So langsam findet trotz Corona die Kultur wieder einen Weg in die Öffentlichkeit. Auch der saarländische Schlagzeuger Elmar Federkeil darf wieder spielen.
Es waren harte Zeiten für Musiker, Theaterleute, freie Journalisten, Pädagogen im Kunstbereich und Freelancer aller Art. Viele Wochen lief nichts mehr. Und das in einer systemrelevanten Branche, die sich Kunst nennt. Alles in allem arbeiten mehr als zwei Millionen Menschen hierzulande in allen nur erdenklichen Bereichen von Kabarett, Theater, TV, Musik-Festivals und in den urbanen und dörflichen Kulturszenen. Das Lungenvirus bestimmte die Spielpläne, und die verschwanden in den Schubladen der Akteure. Für Schlagzeuger wie Elmar Federkeil, der bislang seinen Lebensunterhalt mit Triolen und Paradiddles verdient hatte, blieb viel Zeit zum Üben. Lange war nicht abzusehen wann er den ersten Gig, so nennen Musiker den musikalischen Auftritt vor Publikum, spielen würde.
„Ich habe ein Leben lang Musik gemacht. Ohne das Zusammenspiel mit anderen Musikanten, ohne die Rhythmen, die Bewegung im Spielfluss, der sich an dem eigenen Herzrhythmus orientiert – und vor allem dem Publikum – kann ich mir ein Leben kaum vorstellen. Schon in frühester Jugend war es mein Wunsch, Berufsmusiker zu werden", sagt Elmar Federkeil, seit 1990 Profimusiker, und spielt ein paar Takte auf der Snaredrum seines Sonor Drum Kits.
„Mit elf Jahren meinte meine Mutter, ich solle doch der Trachtenkapelle des Oberthaler Ortsteils Gronig beitreten. Ich fand es ja ganz spannend, doch anfangs waren Trachtenanzüge nicht so meine Sache", erzählt Federkeil lachend. Er ging also in die Jugendabteilung der Trachtengruppe und machte einfach mal Musik oder das, was er damals unter Musik machen so verstand. Immerhin: Er trommelte auf Trommeln mit echten Fellen, denn Blaskapellen suchen immer aktiven Nachwuchs, den sie gern fördern. Nach ein paar Wochen hatte er längst entschieden, Schlagzeuger zu werden, und als sein Onkel, damals Pater in einem Landshuter Kloster, ihm das erste Schlagzeug aus einem Münchener Pfandhaus mitbrachte, war für Elmar die Welt erst einmal in Ordnung. Unterricht gab ihm Werner Brill, Schlagzeuger beim damaligen SWR-Rundfunkorchester in Kaiserslautern, der auch die Jugendabteilung in Gronig nahe der Kreisstadt St. Wendel unterrichtete.
„Nun war ich vollends integriert, ganz stolz auf meine Tracht, Lederhose, rot-weiß kariertes Hemd, rote Strümpfe und Hut mit Gamsbart. Das Tolle allerdings waren die vielen Reisen nach Österreich, an Mosel und Rhein."
So vergingen die ersten Jahre des Trommlers Elmar, die ihm ganz gewiss wichtige Grundlagen für sein späteres Wirken als Schlagzeuger und Percussionist waren.
„Mit 15 Jahren dann trommelte ich in der ersten Band, die sich Lüdenscheid nannte und Deutschrock spielte. Aber die US-Bands Toto und Saga waren bald unsere Stars, also spielten wir englischsprachige Rockmusik und nannten uns ‚Avenue‘. Schon eine tolle Zeit, in Dorfhallen und Kneipen ‚Mugge‘ zu machen", sagt der Profimusiker lachend.
(Anmerkung des Autors für Nicht-Musiker: „Mugge" ist die umgangssprachliche Kurzbezeichnung für ein „MUsikalisches- Gelegenheits- GEschäft)
Ferderkeil hörte dann in Gronig dem Fusion-Schlagzeuger Erik Schuh aus Bliesen bei einer Probe zu. „Das war für mich etwas völlig Abgefahrenes. Das Schlagzeugspiel eines Musikers aus einer anderen Welt. So wie er wollte ich auch einmal Drums spielen." Kurzerhand bat er Schuh, ihn zu unterrichten.
Ausbildung am Schlagzeug in den USA
Wie so oft sind die Wege auch im Saarland kurz, und so traf Elmar Federkeil auf Ro Gebhardt und Amby Schillo, die damals schon an ihren Karrieren als Profimusiker arbeiteten. Sie gründeten die Band Allegria, die Latin-Pop mit Jazzeinflüssen spielte, und gewannen sogar den Deutschen Rock&Pop-Preis Mitte der 1980er-Jahre.
Hans-Peter Becker, Schlagzeuger der in Los Angeles von Jeff Porcaro (Gründungsmitglied der US-Band Toto, † 1992) unterrichtet wurde, gründete 1987 in Saarbrücken die Modern Drum School.
