Die Vielfalt an asiatischen Restaurants wächst bei uns seit Jahren stetig. Mit dem „Bistro Kambodscha" ist Anfang Juli in Saarbrücken ein weiteres dazugekommen. Wie der Name ahnen lässt, steht hier die Küche Kambodschas im Fokus – das ist neu in der Region.
Ich habe an dieser Stelle bereits über Restaurants mit Köchen aus China, Thailand, Vietnam, Korea und Laos geschrieben. Was es in Saarbrücken bisher nicht gab, war ein Restaurant aus Kambodscha. Bis Anfang Juli dieses Jahres. Der gebürtige Chinese Dewu Zheng und seine kambodschanische Ehefrau Ratana Zheng haben es sich zur Aufgabe gemacht, in ihrem „Bistro Kambodscha" den Menschen hier im deutsch-französischen Grenzgebiet die Küche dieses Landes in Südostasien näherzubringen.
Die asiatische Küche ist seit Jahrzehnten in Europa auf einem unaufhaltsamen Siegeszug. War in den 80er-Jahren der Satz: „Heute Abend gehen wir zu unserm Lieblingsitaliener" an der Tagesordnung, so hat sich das verändert. Heute gehen viele zum Lieblingsasiaten. Kein Wunder: Die asiatische Küche ist abwechslungsreich, geht in der Regel schnell und ist durch die Frische der Zutaten sehr gesund. Wenn die Flamme unter dem Wok brennt, dauert es nur wenige Minuten, bis das Essen auf dem Tisch steht. Wurde die Verwendung exotischer Kräuter und Gewürze anfangs noch misstrauisch beäugt, gehören heute etwa Ingwer, Koriander und Zitronengras längst zur Grundausstattung vieler deutscher Hobbyköche.
Die asiatische Küche begeistert vor allem durch die Vielfalt der Aromen. Die Gemüse- und Obstsorten dieses Kontinents sind schon lange in Europa angekommen. Jedes asiatische Land, oft schon die unterschiedlichen Regionen des jeweiligen Landes, überzeugt mit besonderen Spezialitäten. Wobei man ehrlicherweise auch sagen muss, dass nahezu alle Asiaten, die bei uns heimisch geworden sind, ihre Gerichte ein Stück weit dem europäischen Geschmack angepasst haben. Die Küchen der jeweiligen Länder kennen häufig auch Zutaten – Früchte, Wurzeln, Pilze, Gewürze –, die uns Europäern bis heute fremd sind und bei uns aus den unterschiedlichsten Gründen keine Verwendung finden. Unter anderem, weil sie geschmacklich so anders sind als das, was wir als wohlschmeckend empfinden. Dennoch bekommt man auch bei uns einen Eindruck von der Vielfalt und der Frische dieser Küchen.
Gewürzt wird zurückhaltender als etwa beim Thai
Das „Bistro Kambodscha" ist genau gegenüber des alten Saarbrücker Stadtbades in der Karcherstraße 22 zu finden. Manche erinnern sich vielleicht noch daran, dass die „Winefactory" vor vielen Jahren in diesen Räumen angefangen hat. Das „Bistro Kambodscha" hat zwei Eingänge und drei Räume. Wer das Haus durch den Eingang in der Richard-Wagner-Straße betritt, steht linker Hand vor der Theke und entdeckt rechter Hand ein wunderschönes Jugendstil-Glaskunstwerk. Hier stehen ein paar Tische, an denen man sich niederlassen kann. Von diesem Raum geht es aber in den großen Raum, in dem die meisten Gäste essen. Von diesem zweigt noch ein kleinerer ab, und auch dort kann man gemütlich sitzen.
Bei meinem Besuch Mitte August ist es heiß, sehr heiß. Zur Erfrischung bieten mir meine Gastgeber erst einmal eine geschälte Kokosnuss an – herrlich. Die Freundlichkeit, mit der mich Familie Zheng empfängt, macht die beiden von der ersten Sekunde an sehr sympathisch. Und als ich später das Haus verlasse, weiß ich, dass ich hier ganz sicher nicht zum letzten Mal gewesen bin. Schon allein, weil mich die Kochkunst von Dewu Zheng wirklich überzeugt hat. Übrigens: Donnerstags kocht er immer ein Überraschungsgericht! Der aufmerksame und ungemein freundliche Service von Frau Zheng und einer Mitarbeiterin runden den positiven Eindruck ab.
Was aber macht die Küche in Kambodscha aus? Wie ihre Nachbarn in Vietnam, Thailand und Laos kochen sie eine frische und sehr geschmackvolle Küche. Allerdings wird hier etwas zurückhaltender gewürzt als in den Küchen der kambodschanischen Nachbarn. Nicht, dass auch sie nicht mit Schärfe spielen. Auch hier finden sich durchaus pikante Gerichte. Allerdings kommt die Schärfe am Essen im „Bistro Kambodscha" für mich als Mitteleuropäer deutlich dezenter daher.
