Mitte September startet der 1. FC Saarbrücken als Aufsteiger in die Dritte Liga. FORUM sprach mit dem Präsidenten Hartmut Ostermann über die Zielsetzung der Blau-Schwarzen und die weitere Vereinsentwicklung.
Herr Ostermann, nach sechs Jahren hat der Aufstieg endlich geklappt, aber sicherlich anders als Sie es sich vorgestellt haben. Hat sich denn trotzdem irgendwann die Freude eingestellt?
Als der Spielbetrieb Mitte März unterbrochen wurde, konnte niemand realistisch abschätzen, wie eine Entscheidung über den Aufstieg aussehen würde. Es sind ja verschiedene Modelle diskutiert worden, selbst eine Annullierung stand zur Diskussion. Das wäre für uns natürlich ein Drama gewesen. Ich möchte aber mal grundsätzlich festhalten, dass die Verbände sehr verantwortungsvoll mit der Situation umgegangen sind und eine für alle Regionalligavereine tragbare Lösung gefunden haben. Wir sind froh und dankbar, dass wir das DFB-Pokal-Halbfinale gegen Leverkusen spielen konnten, das war auch aus finanzieller Sicht sehr wichtig. Unter dem Strich haben wir eine der erfolgreichsten Spielzeiten der vergangenen Jahrzehnte hinter uns, das macht uns glücklich und stolz, auch wenn es keine offizielle Feier gegeben hat. Die anfangs durch Corona gedämpfte Freude über den Aufstieg ist nun aber in eine ausgeprägte Vorfreude auf die 3. Liga übergegangen. Gemeinsam mit den Fans fiebern wir den Duellen mit unseren alten Südwest-Rivalen aus Kaiserslautern und Mannheim entgegen.
Die Freude wurde aber durch den Weggang von Sportchef Marcus Mann getrübt. Das sportliche Konzept war auf ihn zugeschnitten, er hatte einen langfristigen Vertrag. Wie sehr schmerzt dieser Verlust?
Fußball ist nun mal ein Tagesgeschäft, und nicht alles ist planbar. Wir haben uns mit Marcus auf eine langfristige Zusammenarbeit verständigt, weil wir von seinen Qualitäten überzeugt waren, und der Erfolg hat sich ja auch eingestellt. Trotzdem war uns immer klar, dass ein junger, erfolgreicher Manager auch Begehrlichkeiten weckt. Entscheidend für mich ist, dass Marcus uns gegenüber stets mit offenen Karten gespielt hat und wir rechtzeitig informiert waren, um eine Ersatzlösung zu finden. Dieser gegenseitige Respekt hat die Zusammenarbeit in der Vergangenheit geprägt, und wir wollten ihm dann auch keine Steine in den Weg legen. Letztlich ist Hoffenheim für ihn eine riesige Chance und am Ende auch für uns eine Auszeichnung, dass einer unserer Mitarbeiter von einem Bundesligisten quasi abgeworben wird. Das ist auf der anderen Seite aber auch der Preis für die gestiegene überregionale Aufmerksamkeit, die wir durch den Aufstieg in die 3. Liga und den DFB-Pokal entfacht haben.
Dennoch ist es doch ungewöhnlich, dass der Kapitän gewechselt wird, wenn das Schiff gerade Volldampf aufgenommen hat!?
Um bei diesem Bild zu bleiben: Marcus ist ja nicht auf stürmischer See über Bord gegangen, sondern hat den FCS in den nächsten Hafen gebracht, von wo aus wir unsere nächsten Ziele anpeilen wollen. Es ist ihm gelungen, dass bis auf Sebastian Jacob alle Leistungsträger an den Verein gebunden waren. Dass Jacob langfristig verlängert hat, war ein wichtiger Schritt in den Planungen. Zudem hat er die ersten Neuzugänge vorbereitet und die Kaderplanung professionell vorangetrieben. Insgesamt hat Marcus Mann den Verein in einem besseren sportlichen Zustand übergeben als er ihn vor Jahren übernommen hatte. Das kann nicht jeder Sportdirektor von sich behaupten.
