Seefeld ist eine Top-Adresse für Langläufer. Alle Loipen besitzen das Tiroler Gütesiegel. Auch Abfahrt-Fans sind hier bestens aufgehoben. Wer sich nicht auf Ski stellen will, findet dennoch reichlich Möglichkeiten.
Was sind denn das für Übungen", staunen die Seefeld-Neulinge angesichts der Langläufer auf einer breiten Straße mit mehreren Loipen, die durch das weltbekannte Skidorf führt. Anstatt sich mit den Stöcken rechts und links abzustoßen, um gut voranzukommen, tragen diese Wintersportler sie mit ausgebreiteten Armen auf dem Nacken.
„Das sind Gleichgewichtsübungen", sagt ein Kenner, und wie empfehlenswert die sind, zeigt sich bald. Denn für Anfänger oder Sportler, die seit Jahren nur Abfahrt machen, sind die schmalen, kantenlosen Langlaufbretter und auch die lose Ferse gewöhnungsbedürftig. Die ersten hundert Meter in der Loipe oder auf dem Skating-Kurs werden für viele zu einer wackeligen Angelegenheit, während Geübtere problemlos und mit Tempo vorbeieilen. Kann eigentlich so schwierig nicht sein, denkt die langjährige Abfahrtsläuferin, versucht sich zu lockern und beim Gehen auch in die herrlich verschneite Natur zu schauen.
Besser als in Seefeld können Langlaufstrecken kaum sein. Deshalb haben dort die früheren Biathlon-Stars Magdalena Neuner und Laura Dahlmeier trainiert. Beide gewannen nacheinander doppeltes Olympiagold und konnten ihre zahlreichen Weltmeisterschaften ebenfalls vergolden. Jede hörte sehr früh, 25 Jahre jung, mit diesem anspruchsvollem Tun auf. Beide wurden dennoch 2019 als „Legenden des Sports" ausgezeichnet.
Biathlonstars trainierten hier
Solche Ambitionen haben die Anfänger nicht und beginnen mit dem Langlauf-ABC. „Immer etwas nach vorne neigen", empfiehlt der Profi Martin Tauber, vor vier Jahren Mitglied der Österreichischen Nationalmannschaft. Die Fülle und Qualität der Langlaufstrecken spornen an. Gemeinsam bieten Seefeld und die Nachbarorte Leutasch, Mösern/Buchen, Reith und Scharmitz, die sich zur Olympiaregion vernetzt haben, circa 245 perfekt präparierte und gut beschilderte Loipenkilometer für den klassischen Stil und fürs Skating. In den Bewegungen ähnelt letzteres dem Schlittschuhlaufen und begeistert auch junge Leute. Wie manche von ihnen die Hügel hinaufeilen und beim Bergab trotz fehlender Stahlkanten nicht zwischen den Tannen landen, bewundern die Newcomer und üben weiter. Gewisse Erfolge stellen sich ein und sind auch der Loipenpflege zu verdanken. Alle Loipen der Olympiaregion Seefeld besitzen das Tiroler Gütesiegel, und bald geht es recht locker am Seekirchl vorbei. Außerdem müssen fünf Kilometer Loipen schneesicher sein, eventuell durch Beschneiung. An der Hauptloipe muss es WCs, Schließfächer, Infopoints sowie Skiservice und Skiverleih geben. Erforderlich sind auch Kurse für alle Leistungsklassen.
Zum diesjährigen Skisaison-Opening am 20. November kommen bereits einige Teams aus Deutschland, Italien, der Schweiz und anderen Gebieten Österreichs zum Training, freut sich Bernadette Stauder vom Tourismusverband. Die trainieren auch fürs Biathlon und absolvieren die entsprechenden Schießübungen. Warum das nicht auch mal bei entsprechender Betreuung versuchen? Die Jubelschreie der Zuschauer bei Wettkämpfen, wenn ihre Favoriten ins Schwarze treffen, kennen vermutlich alle und das enttäuschte „Oh" beim Nichtgelingen ebenfalls. Die Gruppe schießt zuerst im Liegen, das Gewehr ruht auf einem Gestell. Die 50 Meter entfernte Scheibe wirkt nun winzig. Mal treffen einige ins Schwarze, andere nur auf die Standnummern. Passiert wohl oft, denn die sind schon reichlich durchlöchert. „Nach jedem Schuss die Waffe sichern", mahnen die Betreuer.
