Wissenschaftler wollen festgestellt haben, dass Nichtstun im Urlaub dumm macht
Seit Wochen träumen wir in unserer tristen Bürostube schon vom bevorstehenden Urlaub, vom tagelangen süßen Nichtstun und ausgiebigen Faulenzen. Zumindest hatten wir so etwas in dieser Art vor – bis wir eine alarmierende Information der „Gesellschaft für Gehirntraining" lasen. Geistige Untätigkeit soll demnach die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns deutlich herabsetzen! Ganz drastisch heißt es: „Urlaub macht dumm!"
Professor Siegfried Lehrl von der Uni Erlangen: „Wer im Urlaub wochenlang nichts tut, muss mit einem drastischen Absinken seines Intelligenzquotienten rechnen." Ein Blick auf die vielen, ihre eigene Corona-Beschränktheit feiernden Zeitgenossen am Ballermann scheint dem Professor Recht zu geben. Unser Gehirn, so Siegfried Lehrl, brauche für sein volles Leistungsvermögen regelmäßiges Training. Pro Faulenzer-Tag verliere man ungefähr einen vollen IQ-Punkt.
Spontan freuten wir uns, dass der Professor zumindest davon ausgeht, dass es bei uns ein leidlich gefülltes, und daher reduzierfähiges IQ-Punktekonto gibt. Wer seinen IQ kennt, kann nun leicht ausrechnen, wie lange er am Strand faulenzen darf, bis der geistige Nullpunkt erreicht ist. Bei manchen bleibt da sogar noch Resturlaub übrig.
Angeblich helfen aber schon ein paar tägliche Kreuzworträtsel oder Sudokus, um die grauen Zellen zu aktivieren. Am besten sei es, geistige Aktivitäten mit körperlichen zu kombinieren und regelmäßig zu essen und zu trinken, denn unser Gehirn braucht Zucker zum Arbeiten. Gut, das mit dem regelmäßigen Essen und Trinken bekommen wir auch im Urlaub hin, denn das schaffen wir zu Hause ja noch locker neben dem Job. Das Problem dürfte eher sein, geistige und körperliche Betätigung zu verbinden.
Um den wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung zu tragen, haben wir jetzt unsere geplante Urlaubsgestaltung über den Haufen geworfen. Dem Rat der Gesellschaft für Gehirntraining folgend, werden wir mindestens einmal am Tag unser Gehirn auf Touren bringen. Was gar nicht so einfach ist, da dies immerhin sieben Gehirnaktivitäten pro Woche bedeutet – ein Wert, den wir wegen der Fünf-Tage-Woche zu Hause nur selten erreichen. Beispielsweise, wenn eine neue Kollegin eingestellt wird.
Dennoch haben wir uns für den Urlaub fest vorgenommen, den Tag mit allerlei intellektuell fördernden Tätigkeiten anzureichern. Neben den erwähnten Kreuzworträtseln und dem Daddeln auf dem Handy fallen uns ganz aktuell noch kleine leistungsfördernde Rechenübungen ein. Beispielsweise könnten wir jeden Tag die örtlichen Infektionsraten mit der landesweiten Durchseuchungsrate multiplizieren und dann das Ganze durch die Reproduktionszahl R teilen. Der ermittelte Wert sagt uns zwar gar nichts, aber der Weg ist ja hier das Ziel.
An unterstützenden körperlichen Aktivitäten fallen uns sofort diejenigen ein, die unsere Frau zu Hause immer vergeblich anmahnt, weil wir uns ja regelmäßig schon im Büro bis zur Erschöpfung verausgaben. Wenn es aber letztlich dem Gehirn hilft, wollen wir im Urlaub versuchen, diesbezüglich öfter körperlich mit unserer Partnerin zu kooperieren. Allerdings ohne zu vergessen, dass wir wegen unseres fortgeschrittenen Alters ja bekanntlich zur Risikogruppe gehören.
Wir überlegen nun gerade, welche unserer geistigen Aktivitäten wir – dem wissenschaftlichen Rat folgend – mit besagtem zwischenmenschlichen Körpereinsatz kombinieren können, um gehirntechnisch ein optimales Ergebnis zu erzielen. Vielleicht könnten wir ja dabei ein paar Vokabeln memorieren oder die spanischen Weinbauregionen aufzählen? Und vielleicht zusätzlich noch Kaugummi kauen, da das angeblich die Gehirnleistung zu steigern vermag.
Wenn all das nicht hilft und wir an Strand beim Sangriaschlürfen Tag für Tag geistig mehr an Niveau verlieren, bliebe eigentlich als radikaler Gehirn-Rettungsversuch nur der umgehende Urlaubsabbruch und die sofortige Rückkehr an den Arbeitsplatz!
Aber so dumm sind wir zum Glück auch nach drei Wochen ununterbrochenem Faulenzen noch nicht.