Was verbinden Menschen mit dem Wort „Jazz"? Sicherlich unter anderem den Freiheitsgedanken der afroamerikanischen Bürger der Vereinigten Staaten und Südamerika. Doch was verbinden Musiker mit Jazz? Improvisation, um diese Freiheitsgedanken zu untermauern? Lebensfreude, die beim Musizieren zutage tritt?
Das siebte Album „Pick Me Up Off the Floor" der neunfachen Grammy-Gewinnerin Norah Jones ist vor allem eines: unterhaltsam. Und das, ohne jemals in irgendeiner Art aufdringlich zu sein. Norah Jones setzt auf eine minimalistische Instrumentation, bestehend aus ein paar Akkorden, vielen Klangbildern und ihre leicht rauchige Stimme. Melodische Eingängigkeit wird hier überbewertet.
Stattdessen legt die Sängerin viel Wert auf ein komplexes, sperriges Klangbild, geprägt von Dissonanzen und einen engen Wort-Musik-Bezug:
Bereits der Eröffnungstitel „How I weep" zeichnet sich durch viele lautmalende Klänge aus, die man sonst eher aus der Romantik kennt. Aber sei’s drum, Pop-Jazz ist ja auch irgendwie romantisch. Da wird ein Bass kurzerhand zum pochenden Herzschlag umfunktioniert. Manchmal werden auch fallende Streicherklänge benutzt, um Tränen zu untermalen. Im Song „Heartbroken, Day After" tauchen viele Dissonanzen auf, um den „unvollständigen", gebrochenen Gemütszustand des lyrischen Ichs zu verdeutlichen: So unausweichlich wie dem Verzweifelten seine Situation erscheint, so unvollständig und offen bleiben hier die Schlussakkorde.
Aber gelegentlich tauchen plötzlich auch einige optimistische Lebensweisheiten auf. Ihre Vorab-Single „I’m Alive" ist solch ein Lichtblick. Denn das Leben – und das Album – wären zu kurz, um sich ausschließlich mit Verlust und Trauer zu beschäftigen. Daher verwebt Norah Jones auf „Pick Me Up Off the Floor" auch Persönliches und Politisches. Für eine gute Portion Hoffnung ist hier noch genug Platz. Für die CD von Norah Jones ist diese Moll-Lebensart dennoch ein Gewinn. Und sie beweist damit, dass minimalistische Musik in einer lauten und hektischen Welt durchaus oder gerade deswegen begeistern kann. Ein gelungenes Album.