Boxer Yannik Gödicke steht vor seinem Debüt als Profi. Sein Kumpel und Trainingspartner Alexander Lorch ist schon etwas weiter. Er wollte eigentlich 2020 Deutscher
Meister werden und anschließend erstmals um einen internationalen Titel kämpfen.
Die Aussage ist klar: „Keine Amateurkämpfe, nur Profikämpfe. Es werden gut zwei Stunden reines Boxen, ohne Schicki-micki", sagt Alexander Lorch. Der Box-Profi aus Dudweiler ist froh, „dass wir endlich wieder boxen und unser Können zeigen dürfen." Und zwar am Samstag, 12. September, in der Scharnhorsthalle in Saarbrücken. Neben dem 24-jährigen Lorch, der den Hauptkampf bestreiten wird, steigen unter anderem auch Yannik Gödicke und Haidar Warda in den Ring. Im Rahmenprogramm treten die Sportler des Muay Thai Club Jägersfreude an.
„Wir haben lange auf den Startschuss gewartet. Irgendwann muss es ja mal weitergehen. Es ist auch schon ein bisschen unfair, dass die Fußball-Bundesliga wieder spielen durfte und wir noch länger warten mussten", findet Alexander Lorch und versucht, der für alle schweren Corona-Zeit trotzdem etwas Positives abzugewinnen: „Ich hatte genug Zeit und habe diese auch gut genutzt. Zum Glück hat das Wetter mitgespielt, so konnte ich mir etwas einfallen lassen und durchtrainieren." Eigentlich hätte die von ihm und seinem Vater und Trainer Uwe Lorch organisierte Veranstaltung schon im März in seiner „Heimathalle" in Dudweiler stattfinden sollen. Doch die damals geltenden Corona-Auflagen machten sie nahezu unmöglich. Die Tickets behielten jedoch ihre Gültigkeit und um den 300 Zuschauern gemäß der aktuellen Vorgaben für Veranstaltungen Platz bieten zu können, zogen die Lorchs mit ihrem Event in die Scharnhorsthalle um. Das entsprechende Hygienekonzept wurde der zuständigen Behörde vorgelegt, allerdings noch nicht genehmigt. „Eigentlich dürfte nichts schiefgehen. 450 Personen sind ja derzeit maximal erlaubt und in diese Halle passen normalerweise 1.500", meint Lorch. Notfalls wollen er und sein Vater, der selbst Deutscher Meister im Cruisergewicht war und immer noch als internationaler Ringrichter tätig ist, den Boxabend ohne Zuschauer durchziehen und die Kämpfe mit einem exklusiven Youtube-Livestream über das Internet übertragen. „Wir können die Veranstaltung nicht noch einmal absagen. Wir sind ja wieder finanziell in Vorlage getreten", sagt Lorch und ergänzt: „Und wenn weniger als 300 zugelassen werden, können wir ja nicht den einen sagen, dass sie kommen dürfen und andere nicht."
Eine Absage kommt nicht infrage
Ursprünglich sollte es nach dem Kampf im März am 6. Juni in Saarbrücken gegen Jürgen Manger aus Rheinland-Pfalz um die Deutsche Meisterschaft gehen und im Falle des Titelgewinns im Herbst 2020 Lorchs erster Kampf um einen internationalen Titel anstehen. Doch Plan A stammt noch aus der Zeit vor der Corona-Pandemie. Plan B ist nun wie Plan A – nur eben ein paar Monate später. „Als die Fitnessstudios geschlossen waren, war ich sehr viel draußen unterwegs", berichtet Lorch Junior von seinem Alternativprogramm: „Ich war oft am Sportplatz Runden laufen und habe auch eine Maisbirne mitgenommen, sie dort ans Tor gehängt und damit trainiert." Zusammen mit seinem Boxtrainingsgerät erregte er über Wochen hinweg stets Aufmerksamkeit und konnte seinem Hobby endlich wieder vor Publikum frönen. Auch, wenn dieses nur aus Spazierenden bestand, die täglich zur gleichen Zeit mit ihren Hunden Gassi gingen. „Das Training hat sich aber etabliert. Sport an der frischen Luft ist super, und das mache ich immer noch mehrmals pro Woche", sagt Lorch, der aus der Not heraus ganz neue Methoden kennenlernte: „Ich habe mir viel Inspiration im Internet geholt und zahlreiche Übungen gefunden. Es war mir vorher gar nicht bewusst, wie viele man davon mit dem Eigengewicht machen kann."
Ein „Gegengewicht" braucht es allerdings beim Sparring – also dem direkten Duell mit einem anderen Boxer, das Wettkampfbedingungen simulieren soll. Dass diese Trainingsform erst einmal nicht möglich war, ist für Lorch kein Problem: „Ich mache das ja nicht erst seit gestern. Sparring wird erst kurz vor dem Wettkampf wichtig. Mittlerweile habe ich zwischen 60 und 80 Runden Sparring absolviert", sagt er und stellt fest: „Alles ist super, ich bin topfit und freue mich, dass es endlich bald wieder losgeht." Sein Gegner im Halbschwergewicht heißt Antoni Zowak, stammt aus Kroatien und hat fünf seiner bisher sieben Profikämpfe gewonnen. Lorch hat mit drei Siegen aus drei Profikämpfen eine weiße Weste. „Ich bin gespannt, was mich erwartet. Ich fokussiere mich auf mich selbst. Dann kann nix schiefgehen", ist sich Lorch sicher.
Yannik Gödicke klingt ebenfalls zuversichtlich, aber zurückhaltender. Der 23-Jährige gibt am 12. September in der Scharnhorsthalle sein Debüt. „Ich fühle mich besser als je zuvor, bin aber auch ein bisschen aufgeregt, schließlich ist es mein erster Profikampf", sagt er. Nach 28 Amateurkämpfen (14 Siege, zwei Unentschieden, zwölf Niederlagen) hat er festgestellt: „Was Ausdauer oder Technik angeht, bin ich eher Profisportler. Es hat mich immer schon gestört, dass ein Kampf im Amateurbereich nur über drei Runden geht. Man hat gar keine Zeit, den Gegner richtig zu bearbeiten", sagt er und erklärt: „Stattdessen geht man in den Ring, zieht sein Ding durch und hofft, dass es am Ende reicht. Im Profibereich hat man mehr Zeit, und auch die Qualifikation der Gegner ist höher." KfZ-Mechaniker Gödicke stammt aus Göttelborn, boxt bereits seit zwölf Jahren im Verein (ASC Dudweiler) und wurde zusammen mit Alexander Lorch quasi im Ring groß. Beide trainieren zusammen, und schon ihre Väter kennen sich aus Jugendtagen. Was Lorch und Gödicke Junior nicht gemeinsam haben, ist der Boxstil: „Hier bin ich das krasse Gegenteil von Alex", sagt Gödicke und erklärt: „Ich bin ein relativ starker Infighter, also habe durch meinen sehr beweglichen Oberkörper Vorteile im Nahkampf. Was Alex mit Technik und Klugheit ausmacht, gleiche ich mit Geschwindigkeit aus." Die Stärken seines Kumpels kennt der Supermittelgewichtler aus gut 2.000 gemeinsamen Sparring-Runden. Vielleicht bekommt er von Lorch auch den einen oder anderen Tipp für sein Profi-Debüt. Denn sein Gegner Michael Klempert war auch der erste Profi-Gegner von Alexander Lorch. Und der hatte gegen „Hier kommt Alex" keine Chance.