Niko Kovac trainierte den FC Bayern München, wurde bei Borussia Dortmund sowie in England und in Spanien gehandelt. Am Ende ging er nach Monaco zum Tabellenachten aus Frankreich, der laut Uefa-Klassement nur fünftbesten Liga. Wieso macht er das?
Als Niko Kovac am 19. Juli bei der AS Monaco unterschrieb, atmete wohl so mancher deutsche Trainer-Kollege auf. Denn irgendwie war Kovac in den vergangenen Monaten so etwas wie der Schattenmann der deutschen Trainer-Gilde gewesen. Wann immer irgendwo ein Trainer wackelte oder gesucht wurde, fiel sein Name. Und dass in manchen Fällen etwas dran war, ist verbrieft. So bei Hertha BSC in Kovacs Heimstadt Berlin, wo er von 1991 bis 1996 und von 2003 bis 2006 auch spielte. „Es ist kein Geheimnis, dass ich in Kontakt stand mit Niko und dass ich mich auch mit ihm ausgetauscht habe über ein mögliches Engagement bei Hertha BSC", sagte Hertha-Manager Michael Preetz im April im Sport1-„Doppelpass".
Und das wohl nicht nur einmal. Angeblich hatte Preetz schon im vergangenen Sommer vorgefühlt, ehe dann Ante Covic den Zuschlag erhielt. Nach dessen Entlassung soll Kovac signalisiert haben, dass er in dieser Saison keinen Verein mehr übernehmen werde, woraufhin die Berliner Jürgen Klinsmann quasi als Platzhalter holten. Doch dann machte sich der frühere Bundestrainer mit lautem Getöse aus dem Staub. Und als man dessen Assistenten Alexander Nouri nicht einmal mehr als Interimslösung traute und Kovac immer noch nicht einsteigen wollte, verpflichteten die Berliner Bruno Labbadia. Der ließ sich aber nicht als Übergangslösung holen, und damit war das Thema Niko Kovac erledigt.
Ein Thema gewesen sein soll der 48-Jährige auch bei Borussia Dortmund für den Fall einer Trennung des zwischenzeitlich mindestens zweimal wackelnden Lucien Favre. „Für mich ist klar: Favre weg, Niko Kovac kommt", sagte Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus im Mai, nachdem er als Sky-Experte eine nebulöse Aussage Favres zu seiner Zukunft gehört hatte. Matthäus lag letztlich falsch, versichert aber, dass es BVB-Kontakt zu Kovac gab. „Es ist bekannt, dass die Dortmunder im Winter das Gespräch mit Niko gesucht haben", versicherte er. „Ich kann nur spekulieren, ob sie bei einer Zusage sofort gehandelt hätten oder ob sie sein generelles Interesse an einem Engagement für die Zukunft ausloten wollten."
Der Schattenmann der Bundesliga
Wie dem auch sei. Letztlich landete Kovac eben in Monaco. Und das wirkt auf den ersten Blick seltsam. Denn die „Association Sportive" (was so viel heißt wie „Sportgemeinschaft", weswegen der Verein auch die AS Monaco heißt), ist aktuell keine wirklich große Adresse im europäischen Fußball. 2017 hatten die Monegassen die Titel-Serie von Paris Saint-Germain unterbrochen und die französische Meisterschaft gewonnen, dazu standen sie im Halbfinale der Champions League. Danach wurde die AS noch mal Vizemeister, ehe sie 2019 als 17. nur knapp den Abstieg verhinderte und sich als Achter im Vorjahr nur bedingt erholte.
Doch Kovac hatte schon früh angedeutet, dass es eine Überraschung geben könnte. Schließlich hatte er im relativ jungen Trainer-Alter schon Kroatien, die Nationalmannschaft aus dem Land seiner Eltern, und zuletzt bis November 2019 mit dem FC Bayern einen der größten Vereine in Europa trainiert. „Alles, was nach Bayern kommt, ist nicht so groß", sagte Kovac im Februar. „Es muss passen – wenn es das tut, dann bin ich aber auch bereit, ein, zwei Schritte zurückzugehen – ich muss mich damit identifizieren können."
Sein Ruf hat durch das Aus bei den Bayern kaum gelitten. In München war er von Anfang an kritisch hinterfragt worden, weil er manchen eine Nummer zu klein schien. Wie er dabei Haltung wahrte und das Team zum Double führte, imponierte vielen. Im Herbst war dann doch Schluss. Im Gegensatz zu seiner vorherigen Station bei Eintracht Frankfurt, das er 2017 sensationell ins Pokalfinale gegen Dortmund (1:2) führte und im Jahr darauf sogar zum Pokalsieg gegen den FC Bayern (3:1), hatte es einen entscheidenden Unterschied gegeben: Wusste Kovac in Frankfurt alle Führungsspieler und als schwierig geltenden Stars wie Luka Jovic oder Kevin-Prince Boateng felsenfest hinter sich, so hatte er in München genau mit diesen seine Probleme. Allen voran mit Thomas Müller, den er öfter auf die Bank setzte. Wie schon bei Carlo Ancelotti fanden die murrenden Bayern-Führungsspieler in der Chefetage offene Türen vor, hatten mit ihren Beschwerden letztlich Erfolg und eilten dann unter Kovacs Assistenten Hansi Flick wie befreit von Sieg zu Sieg.
Hitzfeld: Er kann eine große Mannschaft trainieren
Trainer-Ikone Ottmar Hitzfeld, der Kovac in dessen Zeit als defensiver Mittelfeldspieler bei den Bayern zwischen 2001 und 2003 trainierte, attestierte ihm „die Fach- und die Führungskompetenz, um eine große Mannschaft zu trainieren" und hielt es in der „Münchner Abendzeitung" für „wünschenswert, wenn Niko Kovac wieder das Vertrauen bei einem Topclub bekommen würde." Kovac sei „ein Leadertyp".
Das ist sicher auch das Geheimnis seines Erfolges. Kovac ging als Spieler wie als Trainer immer voran, blieb dabei aber immer stilvoll. Ein eisenharter, aber fairer Defensivspieler. Einer, der auf dem Feld für Ordnung sorgte und auch in der Kabine wichtig war. Der immer seine Meinung sagte, aber nie für einen Skandal sorgte. Der austeilen und einstecken konnte. Und der eine gute Menschen-kenntnis besitzt.
Kovac habe „sicher viele Angebote, national und international", sagte Preetz nach den Gesprächen mit ihm. Der Umworbene selbst erwähnte zwischenzeitlich, dass er Spanien und England interessant finde. „Und natürlich die Bundesliga." Es wurde am Ende eben die Ligue 1. Doch Monaco hat nicht nur wegen der umwerfend schönen Region der Côte d’Azur seinen Reiz. In der Marktwert-Tabelle lag die AS in der Vorsaison auf Rang drei in Frankreich hinter PSG und Lyon. Und der russische Oligarch Dmitrij Rybolowlew ist bereit, weiter zu investieren. Im Vorjahr machte Monaco auf dem Transfermarkt ein Minus von rund 116 Millionen Euro.
Kovac soll also ein bisher unter Wert geschlagenes Team mit großzügigen Mitteln zurück in die Spitze führen. So gesehen gibt es sicher undankbarere Aufgaben.