Seit Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel bei Unfällen grundsätzlich zulässig sind, wächst das Marktangebot an Geräten. Allerdings verleiten die kleinen Rekorder für die Windschutzscheibe dennoch zu Verstößen gegen den Datenschutz. Eine Kaufberatung.
Damit hatte die Frau nicht gerechnet: Als sie die Videoaufzeichnungen der Polizei übergab, hoffte sie, ein Beweismittel eingereicht zu haben. Doch statt dabei zu helfen, den Unfallhergang zu ihren Gunsten aufzuklären, bescherten die Mitschnitte ihr ein Bußgeld von 150 Euro. Laut einem Urteil des Amtsgerichts München von 2017 (Az. 1112 OWi 300 Js 121012/17) hatte die Frau gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen.
Dashcams sind ein immer wacher Augenzeuge, der Licht ins Dunkel von Unfallhergängen bringen kann. Doch seine Aussagen können wertlos werden. Das permanente, anlasslose Filmen mit Dashcams ist in Deutschland im Straßenverkehr nicht erlaubt. Denn dabei ist es kaum zu vermeiden, dass personenbezogene Daten wie Gesichter von Menschen oder Kfz-Kennzeichen aufgezeichnet werden – im Zweifel ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen.
Allerdings können Aufnahmen unter bestimmten Voraussetzungen als Beweismittel vor deutschen Zivilgerichten zur Klärung von Verkehrsunfällen zulässig sein, wie der Bundesgerichtshof (BGH) 2018 in einem Grundsatzurteil entschied (Az. VI ZR 233/17). „In der Regel müssen die Aufnahmen anlassbezogen sein und nicht dauerhaft erfolgen", sagt der Rechtsexperte des Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart, Hannes Krämer. Notwendig sei, dass die Geräte Zeitschleifen aufnähmen, mit denen der Kameraspeicher immer wieder überschrieben wird. „Erst bei einem Unfall kann die dauerhafte Speicherung von zum Beispiel 20 Sekunden vor und nach dem Unfall zulässig sein."
Gerichte entscheiden im Einzelfall
Das bedeutet: Zuständige Gerichte entscheiden im Einzelfall über die Verwertbarkeit der Mitschnitte. Dennoch hat das BGH-Urteil zu einer Produktschwemme geführt. Nachdem Garmin bereits 2015 ein Navi mit integrierter Dashcam auf den Markt brachte, tummeln sich mittlerweile viele Hersteller mit ihren Autokameras am Markt, darunter auch deutsche Traditionsmarken wie Rollei, Blaupunkt oder Braun. Geräte für unter 100 Euro werden angeboten, Modelle mit großem Funktionsumfang und High-End-Videotechnik kosten teils über 400 Euro.
In der Regel werden Dashcams an der Windschutzscheibe befestigt und beziehen ihren Strom über den Zigarettenanzünder im Auto notfalls aus einem Akku. Zur Montage gibt es zwei Methoden. Modelle wie die Transcend DrivePro 230Q Data Privacy (online ab rund 85 Euro) oder das Vorjahresmodell NavGear MDV-2770 (beim Importeur Pearl reduziert auf knapp 60 Euro) werden per Saugnapf-Halterung befestigt. Andere, etwa die teureren Garmin-Modelle, mit einer Klebehalterung. Saugnapf-Halterungen gibt es hier für 15 Euro als Zubehör. Praktische Alternative ist eine flexibel zu handhabende Magnethalterung, wie sie die True Cam M5 GPS WiFi bietet (UVP: 169,90 Euro). Selten sind Modelle, die am Rückspiegel fixiert werden. So hat Hersteller Nextbase seine Mirror Dashcam im Portfolio, die an der Rückseite des Spiegels mit Saugnäpfen montiert wird (UVP: 199,99 Euro).