Mit Jürgen Luginger als neuem Sportdirektor kehrt ein alter Bekannter zurück, der in den vergangenen Jahren aber ausschließlich als Trainer gearbeitet hat. Warum er und nicht ein „gestandener Manager“, den sich doch einige Fans gewünscht hätten?
Dieter Ferner und mir war es wichtig, dass wir jemanden verpflichten, der das Umfeld des FCS als Traditionsverein kennt und über Erfahrung in der 3. Liga verfügt. Jürgen hat seinen Lebensmittelpunkt in der Region, er ist mittlerweile fest hier verwurzelt und weiß, dass wir im Saarland endlich wieder Profifußball etablieren müssen, auch um den Standort sichtbar zu machen. In dieser Zielsetzung sind wir uns völlig einig, und wir brauchen aufgrund seiner FCS-Affinität keine lange Anlaufzeit, um uns voll auf die nächste Etappe zu konzentrieren.
Es gab Zeiten, da wurden nach einem Aufstieg reihenweise namhafte Profis gehandelt. Nicht immer waren die Transfers dann auch erfolgreich. Dennoch gibt es auch Stimmen, vor allem in der Fan-Szene, die von gestandenen Zweitliga-Profis geträumt haben. Ist es korrekt von einer Zurückhaltung auf dem Transfermarkt zu sprechen?
Wir haben in den vergangenen sechs Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um aus der Regionalliga herauszukommen. Dafür hat es letztlich einer Vielzahl an qualitativ hochwertigen Spielern benötigt. Es war immer das Ziel von Marcus Mann und Dieter Ferner, dass wir im Aufstiegsfall eine Mannschaft haben, deren Grundgerüst auch in der Dritten Liga bestehen kann. Nun haben wir das Team punktuell verstärkt, und wir bewegen uns dennoch im Rahmen unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten.
Viele Fans haben von Namen wie Mike Frantz, Patrick Schmidt oder Florian Ballas geträumt. Sind solche Transfers derzeit überhaupt realistisch?
Ich freue mich immer, wenn ehemalige Spieler unseres FCS erfolgreich sind und ihren Weg gehen. Alle genannten Spieler haben ihre Karriere bei uns begonnen und sind in den ersten beiden Ligen fest etabliert. Das macht es für uns nahezu unmöglich, an eine Rückkehr dieser hochkarätigen Spieler zu glauben. Es ist zum einen finanziell unrealistisch, zum anderen aber auch eine Frage der sportlichen Perspektive. Patrick hat in Dresden eine ganz starke Halbserie gespielt und ist im besten Fußballer-Alter. Es gibt aus seiner Sicht keinen vernünftigen Grund, in die Dritte Liga zu wechseln. Aber klar ist doch auch, dass die Tür für sie immer offensteht. Ich möchte aber ergänzen, dass wir in der jüngeren Vergangenheit schon Wert darauf gelegt haben, dass wir der Mannschaft ein regionales Gesicht geben. Manuel Zeitz, Sebastian Jacob und Steven Zellner sind beste Beispiele dafür. Mit Maurice Deville kommt nun ein Spieler zurück, der ebenfalls aus der Region stammt.
Das Thema, welches den Fans am meisten auf den Nägeln brennt, ist das Stadion. Wie wichtig ist es für den Verein, dass er endlich wieder im Ludwigspark spielt?
