Am 14. August startet die Saison 2020/21 in der Regionalliga Nordost – dabei winkt dem Sieger diesmal die direkte Qualifikation für die Dritte Liga.
Sportlich war die Regionalliga Nordost wohl noch nie so attraktiv. Das liegt zum einen daran, dass 2020/21 mit den Absteigern aus der Dritten Liga – dem Chemnitzer FC und dem FC Carl Zeiss Jena – sowie Aufsteiger Tennis Borussia Berlin drei Traditionsvereine zusätzlich teilnehmen. Außerdem ist der 1. FC Lok Leipzig nach dem Scheitern in den Aufstiegsspielen weiter dabei. Die Tatsache, dass der Nordosten in der am kommenden Freitag startenden Spielzeit diesmal einen direkten Aufsteiger stellen darf, ist da so etwas wie die Kirsche auf dem Kuchen. Der eine oder andere Verein wird sich da zusätzlich ins Zeug legen, um die Gelegenheit zu nutzen – und damit die sportliche Konkurrenz anheizen. Allerdings ist Vorsicht geboten, denn so mancher Viertligist hat sich in der Vergangenheit übernommen – zuletzt traf es Wacker Nordhausen und Rot-Weiß Erfurt. Jena und Chemnitz sind dabei sicherlich zu den Aufstiegskandidaten zu zählen – die Sachsen müssen bis zum Ligastart aber noch insgesamt eine knappe halbe Million Euro aufbringen, um ihr laufendes Insolvenzverfahren abzuschließen.
VSG Altglienicke hat Blut geleckt
Das „Flaggschiff“ der Berliner Vertreter dürfte erneut die VSG Altglienicke stellen. Schnitt man vergangene Saison noch über den eigenen Erwartungen ab, so hat man im Südosten der Hauptstadt nun Blut geleckt. Das unglückliche Ende der vergangenen Saison –
bekanntlich musste die VSG als Tabellenerster bei Ligaabbruch wegen des schlechteren Punktquotienten Lok Leipzig den Vortritt lassen – tut sein Übriges. Dazu bezieht der Verein voraussichtlich zur Rückrunde seine neue sportliche Heimat im eigenen Stadion. Im Kader von Trainer Karsten Heine wird die Verjüngung weiter vorangetrieben – Tolcay Cigerci (25, BAK) und Linus Meyer (28, von West-Meister Rödinghausen) gehören unter den Neuzugängen schon zu den Ältesten. Eine (beinahe) perfekte Spielzeit wie 2019/20 bleibt bei dem Club mit dem kleinen Umfeld aber auch weiterhin keine Selbstverständlichkeit.
In der Pflicht, noch erfolgreicher zu spielen, ist der FC Viktoria 89. Nach dem „Eingewöhnungsjahr“ für den neuen Trainer Benedetto Muzzicato sieht der Plan der „Himmelblauen“ nun eigentlich vor, in die Phalanx der Topteams vorzustoßen. Mit den Abgängen von Brand, Hoffmann, Schmidt und Torwart Flauder hat Viktoria allerdings ein paar Korsettstangen verloren. Der neue Keeper Philipp Sprint von Oberligist Hertha 03 Zehlendorf – einst bei Hertha BSC ausgebildet – verfügt jedoch über die nötige Qualität. Lewald, Seiffert, Sucsuz oder Theisen bringen als Neuzugänge mindestens Regionalligaerfahrung mit, dazu verspricht man sich etwas vom finnischen Stürmer Kimmo Hovi (kommt aus Fürstenwalde). Wichtig für die Lichterfelder wird sicher ein guter Start ins Spieljahr – mit Partien unter anderem gegen Chemnitz, Cottbus und Altglienicke warten da aber gleich „dicke Brocken“.