Vielleicht liegt es auch daran, dass der Chefkoch seine Gäste sehr gut einschätzen kann. Seit 1991 lebt er bereits in Europa, arbeitete in vielen chinesischen Restaurants in Südwestdeutschland. In Trier, in Dudweiler und auch in mehreren Läden in Saarbrücken. Ihm gehörte etwa das Chinarestaurant „Jasmin" in der Saarbrücker Kaiserstraße. Und auch „Die große Mauer" in der Dudweilerstraße betrieb er einst.
„Das Saarland ist meine zweite Heimat geworden. Ich liebe diese Gegend", sagt Zheng und lacht. Seine Frau Ratana ist seit zwölf Jahren im Saarland. Gemeinsam haben sie jetzt die Idee verwirklicht, ein kambodschanisches Restaurant zu eröffnen. Kompliziert sind die meisten Rezepte nicht, doch der Genuss ist wirklich überzeugend.
Nachdem ich die Kokosnuss ausgeschlürft habe, zeigt mir Dewu Zheng eine kleine Auswahl seiner Kochkunst. Wie in Asien vielerorts üblich, kommen alle Gerichte zur gleichen Zeit und werden in die Mitte des Tisches platziert. Ich liebe das sehr und insbesondere, wenn man mit mehreren Menschen zusammensitzt, kann man so wunderbar verschiedene Gerichte kosten. Jeder probiert bei jedem.
Typisch sind auch Suppen aus der Garküche
Ich bitte Herrn Zheng, mir noch eine Kambodscharolle zuzubereiten, da ich die unbedingt kennenlernen möchte. Statt einer stehen kurze Zeit später drei auf dem Tisch. Die Rolle besteht aus Glasnudeln, Hähnchenfleisch, Karotten, Lauchzwiebeln und Morcheln. Dazu tischt uns der Küchenmeister einen Papaya-Salat und ein kambodschanisches Nationalgericht, Fisch Amok, auf. So viel, dass ich kaum weiß, wo ich anfangen soll. Die Karte hat aber noch weitaus mehr zu bieten. Die ein oder andere Leckerei muss ich mir aber für meinen nächsten Besuch aufheben. Etwa das rote Curry. Dieses Gericht gibt es in dem kleinen Land bei speziellen Anlässen, etwa einer Hochzeit. Kambodscha steht auch für Meeresfrüchte jeglicher Art. Den gebratenen Reis mit Garnelen habe ich mir auch bereits für einen künftigen Besuch vorgemerkt. Das Rezept für dieses Gericht ist in der Provinz Kampot im Süden des Landes mit seiner herrlichen Küstenlandschaft zuhause. Hier wird es auch gerne mit frischen Krebsen serviert.
Typisch für Kambodscha sind auch Suppen aus der Garküche. In vielen Regionen Asiens beginnt der Tag häufig mit einer Suppe. Die Rezepte kambodschanischer Suppen sind nicht grundsätzlich anders als die in Thailand oder Vietnam, sie enthalten aber etwas mehr Säure. Eine Schale mit Limonenstücken wird zu fast jeder Suppe gereicht. Beliebt sind die saure Fisch- oder Hühnerbrühe. Darin finden sich Ingwer, Zitronengras und Limettenblätter. Perfekt gegen die Hitze!
Doch zurück zu unserem Essen in Saarbrücken. Neben den Kambodscharollen, die wirklich sehr lecker schmecken, gibt es wie erwähnt einen Papaya-Salat – ein wundervolles Essen bei großer Hitze. Auf meine Frage, ob das nicht typisch thailändisch ist, erfahre ich, dass Papaya-Salat grenzüberschreitend sei.
Der dritte Bestandteil meines Mittagessens im „Bistro Kambodscha" ist die erwähnte Nationalspeise Amok. Das sehr gut schmeckende Currygericht wird entweder mit Fleisch, Fisch oder Meeresfrüchten serviert. In unserm Fall mit Fisch. Auch an Kokoscreme wird nicht gespart. Gewürzt ist sie mit Zitronengras, Galangal-Wurzel, Kurkuma, Kaffir-Limettenblätter, Knoblauch, frischen roten Chilis und asiatischen Schalotten. Der Fisch kommt samt einer überzeugenden Sauce in einer „Schüssel" aus Banananenblättern daher. Das Auge isst ja bekanntlich mit. Sieht nicht nur toll aus, schmeckt auch so.
Ich kann jedem Leser nur empfehlen, sich selbst aufzumachen, um einen Eindruck von der kambodschanischen Küche zu bekommen und deren Spezialitäten zu entdecken. Was ich bei meinem Besuch auch erfahre: Seit der Kolonialzeit der Franzosen mögen die Kambodschaner Baguette, und bis heute spielt es eine besondere Rolle im Land. Mein Fazit: Nicht nur gut gegessen, sogar noch etwas gelernt. Was will man mehr?