Am 8. Juli 1990 feierte die deutsche Nationalmannschaft unter Franz Beckenbauer den Gewinn der Weltmeisterschaft in Italien. Nicht alle Spieler von damals sind heute noch im großen Fußballgeschäft aktiv. Den Durchbruch als Trainer schaffte niemand.
Mondlicht – Rom – Franz Beckenbauer. Jeder kennt die Bilder des einsamen Gangs des Weltfußballers über den Rasen des Stadio Olympico in Rom. Durch den 1:0-Sieg im Finale gegen Argentinien feierte die deutsche Nationalmannschaft den dritten Titel – Beckenbauer war der große Architekt. Das war aber der letzte Auftritt des „Kaisers" auf der großen Fußballbühne, die zwölf eingesetzten Spieler erlebten nach dem größten Erfolg ihrer Karriere sehr unterschiedliche Karrierewege.
Bodo Illgner
Mit gerade einmal 23 Jahren ist Illgner der jüngste deutsche Weltmeister-Torwart. Die große Stunde des Kölners schlug im Halbfinale mit dem parierten Elfmeter des Engländers Stuart Pearce. Auf Clubebene feierte er mit Real Madrid große Erfolge. Nach der Karriere war er nicht mehr im großen Fußball-Business tätig, wurde Buch-Autor und ist gelegentlich als TV-Experte aktiv.
Klaus Augenthaler
Er war ein Libero alter Prägung und einer von der harten Sorte. Der größtmögliche Erfolg mit der Nationalmannschaft war zugleich auch sein letzter großer Auftritt. Danach folgte eine Trainerkarriere, die ihn vom Bayern-Interimscoach über Wolfsburg zum Grazer AK und dann bis in die Landesliga zum SV Donaustauf führte. Legendär war die Pressekonferenz, als er sich als Trainer des VfL Wolfsburg die Fragen zu seinen Antworten selbst stellte. Seit 2017 ist er zurück beim FC Bayern und bildet Jugendtrainer im Ausland aus.
Thomas Berthold
Das Finale fand quasi in seinem eigenen Wohnzimmer statt – dem Olympiastadion von Rom. Vom AS Rom ging es für den gebürtigen Hessen später zum FC Bayern. Funktionär wurde er nach seiner Karriere dann bei Fortuna Düsseldorf. Heute ist er als Experte für Print- und TV-Medien aktiv.
Stefan Reuter
Der Rechtsverteidiger war die einzige Einwechslung Beckenbauers. Er kam in der 74. Minute für Berthold ins Spiel. Nach dem Weltmeistertitel gewann Reuter auch noch die Europameisterschaft 1996 und mit Borussia Dortmund die Champions-League. Er ist einer der wenigen „1990er", die es als Funktionär geschafft haben. Reuter ist jetzt schon seit 2012 Sport-Geschäftsführer beim FC Augsburg.
Jürgen Kohler
Unvergessen sein Privat-Duell mit Holland-Stürmer Marco van Basten im Achtelfinale – das er für sich entscheiden konnte. Gewann dann mit dem FC Bayern München und Borussia Dortmund alle möglichen Club-Titel. Nach der aktiven Karriere als Spieler war er als Trainer dann ohne Erfolg. Die letzten Stationen hießen SC Hauenstein und Viktoria Köln.
Guido Buchwald
Seinen Spitznamen „Diego" verdiente sich der fürs Grobe zuständige Stuttgarter mit der erfolgreichen Sonderbewachung von Maradona. 1992 wurde er mit dem VfB Deutscher Meister, dann in Japan eine Ikone. Als Trainer später ohne Fortüne. Sein Griff nach dem Präsidentenamt beim VfB Stuttgart misslang.
Andreas Brehme
Er schoss den glorreichen Elfmeter zum entscheidenden Tor. Acht Jahre nach dem Titel beendete er seine Karriere als Sensationsmeister mit Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern, bei dem er später auch noch als Trainer aktiv war. Als Coach war er ähnlich glücklos wie Augenthaler oder Kohler – seine letzte Station war Unterhaching. Heute ist er für Fußball-Schulen und als Repräsentant unterwegs.
Thomas Häßler
War im Finale im Einsatz, weil er Deutschland gegen Wales überhaupt erst zur Weltmeisterschaft geschossen hatte. „Icke", der 2004 seine Karriere in Österreich beendete, wurde später unter anderem Assistenztrainer in Nigeria, gründete mit Partnern ein Musiklabel und ist Werbefigur für Fußball-Wetten. Seit 2019 trainiert er den Berliner Landesligisten BFC Preussen.
Lothar Matthäus
Die Weltmeisterschaft 1990 war sein persönliches Sommermärchen. In Italien feierte der Kapitän und Anführer seinen persönlichen Karrierehöhepunkt. Nach zehn weiteren Jahren trat er als Rekordspieler des DFB ab. Als Trainer in vielen Ländern von Bulgarien über Österreich bis Brasilien glücklos. Als TV-Experte bei Sky mit geschätzten und teils lustigen Analysen.