„Als ich Hans-Peter Becker in Saarbrücken kennenlernte, bot er mir an, mich zu unterrichten." Becker nahm den jungen Trommler in der Saarbrücker Modern Drum School unter seine Fittiche und bestärkte ihn, ebenso nach Kalifornien zu gehen und sich am Percussion Institute of Technology (P.I.T.) in Los Angeles ausbilden zu lassen. Federkeil beantragte ein Stipendium, welches ihm gewährt wurde, und macht sich auf eine ungewisse Reise in die Vereinigten Staaten. Er übte während seines Zivildienstes in jeder freien Minute am Drumset und sparte alles Geld, das er durch Auftritte verdiente. Von 1989 bis 1990 studierte er am P.I.T. in Los Angeles bei Joe Porcaro († 2020), Steve Houghton und anderen Größen der Schlagzeugszene mit Abschluss-Diplom und Vocational Honors, den höchsten Ehren des Instituts. „Um mich mehr in die Stilrichtungen Jazz und Latinjazz zu orientieren, nahm ich dann auch noch Privatunterricht bei Adam Nußbaum, der mit Sonny Rollins, John Scofield, Stan Getz, Randy Brecker und vielen anderen gespielt hat."
Elmar Federkeil bekommt immer noch glänzende Augen, wenn er von dem wohl schönsten Jahr in seinem Leben erzählt, dem Jahr in L.A. Ein großer Sprung von Oberthal in eine amerikanische Metropole.
Zurück in der saarländischen Provinz bot ihm Hans-Peter Becker gleich eine Dozentenstelle in seiner Modern Drum School an. „Bis 1998 habe ich dann dreimal die Woche in Saarbrücken, Koblenz und Kaiserlautern 50 Schüler unterrichtet. Dann kam die Erkenntnis, dass das nicht alles in meinem musikalischen Leben gewesen sein konnte. Irgendwie hatte mich das Unterrichten ausgebrannt. Also gab ich alle Schüler ab und orientierte mich mehr zur Bühnenarbeit", schildert Federkeil. Doch in diesem Jahr öffneten sich für ihn zwei Türen.
Die Band Midnight Mover aus Kaiserlautern suchte einen versierten Schlagzeuger. Federkeil war der Richtige und spielte in den Jahren 1998 bis 2006. Nach einer Pause ist er seit 2010 wieder ständiges Mitglied der Band. Aber er ist auch immer wieder an anderen Projekten beteiligt. Mit Orlando und den Unerlösten spielte er lange Zeit erfolgreich. 1998 startete er mit der damals noch jungen Nicole Johänntgen ein Funk-Projekt und spielt bis heute in diesem Quartett Jazz, Blues und Soul. Vor vier Jahren veröffentlichte er mit der Gruppe Federkeil DE Jazz eine hörenswerte CD. Weiterhin ist er mit Elm F. & The Rooks, The Soulfamily, Federkeil & seine Funkbrüder, der Malzeit Club Band unterwegs und mit der Stefan Flesch Band macht er Wohnzimmer zu Tollhäusern.
Auch seine Aktivitäten in sakraler Hinsicht sollten nicht unerwähnt bleiben. Federkeils Kirchenprojekt bringt „Licht, Klang und Sprache in sakrale Ambiente". Sein neuestes Projekt nennt sich „Venerem Art" – Neuinterpretationen von Musik des 16., 17., und 18. Jahrhunderts mit der französischen Sängerin Laureen Stoulig, dem Pianisten Marlo Thinnes, dem Bassisten Simon Zauels und Elmar Federkeil an Schlagzeug und Percussion.
Mit verschiedenen Bands wurde er bekannt
Als Lehrer und Dozent ist Elmar Federkeil bei Workshops und Drumming-Specials zu erleben, was nun nach den ersten Öffnungen der Kulturszenen ein Erlebnis sein wird. Eine Zeitlang wusste er nicht, wie er seinen Lebensunterhalt finanzieren sollte, da alle Auftrittsmöglichkeiten abgesagt waren. Als Lebensmittelausfahrer für einen Bio-Produzenten verdient er sich das Allerlebensnotwendigste und schraubte die eigenen Lebensansprüche auf das Nötigste herunter.
Federkeil ist 2020 seit 30 Jahren als Schlagzeuger im Musikgeschäft und hat auch da noch Träume, zum Beispiel, wieder einen eigenen Tonträger zu produzieren, wenn die finanziellen Mittel es wieder zulassen. Und er hofft, dass es nach der Covid-19-Zwangspause wieder Auftrittsmöglichkeiten geben wird, um mit seinen Bandkollegen so manche Konzertbühne zum Glühen zu bringen.
„Auf der Bühne fühle ich mich schließlich zu Hause. Es ist völlig egal ob Rock, Jazz oder Soul: Hauptsache der Groove stimmt. Auch die klassische Richtung hat es mir in den letzten Jahren angetan", sagt Federkeil und gibt noch einen kleinen Gedanken preis.
„Mein Wunsch wäre es, eine richtig coole Reggae-Gruppe zusammenzustellen, um diesem Musikstil noch einmal eine Neuauflage zu ermöglichen."
Hoffentlich macht der Künstler dieses wahr.