Kurz vor der Geburt stellt sich die Frage, ob man alles vorbereitet hat
Kurz vor knapp hat der berühmt-berüchtigte Nestbautrieb auch mich erreicht. Ganz lange habe ich selbst tiefenentspannt und mit einem Schmunzeln im Gesicht verfolgt, wie andere werdende Mamis das Kinderzimmer streichen, kistenweise Windeln kaufen und Strampler bügeln. Ob es jetzt an der freien Zeit im Mutterschutz liegt oder ob kurz vor der Geburt nochmal andere Hormone ausgeschüttet werden, kann ich nicht sagen. Doch vor ein paar Wochen überkam auch mich plötzlich so ein Kribbeln, und abends im Bett lag ich mit der Frage wach: Habe ich auch alles vorbereitet, um meinem Baby den optimalen Start ins Leben zu bieten?
Als könnte die Schwangerschafts-App Gedanken lesen, bekam ich plötzlich haufenweise Input: Ratschläge wie „Fünf Dinge, die Sie beim Kauf eines Kinderwagens beachten sollten" und „Das gehört in die Kliniktasche" blinkten plötzlich auf. Kliniktasche? Gab’s sowas früher auch schon? Fuhr man da nicht einfach los, wenn es so weit war und hoffte, dass man im Krankenhaus ein Hemdchen und eine Zahnbürste erhalten würde? Heutzutage überlegt frau scheinbar schon Wochen vorher, was sie bei Geburt und Entlassung tragen möchte, backt „Power-Kekse" für den kleinen Hunger zwischen den Wehen und nimmt eine spezielle Playlist auf, um beim Pressen mit der richtigen Musik versorgt zu sein.
Aber nicht nur der Mami wird empfohlen, alles Notwendige stets griffbereit zu haben. Auch für den Papa und natürlich das Baby wird eine Tasche gepackt. „Zuckerhaltige Getränke, damit der werdende Vater nicht umkippt" gehören scheinbar ebenso zur Grundausstattung wie gemütliche Pantoffeln, Bademantel und Kleingeld für den Parkautomat. Nachdem alles zusammengepackt war, sah es aus, als könnten wir sofort zu einem dreiwöchigen Abenteuer-Urlaub aufbrechen. Wenn es so weit ist, brauchen wir definitiv ein Taxi mit extra großem Kofferraum.
Aber auch in der restlichen Wohnung habe ich inzwischen Hand angelegt. Beistellbettchen, Kinderwagen und Autositz waren relativ schnell besorgt. Die „fünf guten Tipps" aus der App habe ich nicht wirklich befolgt und vertraue darauf, dass alle Modelle heutzutage den Grundanforderungen entsprechen. Der Rest kam dann plötzlich wie von allein von Freunden, Nachbarn und Kollegen. Wippe, Krabbeldecke, haufenweise Spielsachen und säckeweise Kleidung – prima, jetzt könnte ich glatt Drillinge ausstatten. Alles, was jetzt noch fehlt, ist ein Baby, um all die Rasseln und Greifringe in die Hand zu nehmen und die winzigen Bodys, Jäckchen und Mützchen zu tragen.
Und je mehr Gegenstände sich im neuen Kinderzimmer türmen, desto häufiger stellt sich mir die Frage: Brauche ich das alles wirklich? Und habe ich nicht auf der anderen Seite irgendetwas ganz Essenzielles vergessen? Zum Glück gibt es mittlerweile für alles Checklisten – nicht nur für die Kliniktasche, sondern auch für den Wickeltisch, den Kleiderschrank und jeden Raum der Wohnung. Und das Tolle an Checklisten ist ja: Es hat eine beruhigende Wirkung, sie zu lesen und sich dann doch nicht dran zu halten, da sie eh immer viel zu lang sind.
Schwieriger war dann schon der Papierkram. Mutterschaftsgeld, Elterngeld, Elternzeit, Anmeldung beim Standesamt, Zuschüsse zur Schwangerschaftsvorsorge ... Wenn man nicht aufpasst, verliert man da schnell den Überblick über die Anträge. Zumal es einem nicht gerade einfach gemacht wird, wenn manche schon sechs Wochen vorher, andere hingegen erst nach der Geburt gestellt werden können. Aber auch hier lichtet sich langsam, aber sicher der Stapel auf dem Schreibtisch.
Manchmal schrecke ich zwar nachts immer noch auf und denke, ich könnte etwas vergessen haben. Aber ich werde täglich ruhiger. Schließlich leben wir in einem Land, in dem alles Fehlende auch kurzfristig noch besorgt werden kann. Und das Wichtigste haben wir Gott sei Dank im Überfluss: Ausreichend Liebe für unseren noch ungeborenen neuen Erdenbürger.
Von uns aus darf das Baby jetzt jederzeit kommen. Wir sind bereit.