Die griechische Küche erfreut sich auch bei uns großer Beliebtheit. Das Restaurant „Creta Mezedes Kouzina" in Saarbrücken hat sich auf die Spezialitäten der größten Insel Griechenlands spezialisiert – und auf den Genuss mit Muße.
Stelios Chatzimichail heißt der Mann, der den Saarländern seine Küche näherbringen möchte. „Die Menschen bei uns auf Kreta werden sehr alt", erzählt er. „Im Durchschnitt 87 Jahre. Das hat sehr viel mit unserer Küche zu tun. Wir essen sehr viel Gemüse. Gemüse, das auf der Insel wächst. Das kombinieren wir mit sehr viel Fisch und Meeresfrüchten, auch mit ein wenig Fleisch. Entscheidend ist aber unser Öl. Kreta ist in der ganzen Welt bekannt für sein herausragendes Olivenöl", schwärmt Stelios. Ganz zweifellos liebt er diese Küche, mit der er aufwuchs.
Kreta liegt knapp 100 Kilometer vom griechischen Festland entfernt und ist die größte Insel des Landes. Das Klima ist mild, und die Sonne scheint an etwa 300 Tagen im Jahr. Die Insel produziert Gemüse, Oliven, Obst und Wein, diesen seit ein paar Jahrzehnten auch wieder in hoher Qualität. Stelios Chatzimichail erzählt: „Ich stamme aus einem kleinen Dorf auf Kreta, aus Anogia. Meine Intention ist es, in meinem Restaurant in Saarbrücken alte Rezepte aus meiner Heimat in einem zeitgemäßen Kleid zu kochen. Das ist meine Küche, mit meinen Produkten, auf meine Art interpretiert."
Vor allem möchte er seinen deutschen Gästen zeigen, wie bei ihm zu Hause auf Kreta gegessen wird: keine großen Portionen, sondern wohlüberlegte Zusammenstellungen einmaliger Viktualien. Dort werden lieber drei kleine Teller mit den unterschiedlichsten Spezialitäten bestellt. Entsprechend gibt es dort die Kultur der Mezedes, der griechischen Tapas. Viele unterschiedliche Schalen stehen dann auf einem Tisch. Perfekt ausgewählt und in allerlei Geschmacksrichtungen. In der Addition ist das meist nicht mehr als ein Hauptgang, dafür aber viel abwechslungsreicher und meist gesünder.
Und auch viel geschmackvoller als eine große Portion. Die Kreter mögen es gar nicht, wenn auf einem Teller etwa Leber, Gyros und ein griechischer Salat zusammen präsentiert werden. Für sie ist das viel zu viel durcheinander, und jedes einzelne Gericht büßt an Geschmack ein. Bei ihnen wird alles hintereinander gegessen, mit entsprechender Zeit und Muße. So lieben es die Einheimischen. Hier wird auch deutlich weniger gesalzen als anderswo. Viele Zutaten, etwa Fisch, haben von Hause aus schon genug Salz. Stattdessen benutzen die Kreter Kräuter der Insel, vor allem Oregano und Rosmarin – die Hauptgewürze der Insel.
Geschirr, Stühle und viele Produkte direkt von Kreta
Gegessen wird eher lauwarm statt heiß wie bei uns. „Bei sehr heißen Gerichten geht der Geschmack verloren, und es ist auch nicht gesund", erklärt Stelios den Gedanken dahinter. Auch in der französischen Küche gibt es Zubereitungsarten, die „tiède" serviert werden, also lauwarm. Da sollten wir uns Deutsche vielleicht nochmals Gedanken machen. Essen auf Kreta ist eine Zeremonie, entsprechend sollte man ein bisschen Zeit mitbringen. Ohnehin gehört auch das zu einer gesunden Ernährung.
In seinem Restaurant kocht Stelios Chatzimichail jeden Abend zwei Gerichte, die zeigen, wie vielfältig die Küche Kretas ist. Aber auch als Bonbon für seine Gäste. Die Speisekarte ist in Deutsch und Französisch gehalten, denn die Feinschmecker aus Frankreich wissen durchaus diese Küche zu schätzen und kommen zahlreich hierher. Wir geraten ins Plaudern, und Stelios erzählt von den alten Zeiten auf Kreta. Geld gab es nicht viel, da musste man beim Kochen kreativ sein. Die Großmutter oder die Mutter kochten jeden Tag. Reste, die übrig blieben, wurden natürlich nicht weggeworfen, sondern weiterverarbeitet. Sonntags gab es in der Familie traditionell stest ein ausgiebiges Familienessen. Es gab meistens etwas Fisch oder Fleisch und sämtliche Reste der Woche. Diese wurden in kleinen Schälchen auf den Tisch gestellt, und so konnte jeder essen, was er wollte. So entstand die Mezedes-Kultur. Nach dem Essen trank man einen Raki – der ist gut für die Verdauung.