Wie schwierig muss es selbst für Spitzensportler sein, nach dem schnellen Laufen oder gar einer Strafrunde mit beschleunigtem Puls die 3,5 Kilo schwere Waffe insbesondere im Stehen ruhig zu halten und zu treffen? Manche aus der Anfänger-Schießgruppe, die sich als Jäger sehen, müssten den Braten wohl beim Metzger kaufen oder sich im „Hotel Krumers Post" ein zartes Rehfilet gönnen.
Tolle Pisten auf den verschiedenen Abfahrtshängen
Statt Schießerei also lieber in die Schneeschuhe schlüpfen und friedlich durch die ruhige, teilweise tief verschneite Landschaft stapfen. Freude kommt auch auf, wenn ein Veranstalter mit seinen Huskys anreist. Solch eine Hundeschlittenfahrt ist ein besonderes Erlebnis, und die temperamentvolle Meute mal selbst wie ein Musher an der Leine zu führen, kann Adrenalinstöße auslösen. Die flinken Huskys fühlen sich in Seefeld offenbar „pudelwohl", sind aber oft eigenwillig und parieren nicht immer sofort auf die Befehle. Wer während der Schlittenfahrt mal kurz aussteigen will, um vielleicht Fotos zu machen, muss die Leine fest in der Hand behalten, sonst sind die Huskys auf und davon. Schließlich ziehen sie jedoch brav die Schlitten mit den Insassen zur rappelvollen „Ropferstub’m".
Nun aber endlich auf die Abfahrtshänge, und da kommt sogleich Jubel auf. Welch eine prima Piste! Breit, bestens gepflegt und mit dem gewissen Etwas, das den Alpin-Skiern Flügel verleiht. „Hier trainierten früher die Stars Lindsey Vonn, Maria Höfl-Riesch und Erik Guay. Heutzutage sind es Alexis Pinturault und das US-Damen-Team", verrät Bernadette Stauder vom Tourismusverband. Es ist jedoch nicht eine der Abfahrten vom 2.064 Meter hohen Seefelder Joch, zu dem nun eine neue Gondelbahn hinauffährt. Gemeint ist der 1.500 Meter messende Gschwandtkopf, aber nicht die leichten Strecken auf der Talseite, wo es vor Skiläufern wimmelt. Der Geheimtipp ist die rote, also mittelschwere Piste hinunter nach Reith, eine Genuss-Variante und fast menschenleer.
Wohlfühlort mit sehr guter Gastronomie
Wer dort den Spuren der Goldmädels folgt, fühlt sich gleich um Klassen besser. Lindsey und Maria bretterten dort in Sekunden runter, die Strecke hat dafür das richtige Gefälle. Dort, von der kleinen Kuppe, hoben sie vermutlich zu einem Sprung ab. Solche Mutproben müssen nicht sein, lieber die Breite der Piste zum Carven nutzen. Fürs Entspannen danach sorgt die Edelhütte auf dem Gschwandtkopf. Der Dorfkern mit der St. Oswald-Kirche, urkundlich 1263 erwähnt, verdient ebenfalls einen genaueren Blick. Mit ihrem hohen spitzen Turm und ihren gut erhaltenen Fresken aus dem 15. Jahrhundert zählt sie zu den schönsten spätgotischen Gotteshäusern Tirols. Insgesamt betrachtet ist Seefeld ein Wohlfühlort mit vielen, auch gastronomischen und kulturellen Möglichkeiten. Eisstockschießen und Schlittschuhlaufen auf dem Eisplatz sind ebenfalls beliebt. Das Dorf gehört zu den „Best of the Alps", was einen gehobenen Standard mitsamt Luxusherbergen bedeutet.
Gut wohnt es sich im All-inclusiv-Vier-Sterne-Hotel Bergland, das sich Langlauf Spezialist nennt. Der Chef, selbst Langläufer, gibt den Gästen Tipps und geht mit ihnen auf die Loipen. Es gibt in Seefeld und der Region aber auch kleine Hotels, Familienpensionen und Appartementhäuser mit familienfreundlichen Preisen.