Die Rückkehr in den Ludwigspark ist wirtschaftlich und emotional enorm wichtig, keine Frage. Es war eine Herausforderung, die Drittliga-Lizenz unter diesen Voraussetzungen zu organisieren. Insbesondere Dieter Weller und Christian Seiffert hatten alle Hände voll zu tun, die DFB-Bedingungen ohne sichere Stadiongrundlage zu erfüllen. Wir mussten ja mehrgleisig planen und Ausweichalternativen glaubhaft darstellen, um am Ende den Spielbetrieb garantieren zu können. Beim Stadionumbau sind wir aber nach wie vor nur in der Rolle des Beobachters ohne faktische Eingriffsmöglichkeit, doch die jüngsten Signale sind überaus positiv. OB Conradt hat das Stadionprojekt zur Chefsache erklärt und das spürt man jetzt auch. Wir wollen natürlich schnellstmöglich wieder im Park spielen, aber das liegt in diesen unruhigen Zeiten nicht in unserer Hand. Niemand kann angesichts der nicht ausgestandenen Corona-Krise sagen, wann überhaupt wieder mit Publikum gespielt werden kann. Dinge, die wir heute planen, können morgen wieder überholt sein. Wir müssen auf Sicht fahren, aber das geht allen anderen Vereinen genauso. Mir ist Eines aber ganz wichtig: Als wir vor fünf Jahren nach Völklingen ausweichen mussten, gab es Stimmen, die gesagt haben, das überlebt der Verein keine zwei Jahre. Heute ist in Sachen Stadion „Land in Sicht“, wir sind finanziell gesund und haben eine gute sportliche Perspektive. Daher gebührt ein Dank allen, die diesen schwierigen Weg mit uns mitgegangen sind, allem voran unseren Anhängern. Ich glaube, dass wir als Verein ein gutes Stück enger zusammengerückt sind. Das ist ein Erfolg, auf den wir auch stolz sein können.
Kommen wir zu den anderen Abteilungen: Die U19 ist in die Bundesliga aufgestiegen, die Frauen-Mannschaft profitierte vom Saisonabbruch und hielt die Klasse. Wie sind die Perspektiven?
Für uns war es wichtig, dass wir das Nachwuchsleistungszentrum auf ein solides und langfristiges Fundament bauen konnten. Das ist uns gelungen. Unser langfristiger Anspruch sollte sein, dass wir in den Leistungsklassen dauerhaft in der Bundesliga spielen. Dafür brauchen wir aber einen langen Atem und perspektivisches Geschick. Dass die A-Jugend in diesem Jahr oben dabei ist, ist eine tolle Sache. Die Jungs sollen das ein Stück weit genießen und sich auf hohem Niveau entwickeln. Wir üben da keinen Druck aus, denn wir wissen durchaus, dass wir absoluter Außenseiter sind. Bei den Frauen hatten wir in der Tat eine schwierige Situation. Die sportlich Verantwortlichen haben nun einen Umbruch eingeleitet, der sicherlich auch nötig war. Ich bin guter Dinge, dass Taifour Diane mit seinem Team eine bessere Runde spielen wird.
Zum Abschluss eine perspektivische Frage: Wo sehen Sie den FCS in fünf Jahren?
(lacht) Ich hoffe, den FCS in fünf Jahren in einem komplett fertiggestellten und auf den letzten Platz gefüllten Ludwigspark gegen namhafte Gegner um Ligapunkte spielen zu sehen. Das hört sich zunächst banal an, beinhaltet aber die Prämisse, dass wir uns weiterentwickeln und uns dauerhaft im Profibereich etablieren. Die Entwicklungen im sportlichen Tagesgeschäft kann man zwar nicht immer vorhersagen. Aber ich glaube nach wie vor, dass das Saarland genügend Potenzial für einen Zweitligisten bietet. Bei allem Respekt für die anderen saarländischen Vereine: Aufgrund der notwendigen Zuschauermobilisierung und wirtschaftlichen Potenziale kann das auf Sicht eigentlich nur der FCS sein. Unser Ziel ist es deshalb, dass wir in fünf Jahren in der Zweiten Liga spielen und den Saar-Fußball würdig repräsentieren. Von dieser überregionalen Präsenz werden dann alle Vereine im Land profitieren. Der erste Schritt ist gemacht, und wir freuen wir uns zunächst über die Rückkehr auf die bundesweite Bühne. Vor uns liegt eine harte Aufgabe in der Dritten Liga, die wir mit Demut, aber auch Zuversicht angehen.