Das Restaurant in der Saarbrücker Saaruferstraße ist eine Liebeserklärung an seine Heimat. Die herrlichen Fotos an den Wänden hat er selbst gemacht. Sie erinnern ihn jeden Tag an sein Heimatdorf. Sein Geschirr lässt er in Kreta anfertigen, die Stühle sind aus Olivenholz gemacht und stammen von einem Freund aus seiner Heimat. Auch viele seiner Produkte bezieht er direkt von Kreta – vom Käse bis zum Olivenöl. Auch Gemüse von der Insel, das es in Deutschland kaum gibt. Sein Olivenöl macht ein Freund von ihm. Es stammt aus Knossos und ist von bester Qualität. Auch seine Familie produziert Olivenöl. Reinsortig, kaltgespresst, mit keinerlei Säure. Nur wenn es keine Säure habe, sei es ein sehr gutes Olivenöl aus Kreta, betont Stelios Chatzimichail.
Der Hausherr ist auch bemüht, seinen Gästen die junge Generation herausragender Winzer auf Kreta vorzustellen. In seinem Weinregal stehen einige Flaschen exzellenter Weine aus Kreta. Wenn Sie einmal im Haus zu Besuch sein sollten, fragen Sie ihn einfach danach. Die ersten Weine außergewöhnlicher kretischer Winzer entdecke ich bei unserem Besuch gleich: Liakakis, Zacharidoudakis oder Ayrarakis. Wundervolle Tropfen und ein nachhaltiger Genuss. Hier kann man auch die alten Reben der Insel kennenlernen. Auf Kreta sagen sie ja, der Siegeszug des Weins sei von hier ausgegangen – mit Weinen ihrer Rebsorte Vilana. Die Griechen hätten den Wein dann nach Marseille verschifft, und von dort aus sei er nach ganz Europa gekommen.
Für ein kretisches Essen sollte man sich Zeit lassen
Stelios Chatzimichail macht in diesem Restaurant alles. Er hat den Laden eingerichtet, er kocht und bedient. In der Küche hat er drei junge Köche, die mit viel Kreativität seine Vorgaben umsetzen: die beiden Griechen Emilos Hassani und Alexis Ntonis sowie den Italiener Alessio Di Maurizio. Chapeau, was die Jungs da leisten. Alle Gerichte sind mit Sorgfalt und in höchster Qualität zubereitet.
Wir setzen uns an den Tisch, Stelios macht eine gute Flasche Wein auf, Weißwein von Zacharioudakis. Eine große Flasche Olivenöl steht auf dem Tisch. Im Süden Europas lernte ich einst: Man darf an allem sparen, nur nicht am Olivenöl. Das muss weg, so schnell als möglich! Und dann bringt der Hausherr die Schälchen voller Köstlichkeiten: Chtapodi Sto Grill – Oktopus vom Grill – mit Fava-Creme oder marinierte Sardinenfilets mit Olivenöl, Zitronensaft und frischem Dill. Fava-Creme ist ein griechischer Erbsen-Dip mit Zwiebeln. Fava wird aus gelben Platterbsen mit Kapern, Schnittlauch und Röstzwiebeln gemacht. Dazu Griechischer Salat, Zucchinibällchen mit Fetakäse, Zwiebeln, frischer Minze. Auch Moussaka, das ist Aubergine und Hackfleisch gemischt mit Kartoffelscheiben, Béchamelsauce und mit Käse überbacken. Er serviert Sikoti Savore, das ist Kalbsleber „Savor Art" mit Rosmarin in einer Rotwein-Essig-Sauce. Auch Tigania Creta Art – ein in der Pfanne gebratenes Hähnchen mit Zwiebeln, roter Paprika und Oregano in Weißweinsauce. Viele Kleinigkeiten mit ganz viel Geschmack.
Wir lassen uns Zeit, so wie es sich für ein kretisches Essen gehört. Es ist einfach ein Erlebnis, so unterschiedliche Aromen und Geschmacksrichtungen goutieren zu dürfen. Ein Traum. Das Beständige ist hier die Unterschiedlichkeit des Essens. Ich liebe es, auf diese Weise zu essen.