In der New Yorker Clubszene hat sich im Sommer 2019 ein heißer Trend entwickelt, der auch das Jahr 2020 noch unsicher macht: der Bodysuit. Ein bisschen erinnert der an Strandmode oder Unterwäsche – doch weit gefehlt! Der sexy Einteiler darf jetzt sogar mit ins Restaurant. Natürlich richtig gestylt.
Laut Definition im Wörterbuch ist unter einem Bodysuit ein „einteiliges, eng anliegendes, den Rumpf bedeckendes Kleidungsstück aus elastischem Material" zu verstehen. Der Body, wie er umgangssprachlich genannt wird, schmiegt sich tatsächlich wie eine zweite Haut an den Körper an, betont alle Rundungen perfekt und lässt aufgrund der hohen Dehnbarkeit doch genug Platz zum Atmen. Auf den Laufstegen ist er dieser Tage bei Collina Strada ebenso zu entdecken wie bei Sara Sampaio. Dazu kombinieren die Designer Strumpfhosen und High Heels. Was unten herum fehlt, wird oben herum großzügig drapiert. So erhalten die Models bei Mugler kurzerhand zum transparenten Bauchbereich mit Seitenausschnitten ein Minijäckchen im Blazerstil, um die Arme damit zu bedecken. Auch Kenzo setzt auf die Jacken-Variante, allerdings mit ausgestellten Schulterpartien. Das macht die Sanduhr-Figur perfekt. Und damit das Bein nicht friert, bekommt es kurzerhand kniehohe Stiefel verpasst.
Ausgestellte Schultern mit Polstern und XL-Ärmeln scheinen sich durchzusetzen. Auch bei Area sind Schulterpolster dieser Tage ein großes Thema bei den Entwürfen. Die 80er-Jahre lassen grüßen. Und als wäre das nicht schon retro genug, kommen auch die schmalen Hüftgürtel direkt wieder zurück. Welche älteren Semester erinnern sich nicht noch lebhaft an die berühmten Aerobic-Videos mit Fitness-Ikone Jane Fonda? Auch die trug gern den Hüftgürtel um die schlanke Taille und sorgte so ganz nebenbei dafür, dass auch Männer ganz verzückt vor den Fernsehgeräten schwitzten.
Dabei sind die Gürtel nicht nur Hingucker, sondern auch Figurformer. Brust und Po erlangen so die gewünschte Aufmerksamkeit, die Taille erscheint schön schmal. Doch egal, ob mit oder ohne Gürtel, verstecken lässt sich kaum etwas im engen Bodysuit. Wo sollten die überschüssigen Pfunde auch hin, bei dem wenigen Stoff? Hier seien Damen mit prallen Rundungen vorgewarnt, für sie eignet sich dieser Trend wahrscheinlich weniger gut. Dabei gibt es durchaus bodyformende Modelle zur Auswahl. Die zaubern eine flache Bauchpartie und unterstützen die Brust durch eingearbeitete Cups. Wichtig ist, dass alles wirklich da sitzt, wo es hingehört, denn die Aufmerksamkeit liegt komplett auf dem Bodysuit, der das „kleine Schwarze" ersetzt.
Gerne auch mit ausgestellten Ärmeln
Wer sich vor allem untenrum zu nackig fühlt, für den bieten die Designer unterschiedliche Ansätze an. So verhüllen sie mal das komplette Bein mit glänzenden Stiefeln (Jeremy Scott) und dann wieder mit einem transparenten Röckchen (Julien Macdonald). Doch einem Grundsatz bleiben sich alle Designer treu, es bleibt luftig und figurbetont. Kunstfedern und Chiffon erwecken lediglich den optischen Eindruck von mehr Stofffülle und schaffen damit einen Kontrast zur Bademode. Badeanzüge verfügen schließlich über dieselbe Machart wie der Bodysuit. Allerdings bestehen sie aus anderen Stoffen und sind in der Regel weitaus bunter und schlichter im Schnitt, als dies bei den neuen sehr zeigefreudigen Abendanzügen der Fall ist.
Dabei gab es schon einmal einen Vorstoß in Sachen tragbarer Bodysuit für den Alltag. Das war in den 1950er-Jahren, als die Designerin Claire McCardell den Bodysuit auf den Laufsteg brachte. Eine ungewohnt freizügige Designidee für die damalige Zeit. Die Bodysuits der frühen Jahre hatten allerdings noch einen Beinansatz und waren oftmals mit Knopfleiste, Gürteln und Reißverschlüssen ausgestattet. Das erinnerte insgesamt mehr an den klassischen Hosenanzug, nur eben eng anliegend und mit deutlich weniger Stoff versehen. Mit dem Tod der Designerin 1958 starb auch ihre Idee von der neuen Freizügigkeit. Zumindest bis in die oben erwähnten 80er-Jahre hinein, wo die Ära der Fitnessvideos begann. Der Bodysuit schaffte es sogar bis auf die große Kinoleinwand und machte Jennifer Beals im Musikfilm „Flashdance" zur Ikone. Die Schauspielerin verkörperte darin eine Schweißerin, deren Traum es ist, als Tänzerin ganz groß rauszukommen. Im – wir ahnen es schon – Bodysuit! Jahre nach der letzten großen Erfolgswelle fristete der Einteiler dann wieder ein Schattendasein, meist im Unterwäschesegment. Auch dort blieb er mit zarter Spitze versehen und mit oftmals viel Transparenz ein kleines Highlight. Zumindest in den eigenen vier Wänden.
Der Body schaffte es mit „Flashdance" in die Kinos
Nun ist die Alternative zu BH und Slip wieder da und feiert ein großes Comeback in aller Öffentlichkeit. Vorbei scheinen die Zeiten der Sportmode und Dessous, die neuen Bodysuits machen sich fein und gehen ganz groß aus. Wobei als Material nach wie vor überwiegend Lycra und Jersey zum Einsatz kommen, denn nur so ist die nötige Flexibilität gewährleistet, die es braucht, damit der Bodysuit sich wirklich wie eine zweite Haut an den Körper schmiegt. Ein kleines Geheimnis tragen dabei die meisten Modelle, für den Betrachter verborgen, mit sich herum: den Verschluss. Der befindet sich im Schritt und ist mal mit kleinen Druckknöpfen versehen, dann wieder mit einem Klettband oder Häkchen verschlossen. Nur durch den Verschluss ist es möglich zur Toilette zu gehen, ohne sich zuvor komplett zu entkleiden. Wichtig ist es, hierbei auf eine gute Verarbeitung zu achten, denn Knöpfe und Reißverschlüsse können schnell unangenehm drücken oder beim Laufen einschneiden. Außerdem sollten sie so gearbeitet sein, dass man sie nicht sieht. Um solche Schwierigkeiten zu vermeiden, verzichten Designer oft auf den klassischen Bodyverschluss im Schritt und konzentrieren sich stattdessen auf andere „Hilfsmittel". Ein langer Rückenausschnitt oder kleine Knöpfe im Nackenbereich zum Beispiel können das Ausziehen erleichtern.
Und da über den Abendbodys nichts drunter getragen wird, ist es schnell möglich, sich dem zu entledigen. Generell gilt für die trendbewusste Mode-Amazone: Im Bodysuit muss frau sich wohlfühlen und einen souveränen Auftritt hinlegen. Hinguckermomente sind garantiert, da bleibt kein Extra-Nachtisch verborgen. Also mutig hinein ins neue Ausgeh-Glück, wenn sich frau denn traut?