Pierre Littbarski
Nach zwei Finalniederlagen 1982 und 1986 funktionierte es für „Litti" im dritten WM-Anlauf. Nach dem Abschied aus Köln in Japan verehrt und privat im Glück. Als Trainer schaffte er es auch nie ins große Rampenlicht, mittlerweile ist er Markenbotschafter des VfL Wolfsburg.
Rudi Völler
Gegen Holland wurde er zum Opfer von Frank Rijkaards Spuckattacke. Holt im Finale den entscheidenden Elfmeter geschickt heraus. Wurde dann als DFB-Teamchef in Japan und Südkorea Vizeweltmeister und zur sympathischen Legende im deutschen Fußball. Nach einem Intermezzo beim AS Rom bis heute als Sportdirektor von Bayer Leverkusen mittendrin im großen Fußballgeschäft.
Jürgen Klinsmann
„Klinsi" machte sich nicht nur mit der WM 1990 unvergesslich, sondern bescherte Deutschland als Nationaltrainer bei der WM 2006 auch das „Sommermärchen". Als Club-Trainer beim FC Bayern München von 2008 bis 2009 wenig erfolgreich, danach Nationaltrainer der USA, bevor es 2019 als Cheftrainer zu Hertha BSC ging. Nach gerade mal zehn Wochen verließ Klinsmann den Hauptstadtclub im Februar 2020 mit einem großen Knall.
Franz Beckenbauer
Der Teamchef ist heute bei Bayern München als Ehrenpräsident nur noch im Hintergrund tätig. Vorwürfe um die Vergabe der WM 2006, der Tod seines Sohnes und gesundheitliche Probleme setzten dem heute 74-Jährigen zu. Er zog sich an seinen Salzburger Wohnsitz zurück und ist nur noch selten öffentlich präsent. Im Finale kamen viele Spieler nicht zum Einsatz. Weltmeister dürfen sie sich heute trotzdem nennen.
Raimond Aumann
Als zweiter Torhüter blieb Aumann ohne Einsatz. Seine Karriere in München endete nach der Saison 1994. Danach bei Besiktas Istanbul aktiv. Leitet heute die Fanbetreuung bei Bayern München
Andreas Köpke
Seine große Zeit begann erst nach der WM 1994 und dem Rücktritt von Bodo Illgner. Feierte dann in der Nationalmannschaft später als Torwart-Trainer große Erfolge und wurde 2014 Weltmeister.
Frank Mill
Einer von denen, die bei der Weltmeisterschaft nicht zum Einsatz kamen. Trotzdem ist er heute noch ein gern gesehener Gast beim Wiedersehen der WM-Helden. Nach seiner Karriere begann er Fußballschulen für Kinder und Jugendliche zu betreiben.
Andreas Möller
Nach der WM kehrt Möller von Borussia Dortmund erstmals zu Eintracht Frankfurt zurück. Nach einem Jahr bei Juventus Turin läuft er erneut für den BVB auf, dann für den FC Schalke und am Ende seiner Karriere wieder für die Eintracht. Nach Stationen als Trainer und Manager landete er im Oktober 2019 wieder bei Eintracht Frankfurt – als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums.
Karl-Heinz Riedle
Vier Einsätze verzeichnete der Torjäger, der in Italien bei Lazio Rom und Borussia Dortmund seine besten Zeiten hatte. Inzwischen ist er Hotelbetreiber und als Repräsentant im Ausland für seinen Ex-Club BVB unterwegs.
Uwe Bein
Nach fünf Jahren bei Eintracht Frankfurt zieht es auch Uwe Bein im Jahr 1994 nach Japan. Nach seiner Rückkehr trainierte er zwei hessische Amateurvereine, war kurzzeitig Sportchef bei den Offenbacher Kickers und engagiert sich inzwischen in den Fußballschulen von Frank Mill.
Paul Steiner
Der mit 33 Jahren damals älteste Spieler im Weltmeisterkader. Auch er blieb ohne Einsatz während des Turniers. Insgesamt kommt er nur auf ein Länderspiel. Nach seiner Karriere arbeitet er als Scout für Bayer Leverkusen und den 1. FC Köln.
Hansi Pflügler
Elf Länderspiele bestritt Pflügler, der seine komplette Karriere in Diensten des FC Bayern München verbrachte. Bis 2017 war er in der Merchandising-Abteilung des FCB tätig, zudem betreibt er eine Pension in seiner Heimatstadt Freising.
Olaf Thon
Zwei Einsätze absolvierte der gebürtige Gelsenkirchener bei der WM. Weltmeister wird er nicht als Spieler des FC Schalke, sondern als Spieler des FC Bayern München. 2002 beendete er seine Karriere, ist zwischenzeitlich Trainer und dem FC Schalke als Repräsentant weiter verbunden.
Günter Herrmann
Ebenfalls ohne Einsatz bei der WM. Spielte insgesamt zehn Jahre bei Werder Bremen, beendete 2000 seine Karriere. Betreibt mittlerweile ein Sportgeschäft.