spieler bei Hertha nie
Ihn schließlich administrativ bei Hertha BSC mit einzubinden, war jedoch eine gute Idee von Jürgen Klinsmann. Beide schrieben gemeinsam am „Sommermärchen" der WM 2006 mit und kannten sich so bereits aus jener Zeit – in den USA, wo Friedrich einen zweiten Wohnsitz unterhält, blieb der Kontakt stets erhalten. Unter all dem neuen Personal, das Klinsmann mit nach Berlin brachte, war er schließlich der einzige, der „Stallgeruch" mitbrachte. Auch der Kontakt zwischen ihm und seinem früheren Verein blieb über die Jahre stets erhalten – und die Überlegungen, wie man den Musterprofi in die Vereinsarbeit einbinden könnte. Jürgen Klinsmann sollte das dann schließlich gelingen. An der doch zumindest im hiesigen Fußballgeschäft wenig bekannten Jobbezeichnung fanden viele jedoch ihre Reibungsfläche – „Performance Manager", das klang den meisten Fans und Experten doch zu sehr nach amerikanischem Business. Oder eben zu sehr nach Klinsmanns positivistischem, bisweilen gar spirituell erscheinenden Stil, der etwa Erinnerungen an das Aufstellen von Buddha-Figuren in seiner Zeit bei Bayern München weckte. Als Wahlkalifornier mag die Bezeichnung jedoch schlüssig gewesen sein – im Internet findet sich dazu unter anderem die Definition, dass es bei dieser Tätigkeit darum geht, „die persönliche Entwicklung der Mitarbeiter positiv voranzutreiben, um das Potenzial des Unternehmens voll auszuschöpfen." Auf den Bereich Profifußball übertragen, soll der Performance Manager das Bindeglied zwischen Mannschaft und Geschäftsführung darstellen. Inhalte also, die zumindest teilweise auch zum Aufgabenbereich eines Sportdirektors gehören – und diese Position bekam Friedrich zur neuen Saison von Michael Preetz angeboten. Ein Vorschlag, der sicher auch im ureigenen Interesse des Geschäftsführers Sport lag: mehr vom Tagesgeschäft und der ganz engen Zusammenarbeit mit dem Kader abzugeben, um auch die anstehenden Anforderungen für das große Ganze – Stichwort: die Windhorst-Millionen und der Angriff auf das vordere Drittel der Bundesliga – planen und bewältigen zu können. Der Wunschkandidat ist zwar ein Neuling in diesem Amt, kennt aber das Geschäft und auch den Verein aus dem Effeff. „Es war nicht geplant, in den aktiven Fußball zurückzukehren", räumte der neue Sportdirektor dann zwar nach seiner Zusage vor Journalisten ein – doch die Zeit, so Friedrich, sei dafür nun reif. „Jetzt habe ich eine Position, in der ich anpacken kann, da habe ich richtig Lust drauf", beschreibt er das Motiv für seinen Tatendrang.
Ein perfektes Bindeglied in der Kommandoebene
Es spricht dabei für ihn, dass er die zuletzt durchaus positive Entwicklung des Teams nach dem Re-Start der Bundesliga vor allem der akribischen Arbeit des neuen Trainers Bruno Labbadia zuschrieb – und nicht der des Performance Managers. Doch schon in dieser Tätigkeit sei der Spaß an einer Beschäftigung als Vereinsverantwortlicher bei ihm geweckt worden. In der finanziell vergleichsweise komfortablen Situation bei Hertha BSC kann der „Neue" das Gesicht des Vereins für die kommenden Jahre mitgestalten – unter Anleitung des erfahrenen Preetz. „Wenn wir neue Spieler dazuholen, dann müssen sie uns weiterbringen", hat Friedrich das Credo seines Vorgesetzten, das Geld nicht für teure (Alt-)Stars auszugeben, bereits verinnerlicht. Das dürfte ihm leichtgefallen sein, denn mit seiner unaufgeregten Art kommt diese Maxime seinem Naturell ohnehin sehr nahe. Andererseits ist er sich aber auch der Verpflichtung des Windhorst-Investments bewusst und erklärt: „Wir wollen wieder zurück nach oben" – gepaart mit dem Hinweis, dafür zuallererst einmal hart arbeiten zu wollen. Da klingt bei ihm wiederum Bruno Labbadia und dessen Überzeugung durch, mehr Taten als Worte sprechen zu lassen. Und genau auf diese Weise könnte Arne Friedrich das Anforderungsprofil erfüllen: als das perfekte Bindeglied auf der Kommandoebene von Hertha BSC.