Wichtig ist fester Halt der Kamera
Die kleinen Windschutzscheiben-Kameras, die über ein eigenes Display verfügen, lassen sich anhand des Monitors gut ausrichten, das gilt etwa auch für die Transcend- und größere Garmin-Modelle. Doch mit den bildschirmlosen gibt’s ein Problem: Ihr Bild lässt sich oft nur umständlich über eine App in Position bringen. Per W-Lan oder Bluetooth wird die Kamera dazu mit dem Smartphone gekoppelt, die das Kamerabild zeigt. Diese Funktion bietet etwa Garmins Einstiegsmodell Dash Cam Mini (UVP mit reduzierter Mehrwertsteuer: 126,71 Euro) oder die Blackvue DR900S-2CH (online ab rund 350 Euro), die zudem eine Heckkamera im Lieferumfang hat und dank 4K-Video sehr hochauflösende Bilder liefert.
Um verwertbares Material zu bekommen, genügt den kleinen Autokameras in der Regel aber das Full-HD-Format (1.920 x 1.080 Pixel). Details wie Nummernschilder oder Verkehrszeichen sind immer noch gut erkennbar. Wichtig ist auch die Bildwiederholfrequenz: Gängig sind 30 Bilder je Sekunde (frames per second/fps), besser sind 60 fps. Die Garmin- und Blackvue-Geräte liefern diese hohe Bildfrequenz.
Einen weiten Blick haben alle Dashcams – ideal ist ein Aufnahmewinkel von 130 bis 140 Grad. Wirksames Mittel gegen schnelle Lichtwechsel ist das sogenannte HDR. Geht es auf einer mit Bäumen bestandenen Allee der tief stehenden Wintersonne entgegen oder aus einer Tunnelausfahrt heraus, liefert diese Funktion die kontrastreicheren Bilder, indem sie je Videoframe mehrere Belichtungswerte kombiniert – so Garmins Dash Cam 66W (UVP: 243,69 Euro), das auch sonst viele Funktionen bietet: Neben einem Sichtfeld von 180 Grad Fahrassistenzsysteme wie Kollisionswarnung, Spurhalteassistent und Losfahralarm oder eine Sprachsteuerung und wie die TrueCam einen Blitzerwarner – dessen Benutzung hierzulande allerdings untersagt ist.
Überhaupt muss man aufpassen, dass man nicht gegen die Regeln verstößt. Die Geräte erlauben in der Regel Endlosaufnahmen; sobald man im Auto die Zündung betätigt, beginnen die Winzlinge zu filmen. Manche der Cams beherrschen Zeitraffer. Doch zur Erinnerung: Wer die Cam dauerhaft aufzeichnen lässt, ohne die Aufnahmen wieder überschreiben zu lassen, riskiert ein Bußgeld. Schlimmer kann man es dann nur noch machen, indem man die Videos zusätzlich publiziert oder teilt.
Auch eigenes Verhalten gezeigt
Wer sich als Kunde hier gleich produktseitig absichern möchte, sollte darauf achten, dass die Filmschnipsel nur im Falle eines Unfalls dauerhaft gespeichert werden, wie manche Geräte verfahren. In solchen Fällen beschränkt sich der Funktionsumfang damit auf das Nötigste, aber Wichtigste: die Notfallaufnahme.
Dass Dashcams generell Unfälle und Vollbremsungen erkennen, wird durch einen sogenannten G-Sensor ermöglicht, der ein Auslösemoment registriert und damit die automatische Notfallaufnahme startet. Diese wird oftmals schreibgeschützt auf einer Micro SD-Karte abgelegt, die allerdings nur selten zum Lieferumfang gehört und extra erworben werden muss. Nicht teuer, aber nervig.
Ein anderes Ausstattungsmerkmal ist vor Gericht und bei Rechtstreitigkeiten wichtig: der Videostempel. Sind die Aufnahmen mit Angaben zu Datum, Uhrzeit, Geschwindigkeit und Ort des Geschehens versehen, erleichtert das die Beweisführung. Allerdings: Auch das mögliche eigene Fehlverhalten im Straßenverkehr zeichnen die Geräte vorbehaltlos auf. Dashcams sind eben auch ein neutraler Augenzeuge.