Für die Zukunft des Automobils gibt es viele Vorstellungen, aber bislang kaum eine klare Linie und damit viel Unsicherheit. Die Chance für das Saarland liegt in einer klaren Zielvorstellung, Konzentration möglichster vieler Kräfte und einem gemeinsamen kraftvollen Auftreten.
Wer über die Zukunft des Automobilstandortes Saarland spricht, kommt um das Thema Wasserstoff nicht herum. Es geht um Perspektiven eines Standortes mitten in einem einschneidenden Umbruch, der schon lange vor Corona im Gang war, jetzt aber, wie so vieles, an Dynamik gewonnen hat. Einer Dynamik, die einerseits den Druck verschärft, andererseits aber auch Chancen eröffnet, die in normaleren Zeiten vermutlich ungleich schwerer zu erkämpfen wären.
Die Frage der Zukunft des Standortes ist eine Frage nach dem Automobil der Zukunft, und die macht sich zuvörderst an der Frage des Antriebs fest, ist aber auch eine Frage der Zukunft der Mobilität insgesamt. Beim Antrieb bedeutet schlicht das Ziel, auf fossilen Energien auf Perspektive auszusteigen und für die Phase bis dahin eine Übergangstechnologie anzubieten. Die Stichworte dafür sind modernste Verbrenner, E-Autos und perspektivisch eben Wasserstoff.
Mit den Konjunkturpaketen zur Bewältigung der Pandemiefolgen scheint die Bundesregierung ihre Prioritäten festgezurrt zu haben, mit Priorität auf das E-Auto. Mit Kaufförderungen soll deren Absatz einerseits der Branche aus der Corona-Krise helfen, andererseits Klimaschutzaspekten Rechnung tragen.
Vor elf Jahren gab es bereits ein Konjunkturprogramm. Die Krise war durchaus heftig, aber aus heutiger Sicht deutlich weniger dramatisch als die Auswirkungen der Pandemie. Das Wort „Abwrackprämie" machte Karriere, die in der Kür zum „Wort des Jahres" (2009) gipfelte.
Jetzt also wieder eine Prämie, wieder ein Konjunkturprogramm in ungleich dramatischeren Zeiten und unter deutlich anderen Bedingungen. Diesmal trifft die Krise eine Automobilbranche in einer Situation, in der schon vorher praktisch alles im Umbruch stand. Der VW-Skandal hat zu einem grundlegenden und einem tiefgreifenden Vertrauensverlust geführt, der eine zuvor auch unter Umweltgesichtspunkten hervorgehobene Technologie (Diesel) in Misskredit gebracht hat. Fahrverbote taten das Übrige. E-Autos wollten entgegen einem früheren Ziel der Bundeskanzlerin nicht die Begeisterung von mindestens einer Million Käufer auslösen. Mögliche Alternativen lösten in der öffentlichen Debatte nur wenig Interesse aus. Verunsicherung auf allen Seiten war die absehbar logische Konsequenz.
Der Standort muss sich neu aufstellen
Die beiden wichtigsten Märkte China und USA senden zudem unterschiedliche Signale: China das einer E-Auto-Quote, die USA hält unerschütterlich an der Vorliebe für Big Blogs fest, woran auch Tesla nichts grundsätzlich geändert hat.
In Deutschland scheint sich die Politik jetzt festgelegt zu haben, zumindest könnte man zu dem Schluss kommen, wenn man die Förderung aus den Konjunkturpaketen zugrunde legt, die auf E-Autos setzt. Das wäre für den Standort Saarland schlicht existenzbedrohlich, schließlich ist die Automotiv-Zulieferlandschaft auf den Verbrenner ausgerichtet.
Allerdings gibt es gleichzeitig auch aus dem Bundeswirtschaftsministerium eine Nationale Wasserstoffstrategie mit dem Ziel grüner Wasserstoff. Eine Technologie der Zukunft, die für das Saarland nicht nur wegen Automotiv, sondern beispielsweise Stahl von höchstem Interesse ist.
Es gibt erkennbar großen Konsens, das Saarland zur Wasserstoff-Modellregion zu entwickeln. Wobei die bisherigen Anstrengungen bei aller Anerkennung vielen Befürwortern noch längst nicht energisch und durchschlagskräftig genug sind.
Aber selbst wenn es gelingt, muss die Zeit bis dorthin überbrückt werden. Technologisch gilt Plug-in-Hybrid als Schlüsselwort. Und es muss insgesamt ein Mobilitätskonzept geben, das nicht die eine Technologie gegen die andere ausspielt, sondern in einem intelligenten Mix kombiniert.
Ideen und Innovationskraft hat das Land zu bieten. Entscheidend wird sein, Konzernzentralen und die Bundespolitik davon zu überzeugen. Denn ohne zusätzliche Unterstützung und ohne unternehmerische Entscheidungen wird es das Land alleine nicht stemmen können.