Zu den ambitionierten Berliner Regionalligisten zählt auch der Berliner AK. Allerdings ist den Moabitern just Trainer Dirk Kunert Richtung Jena von der Fahne gegangen – Nachfolger André Meyer arbeitete aber immerhin zuletzt als Assistent bei Zweitligist Erzgebirge Aue. Auch die Abgänge von Torjäger Kargbo und Spiellenker Cigerci sind herbe Verluste – die Neuen wie El-Haibi, Lämmel, Meyer oder Ulrich verfügen dabei schon über gewisse Erfahrung, sind aber jeweils nicht älter als 22 Jahre. Möglich, dass die Athleten aber noch auf dem Transfermarkt aktiv werden – schließlich ist der Drittliga-Traum von Mehmet Ali Han, trotz inzwischen geringerer Aufwendungen des Präsidenten, immer noch aktiv. Vor vier Jahren verpasste der BAK nur um zwei Tore die Aufstiegsspiele – Trainer damals: Steffen Baumgart, heutiger Coach des Zweitligisten SC Paderborn.
Auch der BFC Dynamo träumt von besseren Zeiten – beim Nachfolgeverein des früheren „Serienmeisters“ der DDR aber scheint die Regionalliga Nordost bislang das höchste der Gefühle zu sein. Zuletzt wechselte sich regelmäßig eine gute Spielzeit mit einer schwachen ab – vergangene Saison lief das Team unter dem neuen Trainer Christian Benbennek trotz Umbruchs auf einem ordentlichen sechsten Platz ein. Mit Förster (Altglienicke) und Leipzig-Rückkehrer Steinborn konnte der BFC die Offensive verstärken, auch Blume (Nordhausen), Siebeck (Babelsberg) und Zickert (Cottbus) kennen die Regionalliga aus dem Effeff. Dazu blieb der Kader des Vorjahrs bislang weitgehend zusammen –
Voraussetzungen also, um zumindest wieder eine gute Rolle zu spielen.
Wenig zu verlieren hat auch diese Saison wieder Vorjahresaufsteiger SV Lichtenberg 47. Beim Kiezverein aus dem Osten der Hauptstadt baut man weiterhin auf das Erfolgsrezept der verschworenen Gemeinschaft. So konnten die Feierabendfußballer schon im ersten Jahr für einige Überraschungen sorgen. Der 23-jährige Hannes Graf (Bischofswerda) ist dabei der älteste Neuzugang unter den Feldspielern, Brando (Hertha 03), Gözusirin (Hertha BSC) und Krüger (Union) kommen direkt aus der A-Jugend ihrer Clubs. Auf der Trainerbank herrscht bei „47“ weiter Kontinuität – Uwe Lehmann ist dort seit sechs Jahren federführend tätig und hat das Team immer wieder auf ein höheres Level bekommen.
Einen Schritt weiter ins überregionale Rampenlicht ist dieses Jahr auch Aufsteiger Tennis Borussia gerückt. Der frühere Bundesligist ist mit seiner Fanbasis, die neben Dynamo zu den größten der Berliner Regionalligisten gehört, schon mal absolut klassentauglich. Allerdings muss man ohne den bisherigen Hauptsponsor auskommen, was den neuen Vereinsvorstand vor eine Herkulesaufgabe stellt. Aufstiegstrainer Dennis Kutrieb hat den Club verlassen, auch im Kader ist vor allem defensiv ein Aderlass zu verzeichnen. Der neue Coach Markus Zschiesche (zuletzt A-Jugend Energie Cottbus) kennt den Verein immerhin aus seiner Arbeit in dessen Nachwuchsbereich – Regionalligaerfahrung verpflichtete man dazu unter anderem mit den BAK-Spielern Cakmak, Iraqi, Oschmann und Sakran.
Die U23 von Hertha BSC setzte unter dem neuen Trainer „Zecke“ Neuendorf die Serie guter Platzierungen in der Liga auch 2019/20 fort. Aufsteigen dürften die „Hertha-Bubis“ zwar, in erster Linie aber will man weiter Talente an das Bundesligateam heranführen. Kleiner Wermutstropfen der Corona-Krise: In der Hauptstadt darf bei den „Amateuren“ erst ab 21. August wieder vor Zuschauern gespielt werden. Am 1. Spieltag wären (Stand: Ende Juli) somit vier Regionalligisten aus Berlin von dem „Lockout“ betroffen.